800 Mal einsam Edgar Reitz
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800 Mal einsam – Ein Tag mit dem Filmemacher Edgar Reitz

Kritik

800 Mal einsam
„800 Mal einsam – Ein Tag mit dem Filmemacher Edgar Reitz“ // Deutschland-Start: 5. März 2020 (Kino)

Dokumentarfilme über bedeutende Künstler sind ja oft so eine Sache. Im Idealfall können sie uns die Menschen hinter den Werken näherbringen, Eigenheiten und Entwicklungen erklären, uns ein bisschen an dem Schaffungsprozess teilhaben lassen. Oft genug verkommen die Filme aber zu reinen Lobreden und einer anbiedernden Heldenverehrung, so fasziniert von dem Subjekt, dass keine Auseinandersetzung mehr stattfindet, der Frager zu einem Statist degradiert wird, dessen einzige Aufgabe noch darin besteht, das Mikrofon halten zu dürfen.

Aus Liebe zum Film
Aber es gibt auch das gegenteilige Extrem, wie 800 Mal einsam – Ein Tag mit dem Filmemacher Edgar Reitz vor Augen führt. Der Film nähert sich dem Regisseur Edgar Reitz an, lässt ihn zu einer Reihe von Themen zu Wort kommen, die mal aus dem biografischen Umfeld stammen können, mal künstlerischer Natur sind oder sich auch der Gesellschaft als solchen annähern. Das Oberhausener Manifest von 1962, in dem eine Gruppe von Jungfilmern ein neues deutsches Kino einforderte, steht beispielsweise prominenter im Mittelpunkt. Anna Hepp begnügt sich aber nicht damit, das Gespräch nur wiederzugeben. Sie will es aktiv mitgestalten, bringt sich selbst immer wieder ein, kommentiert, lässt eigene Gedanken einfließen.

Das irritiert zuweilen mal, provoziert die Frage, ob sich jemand da nicht zu wichtig nimmt und die Situation ein bisschen missbraucht. Auch die diversen experimentellen Elemente, wenn beispielsweise Filmszenen als Endlosloops laufen oder anderweitige Verfremdungen stattfinden, bringen inhaltlich relativ wenig. Sie sind irgendwie ganz interessant anzuschauen, letztendlich aber eher stimmungsvolle Kuriosität als lohnenswerter Beitrag. 800 Mal einsam – Ein Tag mit dem Filmemacher Edgar Reitz will selbst zu offensichtlich Kunst sein, versteift sich während dieser Bemühungen jedoch.

Schwierige Anfänge
Spannender, wenn auch deutlich konventioneller, sind die Sequenzen, wenn Reitz sich einfach an früher erinnert, an seine Anfänge als Filmemacher, die seine Familie argwöhnisch zur Kenntnis nahm, denn in Deutschland – so führt er aus – ist die Verfolgung einer künstlerischen Laufbahn anders als im Ausland nicht mit Bewunderung verbunden. Hier wird gearbeitet und gefälligst etwas Sinnvolles gemacht! Als sein aufwendig produziertes Der Schneider von Ulm zum finanziellen Desaster wurde, drohte die Karriere des Filmemachers endgültig abzustürzen.

Doch da war eben auch Heimat, eine über mehrere Filme angelegte Reihe, die sich mit eben diesem Thema der Heimat auseinandersetzte und zu den bekanntesten Werken von Reitz zählt. Das Filmgeschichtliche trifft hier auf das Persönliche, wenn der Regisseur von früheren Enttäuschungen erzählt oder ahnungslosen Fernsehredakteuren, die sich in seine Arbeit einmischen. 800 Mal einsam – Ein Tag mit dem Filmemacher Edgar Reitz wird in diesen Momenten zu einem interessanten Rückblick, der viel über die Umstände der Filme erzählt und dabei auch nicht zurückhält mit Beobachtungen und Kommentaren.

Credits

OT: „800 Mal einsam – Ein Tag mit dem Filmemacher Edgar Reitz“
Land: Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Anna Hepp
Kamera: Oliver Freuwörth, Elí Roland Sachs, Christian Scholz

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In „800 Mal einsam – Ein Tag mit dem Filmemacher Edgar Reitz“ blickt der Regisseur zurück, erzählt von seiner Arbeit, aber auch den Umständen, wie diese Arbeiten entstanden sind. Das ist streckenweise spannend, irritiert aber durch wenig zielführende Experimente und eine mangelnde Zurückhaltung.