The Virgin Suicides
© capelight pictures

The Virgin Suicides

Inhalt / Kritik

The Virgin Suicides
„The Virgin Suicides“ // Deutschland-Start: 16. November 2000 (Kino) // 28. Februar 2020 (Blu-ray)

In den 70er Jahren ist Grosse Pointe, Michigan eine jener verschlafenen US-amerikanischen Vorstädte, die nur am Rande etwas von den großen Umwälzungen der Zeit mitbekommt. Doch die USA der Carter Ära spielt im Leben der heranwachsenden Jungen der Nachbarschaft keine Rolle, viel zu sehr sind sie fasziniert von der Schönheit und dem Geheimnis der Lisbon Schwestern, Lux (Kirsten Dunst), Mary (A.J. Cook), Therese (Leslie Hayman), Bonnie (Chelse Swain) und Cecilia (Hanna R. Hall). Beinahe abgeschirmt von der Außenwelt von ihren strenggläubigen und konservativen Eltern (James Woods und Kathleen Turner), werden die Mädchen zu einer Obsession für die Jungen, die gierig sind nach jedem Schnipsel Information, die sie über die Lisbons erhalten. Nach dem Selbstmord Cecilias wächst die Wachsamkeit der Lisbons über ihre Töchter noch weiter, sodass diese außerhalb der Schule und der Kirche kaum noch das Haus verlassen. Jedoch tut dies der Faszination und der Anziehung, die von den Mädchen ausgeht keinen Abbruch, denn vor allem High-School-Casanova Trip Fontaine (Josh Hartnett) hat einen Blick auf Lux geworfen, die ihn aber bislang abblitzen ließ. Er beschließt, Lux und ihre Schwestern auf den Schulball einzuladen, zusammen mit ein paar seiner Freunde, und kann sogar deren Vater für sein Vorhaben einspannen. Doch die Verbindung von Lux und Trip steht unter keinem guten Stern.

Das Geheimnis eines Sommers

Es ist eine Sache, eine Karriere im Medium Film anzufangen, doch im Falle von Sofia Coppola kommt hinzu, dass ein Vergleich mit ihrem Vater Francis Ford Coppola (Der Pate, Apocalypse Now) vor allem Kritikern wohl als Erstes auf den Lippen liegt, wenn sie ihren ersten Film bewerten. Ob man diese Vergleiche tatsächlich herbeizitieren muss, sei die Sache des Zuschauers, aber in The Virgin Suicides spricht eine eigene, individuelle Stimme, die nicht nur respektvoll mit der Romanvorlage aus der Feder Jeffrey Eugenides umzugehen weiß, sondern zudem durch ihre interessante Bildsprache sich bereits in diesem Erstlingswerk dem Hauptthema ihres Werkes, der Faszination mit dem Anderen, auseinandersetzt.

Denen, die The Virgin Suicides schon kennen, darf man gerade zu einer erneuten Sichtung des Filmes raten. Gerade das HD Master, welches die Grundlage der Blu-ray-Veröffentlichung aus dem Hause capelight bildet, bringt die starken Bilder dieses Filmes zur Geltung, jene Mischung aus Nostalgie und Verklärung, die einer Geschichte aus der Jugendzeit bisweilen gemein ist. Streift die Kamera Edward Lachmans zu den Klängen eines Songs der französischen Band Air durch die ruhigen Alleen der Vorstadt bemerkt man das Flimmern der Hitze, das verträumte Plätschern der Gartenschläuche sowie die wenigen Kinder, die auf der Suche nach Abenteuern durch die verschlafene, gepflegt langweilige Welt der Einfamilienhäuser, der Barbecues und der weißen Gartenzäune pilgern. Dies wird nicht zuletzt durch die Klangqualität der neuen Veröffentlichung betont, die gerade diese subtilen Details der Welt, die Coppolas Film ausmacht, hervorhebt.

Jedoch merkt man anhand dieser Details auch schon, das hier etwas nicht stimmt, dass es Risse innerhalb der perfekt polierten Fassade dieser Gemeinde gibt. Das Fällen der Bäume, angekündigt durch alarmierend grelle Bekanntmachungen der Stadtverwaltung, ist nur eine erste Vorahnung, dass es hier Abgründe gibt, die sich in den Häusern abspielen.

Schöne, fremde Kreaturen

Als Heranwachsender, so Eugenides im Making-of zum Film, welches auf der Blu-ray zu finden ist, liebt man mit einer absoluten Hingabe, wie man sie im Erwachsenenalter nicht mehr oder nur noch selten findet. Das Gegenüber wird zum Zentrum der Liebe und der Freude, wenn er oder sie einen, wenn auch nur durch Zufall, ansieht, aber genauso jener romantisch-fatalen Triebe, die in uns schlummern. Durch die Kamera findet eben jene Verklärung des Gegenübers, in dem Falle der Lisbon Schwestern statt, die engelsgleich und eingefangen in Zeitlupe durch die Gänge der High School und die Straßen Grosse Pointes schlendern. Das Fremde und das Geheimnis definieren den Nimbus der Anziehung, die von diesen Mädchen ausgeht, ein Zauber, der sich aber bei allzu großer Nähe auszulösen droht.

Diese bisweilen stark maskuline Perspektive durchbricht Coppolas Film immer wieder, entlarvt das Fassadenhafte dieser Beobachtung, besonders durch die drastischen Selbstmorde, welche erst recht wie ein Schrei in der anfänglichen Idylle dieser Welt wirken. Coppolas Charaktere bleiben so auch für den Zuschauer Chiffren, die man sich anhand weniger Informationen zu erschließen erhofft, doch gerade in der Unerklärbarkeit dieser Figuren steckt das Wahrhaftige eines Films wie The Virgin Suicides, der sich der Welt Heranwachsender mit Respekt nähert und sie nicht, wie die zahlreichen sensationslüsternen Reporter im Film, anhand vorgefertigter Meinungen zu erklären versucht.

Credits

OT: „The Virgin Suicides“
Land: USA
Jahr: 1999
Regie: Sofia Coppola
Drehbuch: Sofia Coppola
Vorlage: Jeffrey Eugenides
Musik: Air
Kamera: Edward Lachman
Besetzung: Kirsten Dunst, Josh Hartnett, Kathleen Turner, James Woods, Michael Paré

Bilder

Trailer

Filmfeste

Cannes 2009
Sundance Film Festival 2010
International Film Festival Rotterdam 2010
Filmfest München 2017
Berlinale 2023

Kaufen

Bei den Amazon-Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.



(Anzeige)

„The Virgin Suicides“ ist ein schöner, aber auch sehr trauriger Film über das Heranwachsen und den Zauber der ersten Liebe. Durch ihr wunderbares Ensemble, ihre subtile Bildsprache sowie die Musik von Air bleibt „The Virgin Suicides“ auch über 20 Jahre nach seinem Erscheinen eines der besten Dramen über Jugendliche, welches durch Veröffentlichungen wie die von capelight eine gelungene Frischzellenkur erfährt.
9
von 10