Feel Good Netflix
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Feel Good – Staffel 1

Kritik

Feel Good Netflix
„Feel Good – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 19. März 2020 (Netflix)

Mae (Mae Martin) hat ihr altes Leben in Kanada hinter sich gelassen, nun soll es endlich mit dem Neustart klappen! Doch der Anfang ist schwer, mit ihren Auftritten als Stand-up-Comedian kommt sie auf keinen grünen Zweig. Dafür lernt sie aber eines Abends dabei George (Charlotte Ritchie) kennen. Es funkt sofort zwischen den beiden, schnell werden sie ein Paar. Aber das junge Glück hat diverse Hindernisse zu bewältigen. So war George bislang noch nie mit einer Frau zusammen und tut sich schwer damit, sich vor ihren Freunden und der Familie zu outen. Mae wiederum hat eine lange Drogensucht hinter sich und muss sehr aufpassen, nicht wieder in Versuchung zu kommen …

Die besten Geschichten schreibt doch immer noch das Leben. Dieser Ansicht scheint zumindest Mae Martin zu sein. Die aus Kanada stammende Komikerin, die für sich selbst das non-binäre sie (Plural) verwendet, hat die eigenen Lebenserfahrungen schon des Öfteren in ihren Bühnenprogrammen umgesetzt. Nun folgt mit Feel Good eine ganze Netflix-Serie, die offensichtlich autobiografisch gefärbt ist, wenn eine Komikerin mit Drogenvergangenheit einen Neustart versucht, dabei regelmäßig mit inneren Dämonen zu kämpfen hat, manchmal auch mit den äußeren Umständen. Der Punkt mit dem non-binären Geschlecht spielt in der Geschichte zwar keine Rolle, wird nur an einer Stelle tatsächlich mal thematisiert. Ansonsten dürfte vieles hier aber aus dem eigenen Leben gegriffen sein.

Selbsttherapie in der Öffentlichkeit
Eine solche Verarbeitung eigener Erfahrungen kann schnell problematisch werden, wenn die notwendige Distanz fehlt, vielleicht auch das Gefühl, was für Außenstehende relevant und interessant sein könnte. Dass Mae die Hauptfigur auch noch nach sich selbst benannt hat, lässt endgültig die Befürchtung entstehen, dass sich hier jemand ziemlich ernst nehmen könnte. Ernst ist Feel Good sicherlich, spricht eine Reihe weniger erbaulicher Themen an. Die Serie verbindet dies jedoch mit Humor, der gerne auch mal ins Selbstironische gehen darf. Nur weil es einem selbst schlecht geht, müssen andere schließlich nicht aufs Lachen verzichten.

Tatsächlich lustig ist Feel Good aber nur manchmal. Die anfänglichen Auftritte sind grauenvoll, auch später lässt sich der Applaus bei einem Seelenstriptease auf der Bühne nur mit einer damit verbundenen Gage erklären. Besser sieht es mit den bewusst skurril gehaltenen Nebenfiguren aus, beispielsweise die von Lisa Kudrow verkörperte Mutter Maes. Auch Sophie Thompson bringt als neurotische Drogen-Leidensgenossin ein bisschen Schieflage in das sorgfältig aufgebaute Kartenhaus. Dass dieses irgendwann krachend zusammenbricht, das versteht sich von selbst. Von Anfang an machen Martin und Co-Serienschöpfer Joe Hampson klar, dass das Glück der jungen Menschen auf keinem sehr soliden Fundament steht.

Wie alle, nur anders
Die großen Überraschungen oder unvorhersehbaren Wendungen sollte man von Feel Good daher besser nicht erwarten. Auch wenn das LGBT-Szenario sowie das rund um Stand-up Comedy ungewöhnlicher sind, die eigentliche Liebesgeschichte folgt dabei den bekannten Bahnen. Aber das muss ja nichts Verkehrtes sein, zeigen Martin und Hampson auf diese Weise doch auf, dass Beziehungen doch alle mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, egal welches Geschlecht denn da nun gerade welches liebt. Einige Probleme sind hausgemacht, mangelnde Kommunikation und ein zu geringes Vertrauen. Bemerkenswert ist hingegen, wie tolerant das Umfeld ist. Größere Anfeindungen oder Diskriminierung kommen hier gar nicht vor. Die Angst von George vor einem Coming-out ist letztendlich erst mal ihr eigenes Kopfprodukt.

Das mag man als beschönigend empfinden. Andererseits ist es sympathisch, wie hier quasi über Umwege Mut gemacht werden soll, zu sich selbst zu stehen, und dabei eigene Schwächen gnadenlos aufgezeigt. Die extreme emotionale Abhängigkeit von Mae als Folge ihrer Drogensucht, das mangelnde Einfühlungsvermögen von George, das darf schon mal ein bisschen hässlicher werden. Aber das ist eben auch eine Stärke von Feel Good: Selbst wenn der Wohlfühlfaktor, anders als es der Titel impliziert, eher gering ist, geht einem die Serie doch nahe. Hier dürfen junge Menschen noch richtig an sich und der Situation scheitern, auf eine authentisch anmutende Weise kaputt sein. Und wie heißt es so schön: Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung.

Credits

OT: „Feel Good“
Land: UK
Jahr: 2020
Regie: Ally Pankiw
Drehbuch: Joe Hampson, Mae Martin
Idee: Joe Hampson, Mae Martin
Musik: Charles Watson, Robert Jones
Kamera: Will Hanke
Besetzung: Mae Martin, Charlotte Ritchie, Lisa Kudrow, Sophie Thompson, Phil Burgers, Tom Andrews, Ritu Arya

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In „Feel Good“ versucht eine Stand-up Comedian in der Fremde ein neues Leben aufzubauen, stolpert dabei jedoch über alte Probleme. Die LGBT-Serie ist dabei nicht so komisch, wie sie es gerne wäre, geizt zudem mit Wohlfühlfaktor. Dafür erzählt sie authentisch aus dem Leben eines jungen Paares, das viele eigene Hindernisse überwinden muss, bevor es das Glück finden kann.
7
von 10