Guilty Bystander

Guilty Bystander

Kritik

Guilty Bystander
„Guilty Bystander“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Nachdem er bei seinen Vorgesetzten in Ungnade gefallen ist und im Zentrum vieler negativer Berichte in den Medien war, ist Max Thursday (Zachary Scott) nur noch ein Schatten seiner selbst. Zwar hat der Ex-Cop eine Beschäftigung als Detektiv, aber aufgrund seines miserablen Rufes hat schon lange niemand mehr seine Dienste in Anspruch genommen, sodass er seine Tage in der billigen Absteige seiner Bekannten Smitty (Mary Boland) verbringt, meist schon am Nachmittag in betrunkenem Zustand. Jedoch wird Max’ Routine unterbrochen, als ihn seine Ex-Frau Georgia (Faye Emerson) um Hilfe bittet, ihren gemeinsamen Sohn und ihren Bruder Fred zu finden, der Opfer einer Entführung wurde. Auch wenn er immer kurz davor ist, der Versuchung nachzugeben, versucht Thursday nüchtern zu bleiben bei seinen Ermittlungen, die ihn nach einem Besuch zuletzt auch noch ins Fadenkreuz der Polizei rücken, da er Hauptverdächtiger in einem Mordfall wird. Immer tiefer dringt Thursday vor in die kriminelle Unterwelt und deckt einen Ring von Schmugglern auf, die ihn und seine Ermittlungen schon lange lästig finden und ihn erledigen wollen.

Die Welt der Schwachen
Basierend auf dem Roman Wade Millers ist Guilty Bystander eine der wenigen Regiearbeiten von Joseph Lerners, dessen filmisches Schaffen größtenteils in Vergessenheit geraten ist. Damit dies zumindest im Falle von Guilty Bystander vielleicht bald der Vergangenheit angehört, wurde der Streifen kürzlich von Nicolas Winding Refns Streaming-Plattform ByNWR aufgegriffen und liebevoll restauriert. Man mag zwar monieren, dass Lerners Film nicht unbedingt den Größen des Film Noir das Wasser reichen kann, aber nichtsdestotrotz ist Lerner ein dunkler Film über den Verlust der Unschuld und die Schwachen der Gesellschaft gelungen, der durchaus eine Entdeckung wert ist.

Augenscheinlich, vor allem auf ästhetischer Ebene, passt Guilty Bystander in das Schema des Film Noir. Die starken Kontraste, die Charaktere sowie die Verwischung der Grenzen zwischen gut und böse vervollständigen das Bild einer kaputten Welt, deren Zustand sich vor allem in ihrer starren und simplen Hierarchie zeigt, in der die Schwachen immer verlieren und die Starken um ihren Anteil am sprichwörtlichen Kuchen wetteifern. Charaktere wie Thursday haben keine dramatische Fallhöhe, sind sie doch schon am Boden angekommen, verbringen ihre Tage (oder wohl eher Nächte) in stinkenden, dreckigen Spelunken und Zimmern. Hatte jemand wie Humphrey Bogarts Sam Spade noch eine gewisse Eleganz und Abgebrühtheit, ist bei Zachary Scotts Max Thursday nichts mehr davon übrig, er ist gebrochen, alkoholabhängig und ganz gewiss kein Held.

Der Verlust der Unschuld
Faszinierend an dieser Welt ist, dass in ihr die Unschuld noch immer das höchste Gut ist. Alleine Thursdays Mission, seine Suche nach seinem gekidnappten Kind, betont diesen interessanten Aspekt von Don Ettlingers Skript. Diese wäscht, hat das Potenzial zu heilen und lässt Thursday sogar seine Alkoholsucht (zumindest für eine Weile vergessen). So hat Guilty Bystander gewiss auch einen moralischen Charakter, wobei der starke Kontrast der Unschuld zu der Welt, in der sich Thursday bewegt, alleine schon viel faszinierender ist.

Darüber hinaus hat der Film einige starke Sequenzen zu bieten, die eben jene erwähnten Themen betonen oder gar erweitern. Als Höhepunkt zu nennen ist hier die Verfolgungsjagd in der U-Bahn, die alleine schon wegen ihrer Kameraführung und des Schnitts wegen sehenswert ist.

Credits

OT: „Guilty Bystander“
Land: USA
Jahr: 1950
Regie: Joseph Lerner
Drehbuch: Don Ettlinger
Vorlage: Wade Miller
Kamera: Russell Harlan, Gerald Hirschfeld
Musik: Dimitri Tiomkin
Besetzung: Zachary Scott, Faye Emerson, Mary Boland, Sam Levene, J. Edward Bromberg

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„Guilty Bystander“ ist ein Film über den Wert der Unschuld in einer verkommenen Welt. Dank des überzeugenden Ensembles und einiger guter Sequenzen ist der Film Joseph Lerners eine echte (Wieder-)Entdeckung für Filmfans, vor allem jene, die hard-boiled Detektivgeschichten mögen.
6
von 10