Q (Pedro Alonso) hat es geschafft: Seine Krimis verkaufen sich sehr gut, der ehemalige Journalist hat als Autor eine treue Fangemeinde, die nach jedem seiner Worte lechzt. Dabei ahnt niemand, dass die Geschichten, die er schreibt, sehr viel realer sind, keine reinen Ausgeburten seiner Fantasie. Denn insgeheim hat Q selbst Gefallen an diesen Verbrechen gefunden und verarbeitet in seinen Romanen immer wieder persönliche Erfahrungen. Sein neuester Coup ist die Entführung des ehemaligen Politikers Ferrán Carreteo (José Ángel Egido), von dem er sich jede Menge Inspirationen für sein Werk erhofft. Doch dann kommt alles etwas anders …
Zuletzt hat Netflix Thriller aus Spanien wieder ein großes Publikum gefunden, sei es mit der kontroversen Sozial-Allegorie Der Schacht oder auch dem abgründigen Stalker in Dein Zuhause gehört mir. Das weckt dann natürlich die Neugierde, wenn kurze Zeit später ein weiterer Genre-Titel aus dem südeuropäischen Land zu uns kommt. Wobei Das Schweigen des Sumpfes mit den Kollegen nur bedingt vergleichbar ist. Denn während bei denen die Geschichte jeweils vergleichsweise linear war, wenn auch zum Teil mit vielen Rätseln verbunden, da wird bei dem neuesten Import gar nicht ganz klar, wovon er nun genau handeln will.
Die mörderische Wahrheit
Der Ersteindruck ist dabei stark. Zu Beginn lernen wir den Protagonisten als Autor kennen, der gerade eines seiner Bücher signiert. Diese Szene wird mit einer anderen kombiniert, die Q in Aktion zeigen, während er sich gerade Inspiration für den Roman besorgt. Das ist ausgesprochen effektiv und weckt Erinnerungen an einen anderen spanischen Netflix-Geheimtipp: In El Autor verarbeitete ein talentloser Möchtegernschriftsteller das Leben seines Umfelds zu Geschichten und begann irgendwann, dieses gezielt zu manipulieren, um besseren Stoff zu bekommen. Wo der Kollege jedoch langsam anfing und sich zunehmend steigerte, da geht Das Schweigen des Sumpfes gleich in die Vollen.
Das ist sehr stimmungsvoll, weckt aber leider falsche Erwartungen. Anstatt in diesem Maße auch weiterzumachen, teilt sich der Film in verschiedene Handlungsstränge. Neben Q und seinen Bemühungen rund um die Entführung geht es in Das Schweigen des Sumpfes auch um die Reaktionen auf diese Entführung und ein weitreichendes kriminelles Netz. Der im Titel angesprochene Sumpf bezieht sich also weniger auf die Hauptfigur als vielmehr einen ganzen Bereich der Gesellschaft, der sich um Recht und Ordnung nicht schert, mit Drogen handelt, ausgesprochen korrupt ist und auch nicht vor Gewalt zurückschreckt.
Ein undurchsichtiger Sumpf
Das Ergebnis ist jedoch etwas zwiespältig. Auf der einen Seite ist der Film durchaus atmosphärisch, gerade auch weil es in Spanien kaum einen aufrechten Menschen mehr zu geben scheint, der als Gegenpol dienen könnte. Und auch die Bilder unterstützen die düstere Atmosphäre sehr gut, gerade die Aufnahmen des Sumpfes schaut man sich immer wieder gerne an. Auf der anderen Seite verschwimmen die diversen Stränge miteinander, ohne dass daraus je etwas Konkretes würde und die einzelnen Elemente wirklich ineinandergreifen. Der Aspekt der Fiktionalisierung wird verschenkt, es bleiben zum Schluss auch diverse offene Fragen. 90 Minuten war für die Adaption von Juanjo Braulios Roman dann wohl doch zu wenig.
Die höheren Erwartungen kann Das Schweigen des Sumpfes deshalb nicht wirklich erfüllen, am Ende ist der spanische Thriller etwas unbefriedigend. Wer aber durch die Kollegen auf den Geschmack gekommen ist und Nachschub braucht, solide ist das hier schon. Hauptdarsteller Pedro Alonso wird zudem einigen sicher auch durch seine Rolle als Berlín im Überraschungshit Haus des Geldes ein Begriff sein, gefällt hier als finsterer Protagonist, an den wir als Publikum gebunden sind, ob wir nun wollen oder nicht. Schade, dass er zu oft an den Rand gedrängt wird, wenn sich der Film wieder auf diversen Nebenschauplätzen herumtreibt, die zwar zur Atmosphäre beitragen, jedoch nicht immer zur Geschichte.
OT: „El silencio del pantano“
IT: „The Silence of the Marsh“
Land: Spanien
Jahr: 2019
Regie: Marc Vigil
Drehbuch: Carlos de Pando, Sara Antuña
Vorlage: Juanjo Braulio
Musik: Zeltia Montes
Kamera: Isaac Vila
Besetzung: Pedro Alonso, Nacho Fresneda, Carmina Barrios, José Ángel Egido, Àlex Monner, Raúl Prieto
https://www.youtube.com/watch?v=q3nLPb3yzqA
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