Die Getriebenen
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Die Getriebenen

Kritik

Die Getriebenen
„Die Getriebenen“ // Deutschland-Start: 15. April 2020 (TV)

Im Juli 2015 gibt es in der europäischen Politik mehrere problematische Aspekte und Brennpunkte. Neben der Währungskrise der Europäischen Union, den Konflikt in der Ukraine sowie die Verhandlungen mit Großbritannien über den Austritt aus der EU sind es nicht zuletzt auch Konflikte innerhalb der eigenen Regierungskoalition, die Angela Merkel (Imogen Kogge) von einem Termin zum nächsten treiben. Doch während die Währungskrise ihrem Ende entgegensieht, bahnt sich eine noch viel größere Herausforderung an den Grenzen Europas an, denn ein erheblicher Flüchtlingsstrom hat sich auf den Weg nach Europa gemacht, ausgelöst durch den immer noch währenden Krieg in Syrien. Während die Situation immer brenzliger wird und zu Konflikten Merkels unter anderem mit dem bayrischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (Josef Bierbichler) führt, steigt vor allem der Druck auf Innenminister Thomas de Maizière (Wolfgang Pregler), unter dessen Bereich auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fällt, ein dauernder Pol der Unruhe, der für viel Unmut sorgt. In dieser Phase versucht Merkel zu vermitteln, sich für eine gemeinsame, europäische Lösung auszusprechen, während die CSU sich für einen eher kritischen Kurs in der Flüchtlingsfrage ausspricht und Merkels politische Gegner wie Sigmar Gabriel (Timo Dierkes) in der zunehmenden Krise eine Gelegenheit zur eigenen Profilierung sehen.

Gleichzeitigkeit
Basierend auf dem gleichnamigen Sachbuchbestseller Robin Alexanders will Stephan Wagners Film genau wieder dieser ein Bild nicht nur von jener historischen Situation im Jahre 2015 liefern, sondern zudem eines der modernen Politik und wie sie handelt. Als Film erinnert Die Getriebenen an jene Fernsehspiele, wie man sie bisweilen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sieht, die bedeutenden historisch-politische Entscheidungsprozesse behandeln, wobei er gerade durch die Dimensionen seiner Handlungen, die verschiedenen Akteure und Orte immer wieder eigene Wege geht. Hinzu kommt, dass Wagners Film der Authentizität halber sowie zur Betonung der Dramatik bisweilen auf Archivmaterial wie Nachrichtensendungen aus der Zeit zurückgreift.

Über seine knappe zwei Stunden Laufzeit entwickelt Die Getriebenen eine gewisse Sogwirkung, eine Dramaturgie der Gleichzeitigkeit. An einigen Stellen wird der Bildschirm in mehrere Einheiten geteilt, welche die Verbundenheit der verschiedenen Entscheidungen sowie ihrer Träger betonen, die auf ein oder mehrere Ereignisse reagieren müssen. Die Blackbox der politischen Entscheidungsfindungen wird dargestellt als Endergebnis dieser Faktoren, auf die sich ein Bildausschnitt bezieht, wobei immer auch eine Bandbreite anders gelagerter Aspekte eine Rolle spielen, beispielsweise das Taktieren gegen einen politischen Gegner.

Der tragische Held
Wenn Angela Merkel bei ihrem Besuch der Bayreuther Festspiele gezeigt wird, kommt man nicht umhin, die Stellung der Akteure des Films als Abwandlung der tragischen Helden, wie sie die Bühne zeigt, zu betrachten. Gerade das Konzept des „Unschuldig schuldig“-Seins trifft in so mancher Hinsicht auf die Aktionen und Entscheidungen zu, ist bei der schieren Summe an lang- sowie kurzfristigen Faktoren ein gutes Handeln beinahe unmöglich. Dies wirft nicht nur Fragen über die Rolle des Faktors Zeit im politischen Handeln auf, sondern verweist auf ein modernes, sehr globales Dilemma heutiger Politik hin, welches auch auf moderne Krisen wie die Corona-Pandemie verweist.

In Akteuren wie Angela Merkel oder Horst Seehofer, wie sie im Film gezeigt werden, verhandelt Wagner auf die Dualität der privaten Person und des politischen Entscheidungsträgers. Gerade Imogen Kogges Darstellung Angela Merkels erinnert in der Helen Mirrens als Elizabeth II. in Stephen Frears’ Die Queen bleibt eine Vermischung des Privaten mit dem Öffentlichen sowie dem Beruflichen nicht aus.

Credits

OT: „Die Getriebenen“
Land: Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Stephan Wagner
Drehbuch: Florian Oeller
Vorlage: Robin Alexander
Musik: Irmin Schmidt
Kamera: Thomas Benesch
Besetzung: Imogen Kogge, Josef Bierbichler, Wolfgang Pregler, Tristan Seith, Walter Sittler, Rüdiger Vogler, Timo Dierkes

Bilder

Trailer

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„Die Getriebenen“ ist ein informatives, spannendes Fernsehspiel über die Flüchtlingskrise 2015. Durch das insgesamt starke Ensemble sowie gelungener inszenatorischer Ideen gelingt Stephan Wagner und seinem Team ein Film, der weit über den zeitlichen Kontext, der hier gezeigt wird, hinausgeht und damit auf das Zustandekommen heutiger politischer Entscheidungen verweist.
8
von 10