Der Hobbit Eine unerwartete Reise An unexpected Journey
© Warner Bros.

Der Hobbit: Eine unerwartete Reise

Kritik

Herr der Ringe Hobbit
„Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ // Deutschland-Start: 13. Dezember 2012 (Kino) // 3. November 2016 (DVD, Blu-ray – Collection)

Bilbo Beutlin (Martin Freeman) liebt sein gemütliches Zuhause, seinen Sessel, die Bücher und das gute Essen. Was er jedoch gar nicht schätzt: Überraschungen. Und von denen gibt es eine ganze Menge, als eines Abends eine Horde von Zwergen bei ihm einfällt und seine ganze Vorratskammer leerfuttert. Aber was wollen diese ungehobelten Fresssäcke von ihm? Erst durch das Auftauchen von dem Zauberer Gandalf (Ian McKellan) kommt etwas Licht ins Dunkle: Unter der Leitung des Kriegers Thorin Eichenschild (Richard Armitage) wollen die Zwerge Erebor zurückerobern, ihre alte Heimat, die ihnen von dem Drachen Smaug geraubt wurde. Und ausgerechnet Bilbo soll ihnen dabei helfen. Der winkt zunächst dankend ab, bis doch die Abenteuerlust in ihm aufflackert und er sich auf die gefährliche Reise begibt …

Ein schwieriger Anfang
Wenn Filme erfolgreich sind, dann liegt immer die Versuchung nahe, doch noch irgendwie eine Fortsetzung zu drehen. Und die Mittelerde-Trilogie war sogar sehr erfolgreich: Die 2001 mit Der Herr der Ringe: Die Gefährten gestartete Reihe spielte weltweit mehr als drei Milliarden Dollar ein. Nun konnte man zu der Geschichte schlecht einen Nachfolger machen, das hätten die Erben des Autors J. R. R. Tolkien gar nicht zugelassen. Also nahm man sich des Buchs Der kleine Hobbit an, welches 1937 erschienen war und eine Art Vorgänger der Ring-Bücher war. Pläne für eine Verfilmung gab es ohnehin schon lange, tatsächlich noch bevor Der Herr der Ringe gedreht wurde. Doch immer wieder wurden diese Pläne verschoben, es kam zu neuen Problemen, 2010 stieg auch Guillermo del Toro aus dem Projekt aus, der eigentlich hätte Regie führen sollen. An seiner Stelle übernahm wieder Peter Jackson, der schon die erste Trilogie inszeniert hat.

Das steigerte natürlich die Hoffnung darauf, dass das von Krisen und Streitigkeiten geplagte Projekt doch noch ein gutes Ende nehmen würde. Doch schon der Auftakt Der Hobbit: Eine unerwartete Reise machte deutlich, dass man sich von der zweiten Trilogie besser kein Der Herr der Ringe 2.0 erwarten sollte. Dabei ist das Problem gar nicht mal unbedingt, dass das neue Abenteuer zu unterschiedlich ist und deswegen die Fans nicht zufriedenstellt. Vielmehr scheitert der Film zum Teil gerade deshalb, weil er sich zu sehr an die erste Trilogie anlehnt. Es fehlt oft eine eigene Note, die Querbezüge sind schrecklich konstruiert, das Ergebnis ist ein Mischmasch der unterschiedlichsten Elemente.

Unnötige Zugaben
Unglücklich sind beispielsweise die wiederkehrenden Figuren. Dass man dem Publikum ein paar bekannte Gesichter bieten möchte, ist natürlich nachvollziehbar, abgesehen von Gandalf besteht die Heldentruppe aus völlig neuen Charakteren. Da schadet ein bisschen was Vertrautes am Wegesrand nicht unbedingt. Wenn das auf eine derart erzwungene Weise wie hier geschieht und Auftritte in die Geschichte geschrieben werden, die es im Original nicht gab, dann fällt das aber schnell auf – selbst Nichtkennern der Vorlage. Hinzu kommt, dass seit Die Rückkehr des Königs neun Jahre vergangen waren, die nicht spurlos an den Darstellern und Darstellerinnen vorübergegangen waren. Eine jüngere Version von sich selbst zu spielen, dabei aber älter auszusehen, das wird schnell lächerlich.

Dem Film schadet zudem, dass er so offensichtlich gestreckt wurde. Ein 400 Seiten umfassendes Buch auf drei Filme aufzuteilen, die jeweils auch noch knapp drei Stunden lang sind – da sagt einem bereits der gesunde Menschenverstand, dass das nicht gut geht. Und so fällt Der Hobbit: Eine unerwartete Reise dadurch auf, dass erstaunlich wenig geschieht. Bis die im Titel angekündigte Reise beginnt, sind beispielsweise bereits 40 Minuten vergangen. Später versucht man den mangelnden Inhalt durch mehr Action auszugleichen. Doch diese Stellen sind nicht nur oft etwas langweilig, sie leiden auch unter der Optik. Anders als bei Der Herr der Ringe, wo vieles noch in Handarbeit errichtet wurde, stammt beim Prequel ein Großteil aus dem Computer. Und das sieht man. Von Anfang an ist der Look ausgesprochen künstlich, Szenen wie der Kampf gegen die Trolle sahen 2012 schon nicht besonders gut aus, sind heute fast schon eine Zumutung.

Unterwegs mit kleinen Nobodys
Eine weitere Schwierigkeit: Die Zwerge sind völlig frei von irgendwelchen Charaktereigenschaften. Zwar wurde einiges an Mühe in das Aussehen investiert, weshalb sich die meisten optisch durchaus unterscheiden. Man weiß aber auch nach knapp drei Stunden nicht, wer die 13 Figuren nun sein sollen. Am ehesten sticht noch Thorin Eichenschild hervor, der immerhin eine tragische Vorgeschichte hat. Tatsächlich spannend ist der Charakter aber nicht, die Aufgabe von Richard Armitage besteht hauptsächlich darin, grimmig zu schauen. Interessanter ist da schon der Auftritt von Sylvester McCoy, der den wirren Natur-Magier Radagast spielt. Auch die Figur wurde im Vergleich zum Buch aufgebläht, ist aber wenigstens lustig.

Ganz ohne Qualitäten ist der Film nicht. So darf man hier beispielsweise wieder mehr Fantasy-Kreaturen sehen als beim Finale von Der Herr der Ringe, auch das Abenteuergefühl ist stärker ausgeprägt, da die Figuren eine tatsächliche Reise hinter sich bringen müssen. Und der Einstieg rund um die Begegnung zwischen Hobbit und Zwergen ist zwar teilweise etwas albern geworden, auch weil Martin Freeman (Sherlock) sein komisches Talent ausspielen kann. Doch das ist dem unbeschwerten Ton des zugrundeliegenden Kinderbuches näher und verhilft dem Film zu etwas Persönlichkeit, bevor er zu einer schlechten Kopie des epischen Nachfolgers wird. Das ist dann zwar alles keine Katastrophe, wohl aber eine Enttäuschung, die einen träumen lässt, was Guillermo del Toro daraus gemacht hätte. Schließlich hatte der ebenfalls fantasyaffine Regisseur von Pans Labyrinth seine Interpretation stärker als Märchen geplant.

Credits

OT: „The Hobbit: An Unexpected Journey“
Land: Neuseeland, USA
Jahr: 2012
Regie: Peter Jackson
Drehbuch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Peter Jackson, Guillermo del Toro
Vorlage: J. R. R. Tolkien
Musik: Howard Shore
Kamera: Andrew Lesnie
Besetzung: Martin Freeman, Ian McKellen, Richard Armitage, Ken Stott, Graham McTavish, Aidan Turner, Hugo Weaving, Sylvester McCoy

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 2013 Beste Spezialeffekte Joe Letteri, Eric Saindon, David Clayton, R. Christopher White Nominierung
Bestes Make-up und Haare Peter Swords King, Rick Findlater, Tami Lane Nominierung
Bestes Szenenbild Dan Hennah, Ra Vincent, Simon Bright Nominierung
Wissenschafts- und Technikpreis Simon Clutterbuck, James Jacobs, Dr. Richard Dorling Sieg
BAFTA Awards 2013 Beste Spezialeffekte Nominierung
Bestes Make-up und Haare Nominierung
Bester Ton Nominierung

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Lange in der Mache gewesen, stellt sich „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ als Enttäuschung heraus. Die Bilder sind zu künstlich, der Ton uneinheitlich, die Figuren nichtssagend, zudem ist der Film aufgrund der offensichtlichen Streckungen langatmig. Nur teilweise zeigt die Verfilmung des legendären Kinderbuches ihre Qualitäten, etwa in Hinblick auf das grundsätzliche Abenteuergefühl.
6
von 10