Cyntoia Brown Netflix
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Cyntoia Brown: Die Geschichte einer begnadigten Mörderin

Kritik

Cyntoia Brown Netflix
„Cyntoia Brown: Die Geschichte einer begnadigten Mörderin“ // Deutschland-Start: 29. April 2020 (Netflix)

Und die nächste True Crime Doku, die Netflix auf den Markt wirft, um den offensichtlich ungebrochenen Bedarf an realen Verbrechen zu bedienen. In Cyntoia Brown: Die Geschichte einer begnadigten Mörderin dreht sich alles um die besagte Cyntoia, die aus schwierigen Verhältnissen stammte, schon früh in die Prostitution abrutschte und eines Nachts einen Freier von sich erschoss. War es Notwehr, wie die damals 16-Jährige behauptete? Oder doch kaltblütiger Mord, so die Aussage der Staatsanwaltschaft? Schließlich hatte sie ihn im Anschluss auch noch ausgeraubt. Das Urteil folgte der Anklage. Mehr noch: Obwohl sie damals minderjährig war, wurde sie nach Erwachsenenrecht verurteilt, wonach sie frühestens nach 51 Jahren vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen werden kann.

Ein neuer Justizskandal?
Zuletzt hatte Netflix mehrere Titel veröffentlicht, die sich weniger mit der Schuldfrage befassten, also untersuchen, wer ein Verbrechen begangen hat, sondern sich stärker mit dem Justizsystem als solchem auseinandersetzte. Anleitung für einen Drogenskandal enthüllte skandalöse Vorgänge in Drogenlaboren, die eigentlich zur Aufklärung von Verbrechen beitragen sollten. Innocence Project – Gerechtigkeit für Justitia befasste sich mit Fällen, in denen die Justiz versagt hatte, sowie von einer Organisation, die sich für unschuldig Inhaftierte einsetzte. Beide Serien ließen einem die Haare zu Berg stehen, wenn von systematischen Mängeln in der US-Rechtsprechung die Rede ist.

Zumindest teilweise versucht auch Cyntoia Brown: Die Geschichte einer begnadigten Mörderin, das System als solchen an den Pranger zu stellen. Genauer ist es die besonders harte Bestrafung von Jugendlichen im Bundesstaat Tennessee, die hier hinterfragt wird. Wenn diese Jugendliche dann auch noch eine dunklere Hautfarbe hat, ist der erste Reflex, hier zudem Rassismus zu unterstellen, der vielen zum Verhängnis wird. Ganz so einfach ist der Fall dann aber doch nicht: Die Position des Getöteten legen nahe, dass er im Schlaf erschossen wurde, zudem gibt es Aussagen von Brown selbst, die ihrer Darstellung von Notwehr widersprechen. War die 16-Jährige also doch bloß eine kaltblütige Mörderin, die aus reiner Habgier ein Leben vorzeitig beendete? Der Fall bleibt heikel und widersprüchlich.

Manipulativ und ungeniert
Und so verfolgt Regisseur Daniel H. Birman, der Cyntoia Brown schon einige Jahre zuvor in einer Dokumentation porträtiert hatte, einen anderen Weg. Er lässt Menschen aus dem Umfeld der Angeklagten zu Wort kommen. Die erzählen ein bisschen von Cyntoia, ansonsten aber auch viel aus dem eigenen Leben, von Gewalt und Missbrauch. Die Absicht ist offensichtlich: Diese Nebenschauplätze, die eigentlich gar nichts mit der Geschichte zu tun haben, sollen eine allgemeine Stimmung erzeugen, dass Frauen zu Opfern werden. Zu diesem Zweck schreckt man bei dem Film auch nicht vor höchst manipulativer Musik zurück, zum Ende gibt es Pathos, der auf groteske Weise dick aufgetragen ist. Journalistische Neutralität sollte man von Cyntoia Brown: Die Geschichte einer begnadigten Mörderin daher nicht erwarten, stattdessen gibt es ungenierte und plumpe Beeinflussung.

Deutlich interessanter als die Frage, ob Cyntoia nun Opfer oder Täter war, ist die, was der Aufenthalt im Gefängnis bedeutete. 15 Jahre verbrachte sie darin, bevor sie begnadigt wurde, ging als Jugendliche hinein, kam als Frau wieder heraus. Die Zeit hat sie gut genutzt, machte mehrere Abschlüsse, fing mit dem Schreiben an, wurde erwachsen – Faktoren, die neben dem öffentlichen Druck dazu beigetragen haben dürften, dass sie vorzeitig wieder raus kam. Auch das stellt einiges Frage, wenn in den USA Gefängnis oft in erster Linie als Bestrafung angesehen wird, nicht als Möglichkeit, Insassen zu besseren Menschen zu machen. Für diesen Aspekt und als Langzeitporträt ist Cyntoia Brown: Die Geschichte einer begnadigten Mörderin sehenswert, auch wenn ein unangenehmer Nachgeschmack bleibt.

Credits

OT: „Murder to Mercy: The Cyntoia Brown Story“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Daniel H. Birman

Bilder

Trailer

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„Cyntoia Brown: Die Geschichte einer begnadigten Mörderin“ beleuchtet das Leben einer US-Amerikanerin, die mit 16 ins Gefängnis kam und dafür mindestens 51 Jahre hätte bekommen sollen. Teilweise ist der Dokumentarfilm aufgrund seiner manipulativen Tendenzen selbst fragwürdig, trägt aber doch zumindest zu der Diskussion bei, was gerecht und angemessen sein kann sowie welche Aufgabe eine Haftstrafe wirklich hat.