Es läuft nicht gut im Leben von Javier (Javier Gutiérrez). Seit einer Weile schon ist er ohne Job, ein neuer ist einfach nicht in Aussicht. Und nun wird auch noch das Geld knapp, weswegen er sich von allem trennen soll, was ihm wichtig ist, das Auto, andere Besitztümer. Vor allem aber der Verlust seiner Wohnung setzt ihm schwer zu. Während er es in seinem neuen Heim mit seiner Frau Marga (Ruth Díaz) kaum noch aushält, kehrt er immer wieder zu seinem alten Zuhause zurück und beobachtet die neuen Mieter Tomás (Mario Casas) und Lara (Bruna Cusí). Doch das allein reicht ihm nicht. Erst sucht er unter einem Vorwand die Nähe zu Tomás, bevor er sich an seinen eigentlichen Plan macht: Er will sein altes Leben zurück, koste es, was es wolle …
Neid ist eine ganz hässliche Eigenschaft, die nicht ohne Grund zu den sieben Todsünden gezählt wird. Das Gefühl, dass andere etwas haben, das man selbst will, von dem man vielleicht sogar denkt, dass es einem selbst zusteht, das kann sogar den nettesten Menschen zerstören. Kann ihn innerlich auffressen, Perspektiven verzerren, das eigene Leben unerträglich machen – und das der anderen natürlich auch. Von einem solchen Beispiel erzählt Dein Zuhause gehört mir. Der spanische Netflix-Film beginnt als Porträt eines Mannes, dessen Leben ins Wanken gerät, und der darauf einige sehr unschöne Charaktereigenschaften entwickelt.
Ein armer Schurke
Dabei lassen sich die Brüder Àlex und David Pastor (The Last Days, Self/less – Der Fremde in mir), die hier gemeinsam Regie führten und das Drehbuch schrieben, recht viel Zeit damit, den Protagonisten einzuführen, bevor sie die Geschichte eskalieren lassen. Es ist nicht einmal so, dass Javier von Anfang an als Bösewicht porträtiert wird. Man bringt ihm sogar ein bisschen Mitleid entgegen, wenn der einst so erfolgreiche Werbefachmann von anderen in seiner Branche gedemütigt wird. Der große Sympathieträger mag er nicht sein, vor allem sein Umgang mit der Familie lässt zu wünschen übrig. Dennoch ist er schäbig, wie er einfach aussortiert wird, kein Platz mehr ist zwischen den jüngeren Menschen.
Dein Zuhause gehört mir ist damit ein Film, der durchaus etwas über die Gesellschaft zu sagen hat. Die Pastor-Brüder sprechen über Altersdiskriminierung und einen Ellbogen-Kapitalismus, in dem der einzelne nichts mehr zählt. Sie sprechen aber auch über das derzeitige Trendthema der toxischen Maskulinität. Wenn Javier seine Wohnung und sein Auto aufgeben muss, dann ist das ein direkter Angriff auf seine Männlichkeit, sein Selbstverständnis als Macher. Das zeigt sich auch in dem Verhältnis zu seinem Sohn, den er nach seinen Vorstellungen formen will. Ein weicher, moppeliger Niemand? Das kann Javier nicht zulassen! Er wird damit gleich doppelt zum Opfer: von den sich verändernden Umständen wie auch den Erwartungen, die man an Mann hat.
Überraschungsarme Spannung
Doch was als Drama beginnt und auch leicht als solches hätte enden können, verwandelt sich mit der Zeit in einen Thriller – nicht überraschend, ist das spanische Kreativduo doch fest im Genrekino verwurzelt. Was folgt, ist jedoch leider ebenso wenig überraschend, Dein Zuhause gehört mir erzählt eine ganz klassische Stalkinggeschichte. Da gibt es Ausflüchte und Lügen, heimliche Machenschaften, während der Protagonist, der gleichzeitig Antagonist ist, sich immer tiefer ins Leben der anderen hineinfrisst. Wie ein Parasit. Javier Gutiérrez ist dafür die Idealbesetzung, geht mit der nötigen Mischung aus Unscheinbarkeit und Rücksichtslosigkeit an die Sache. Und in El Autor hat er schon einmal bewiesen, dass er gut darin ist, das Leben anderer zu kapern.
Das ist ganz atmosphärisch, zeitweise auch spannend, da man natürlich schon wissen will, wie weit Javier am Ende gehen wird. Wird er seinen moralischen Verfall stoppen können? Kommen ihm die anderen rechtzeitig auf die Schliche? Das erhoffte Thriller-Highlight ist Dein Zuhause gehört mir jedoch nicht geworden, da inhaltlich einfach mehr drin gewesen wäre. Manche potenzielle Nebenstränge werden schnell wieder abgewürgt, die meisten Figuren, darunter Javiers Familie, spielen keine Rolle. Aber auch das besagt Fehlen von Überraschungen, verbunden mit einigen wenig glaubwürdigen Zwischenfällen, tragen dazu bei, dass das hier übers solide Mittelmaß nicht hinauskommt. Zum Zeitvertreib reicht es, mehr sollte man nicht erwarten.
OT: „Hogar“
IT: „The Occupant“
Land: Spanien
Jahr: 2020
Regie: Àlex Pastor, David Pastor
Drehbuch: Àlex Pastor, David Pastor
Musik: Lucas Vidal
Kamera: Pau Castejón
Besetzung: Javier Gutiérrez, Mario Casas, Bruna Cusí, Ruth Díaz
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