Überleben! Alive
© Paramount Pictures

Überleben!

Kritik

Überleben! Alive
„Überleben!“ // Deutschland-Start: 13. Mai 1993 // 7. März 2002 (DVD)

Die Stimmung ist gut, als die Spieler eines College-Rugby-Teams an Bord des Flugzeugs gehen. Man albert herum, wirft sich ein paar Sachen an den Kopf. Warum auch nicht? Die Aussicht, nach Chile zu fliegen und dort ein Match zu bestreiten, das ist etwas, worauf man sich freuen kann. Zu dem Zeitpunkt ahnt aber auch niemand, dass sie nie den Zielflughafen erreichen werden: Erst gerät die Maschine in Turbulenzen, nur um dann an einem Berg zu zerschellen und in zwei Teile zu zerbrechen. Einige Passagiere sterben noch während des Unglücks. Doch auch für den Rest, darunter Nando Parrado (Ethan Hawke), Roberto Canessa (Josh Hamilton) und Antonio Balbi (Vincent Spano), sieht es nicht gut aus: Sie sind mitten in den Anden verunglückt, weit entfernt von jeglicher Hilfe oder menschlicher Zivilisation. Während hastig die Verletzten versorgt werden, greift die Angst um sich. Was tun, wenn sie hier niemand findet? Zumal die Vorräte nicht lange reichen werden …

Auch wenn Flugzeuge als sichere Verkehrsmittel zählen, bei denen sehr viel weniger geschieht als etwa beim Auto, kommt es doch mal zu einem Unfall, kann das schnell tödliche Folgen haben. Überleben! schildert, basierend auf einer wahren Geschichte aus dem Jahr 1972, wie eine Reihe von Passagieren auf geradezu wundersame Weise nicht sofort ums Leben kamen, als das Flugzeug mit einem Berg kollidierte. Doch für Euphorie ist hier kein Platz. Nicht allein, dass einige andere zuvor gestorben sind, andere so stark verletzt, dass die weiteren Chancen überschaubar sind. Mitten im Nirgendwo aufzukommen, ohne Ausrüstung, ohne Vorräte, dafür bei eisigen Temperaturen, das macht nicht viel Hoffnung.

Ein skandalöser Tabubruch
Dass die Geschichte am Ende gut ausgehen wird, zumindest für einige, das steht dabei von Anfang an fest, wenn die Erzählungen eines Überlebenden die Rahmenhandlung bilden. Zudem ist der Absturz nicht gerade unbekannt. Er ist vielmehr berüchtigt, da die Leute auf verzweifelte Maßnahmen zurückgreifen mussten, die einem selbst in den eigenen mollig warmen vier Wänden einen Schauer über den Rücken jagen. Maßnahmen, die so grauenerregend sind, dass auch der Film seinerzeit umstritten war, stellte er doch eine Art Tabubruch da. Wobei Regisseur Frank Marshall versucht, möglichst taktvoll vorzugehen und vorher aufzuzeigen, dass es keine Alternativen gab, die Wahl nur zwischen Tod und Leben lauten konnte.

Überleben! beschränkt sich dabei nicht allein auf diesen skandalträchtigen Wendepunkt, sondern will den Überlebenskampf als solchen zeigen. Das beinhaltet die üblichen kleinen Machtkämpfe innerhalb der Gruppe, wenn irgendjemand den Haufen anleiten muss, Mut machen muss. Es bedeutet Diskussionen, welcher Weg einzuschlagen ist, die Suche nach Lösungen. Glücklicherweise stellen sich die Figuren hier ausnahmsweise mal intelligent an, im Gegensatz zu anderen Katastrophenfilmen oder auch Vertretern des Horrorgenres hat man hier tatsächlich das Gefühl, es mit rationalen Wesen zu tun zu haben – selbst wenn sie sich unter Druck nicht immer rational verhalten.

Viel Zeit, wenig Zeit
Schwierig ist dabei natürlich, den einzelnen Figuren gerecht zu werden. Schließlich gibt es zumindest am Anfang mehrere Dutzend. Und selbst wenn sich das Feld mit der Zeit etwas lichtet, von einigen wenigen Charakteren abgesehen bleibt einfach nicht der Raum, um aus den Gestalten tatsächliche Persönlichkeiten zu machen. Was ebenfalls nur mäßig funktioniert: die zeitliche Dimension. Mehrere Wochen harrte die kleine Gruppe dort oben aus, was in Überleben! aber kaum spürbar wird. Darüber gesprochen wird natürlich schon, wie die Zeit verstreicht. Davon überträgt sich aber nur wenig auf die Bilder, was einerseits der zwangsläufig geringen Abwechslung der Geschichte geschuldet ist – in der Einsamkeit ist nun einmal nicht viel zu tun. Aber auch die einzelnen Überlebenskämpfer machen optisch keine nennenswerte Veränderung durch.

Fürs Auge wird dafür anderweitig genug geboten. Während die einleitende Sequenz rund um den Absturz ein Kind ihrer Zeit ist, in den inzwischen 27 Jahren hat sich tricktechnisch doch einiges getan, sind gerade die Aufnahmen der Eislandschaft gelungen. Der Film gewinnt sogar durch den Kontrast zwischen den schönen Bildern und dem gnadenlosen Kampf einen Reiz. Da auch die darstellerischen Leistungen zwischen solide und gut schwanken und die Spannungskurve auf einem gehobenen Niveau bleibt, ist Überleben! noch immer einen Blick für Fans von Katastrophenfans wert, zumal das hier aufgrund der fehlenden Computeroverkills eine leicht nostalgische Note hat.

Credits

OT: „Alive“
Land: USA
Jahr: 1993
Regie: Frank Marshall
Drehbuch: John Patrick Shanley
Vorlage: Piers Paul Read
Musik: James Newton Howard
Kamera: Peter James
Besetzung: Ethan Hawke, Josh Hamilton, Vincent Spano, Bruce Ramsay, John Haymes Newton, Illeana Douglas, Danny Nucci

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Ein Flugzeug stürzt mitten in den Anden ab, die Überlebenden müssen ohne nennenswerte Ausrüstung oder Nahrung auskommen. „Überleben!“ war vor allem wegen einer umstrittenen Verzweiflungstat in den Schlagzeilen, funktioniert aber auch als herkömmlicher Katastrophenfilm, selbst wenn einiges eher auf Distanz bleibt.
6
von 10