Carsten Spanger (Justus von Dohnányi) hat es als Architekt zu Ruhm und Reichtum gebracht. Umso größer ist der Schock, als er eine unbekannte Frau entführt und bei sich gefangen hält. Was könnte ihn nur dazu veranlasst haben? Und handelt es sich dabei wirklich nur um einen spontanen Einzelfall? Psychiaterin Dr. Karla Eckhardt (Julia Koschitz) soll eben diese Fragen beantworten und damit auch, ob der Täter schuldfähig ist oder lieber in eine psychiatrische Anstalt gehört. Bei ihren Ermittlungen und Befragungen ahnt sie bald, dass der höfliche, freundliche Mann noch eine ganz andere Seite hat, die er geschickt zu verbergen weiß …
Eines muss man Im Schatten der Angst lassen: Der Einstieg ist ungewöhnlich. Dass Filme gerne mal mit Zeitsprüngen arbeiten, beispielsweise ein Ende vorziehen, um dann zum Anfang zurückzukehren, das kommt immer wieder vor. Vom Anfang zum Ende zu springen, danach wieder zurück zum Anfang, das ist aber mal originell. Es ist auch geschickt. Zum einen zeigt es uns so von der ersten Minute an, was von Spanger zu halten ist: Er ist ein kultivierter Psychopath, durchaus gefährlich also. Indem wir auch wissen, worum es bei den anschließenden Gesprächen gehen wird – die Bestimmung der Schuldfrage – steigert das die Neugierde auf das Ergebnis.
Zwei Figuren, viel Spannung
Zumindest anfangs ist die Spannung auch durchaus hoch. Im Schatten der Angst lässt die beiden in kleinen Räumen allein, in denen außer ihnen nichts und niemand ist. Ein klassisches Kammerspiel eben. Viel Handlung gibt es dabei nicht, stattdessen aber eine Art Psychoduell, wenn Eckhardt alles dran setzt, ihn zu knacken, dieser sie wiederum in die Irre führen will. Das ist sehr solide gespielt, die Gespräche zwischen Julia Koschitz (Wie gut ist deine Beziehung?) und Justus von Dohnányi (Lassie – Eine abenteuerliche Reise) gehören zu den überzeugenden Szenen des TV-Krimis. Dass Spanger schuldig ist, daran gibt es hier keinen Zweifel. Die Frage lautet also, im Gegensatz zum Genrestandard, nicht „wer war es?“, sondern „warum hat er das getan?“.
Die Auflösung lässt hingegen, soviel Geduld muss dann schon sein, auf sich warten. Leider ist die Wartezeit das Ergebnis aber nicht wirklich wert. Natürlich muss man bei Motivationen, die im Zusammenhang mit einer offensichtlichen psychischen Störung stehen, immer irgendwo Abstriche machen. Bei Im Schatten der Angst wird das aber schon irgendwie trashig. Zumal das Ganze auch noch mit ein bisschen Küchenpsychologie angereichert werden soll, die vor beiden nicht Halt macht. Zwei Traumata zum Preis von einem sozusagen, damit da auch ja eine Verbindung entsteht.
Licht und Schatten
Auch sonst ist inhaltlich bei dem Thriller so manches fragwürdig. Da werden reihenweise Klischees bedient, sowohl im Hinblick auf die Handlung wie auch auf die Figuren. Es ergibt auch nicht alles so schrecklich viel Sinn, ist zuweilen übel übertrieben. Ein paar interessantere Punkte gibt es aber schon. Dass Eckhardt beispielsweise viel von Menschen versteht, so heißt es zumindest, dabei selbst zwischenmenschlich aber wenig auf die Reihe bekommt, ist ein doch irgendwie netter Kontrast. Außerdem tut es irgendwie gut, dass der ihr zugewiesene Praktikant Niklas Teubert (Aaron Friesz) nicht am Anfang alles falsch machen muss, wie es Drehbücher meistens vorschreiben, sondern tatsächlich am Arbeitsplatz eine Berechtigung hat.
Insgesamt gleichen sich auf diese Weise die diversen Stärken und Schwächen aus, in der Summe trifft man sich im Mittelfeld. Das reicht aus, um sich den Abend zu vertreiben, vor allem, wenn man ohnehin nicht viel über das nachdenkt, was hier geschieht, die Logik einfach mal solange wegsperren kann. Auf wen das zutrifft, für den kann das hier spannend und kurzweilig sein. Der darf gerade zum Ende, wenn das Tempo anzieht, ein bisschen mitfiebern. Eine Alternative zum üblichen TV-Krimi ist Im Schatten der Angst sowieso.
OT: „Im Schatten der Angst“
Land: Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Till Endemann
Drehbuch: Rebekka Reuber, Marie-Therese Thill
Musik: Oliver Thiede
Kamera: Lars Liebold
Besetzung: Julia Koschitz, Justus von Dohnányi, Aaron Friesz, Marie-Christine Friedrich, Andreas Patton
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