Erde und Blut La terre et le sang Earth and Blood, Netflix
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Erde und Blut

Kritik

Erde und Blut La terre et le sang Earth and Blood, Netflix
„Erde und Blut“ // Deutschland-Start: 17. April 2020 (Netflix)

Eigentlich war das Sägewerk für Saïd (Sami Bouajila) immer sein ein und alles, unter keinen Umständen wollte er sich davon trennen. Doch das Geld ist knapp, weshalb er sich entschlossen hat, das Werk doch noch zu verkaufen, um so seiner taubstummen Tochter Sarah (Sofia Lesaffre) ein besseres Leben ermöglichen zu können. Noch bevor es so weit ist, droht jedoch anderer Ärger. Yanis (Samy Seghir), einer seiner Angestellten, hat für seinen Bruder eine größere Menge Kokain auf dem Gelände versteckt. Kokain, das eigentlich einer Verbrecherbande gehört, angeführt von Adama (Eriq Ebouaney). Als der erfährt, was mit seiner wertvollen Beute geschehen ist, machen er und seine Männer sich auf, um die Drogen wieder in ihrem Besitz zu bekommen – koste es, was es wolle …

Es gehört zu den beliebtesten Set-ups des Triller-Genres: Die Protagonisten und Protagonistinnen sind an einem Ort gefangen, während die Gegner versuchen, von außen hereinzukommen – oft mit dem Ziel, die da drinnen zu töten. Das dürfen dann gern etwas einsamer gelegene Häuser sein, siehe etwa Funny Games oder You’re Next. Denn man fühlt sich erst dann dem Bösen wirklich ausgeliefert, wenn drumherum niemand ist, der dir zur Hilfe eilen könnte. Der sogenannte Home-Invasion-Thriller lebt maßgeblich von dem Gefühl, dass du ganz alleine gegen einen übermächtigen Feind antrittst, gegen den du eigentlich keine wirkliche Chance hast.

Hilflos gegen gefährliche Gangster
Das ist beim französisch-belgischen Netflix-Vertreter Erde und Blut prinzipiell ganz ähnlich. Hier ist es zwar kein Wohnhaus, sondern ein Sägewerk. Doch das ist ebenfalls abgelegen. Zudem sind die meisten Angestellten schon weg, weshalb das Trio irgendwie allein mit der Horde an bis an die Zähne bewaffneten Gangster klarkommen muss. Genauer hat Saïd diese Rolle, denn die beiden anderen stellen keine besonders große Hilfe dar. Yanis ist schon unter normalen Umständen kaum zu gebrauchen, Sarah ein zerbrechliches Mädchen, das zudem taubstumm ist. Das schränkt die Optionen noch weiter ein.

Warum Julien Leclercq (Im Auge des Wolfes), der hier Regie führte und gemeinsam mit Jeremie Guez (Rebellinnen – Leg’ dich nicht mit ihnen an!) die Geschichte entwickelte, Sarah diese Bürde auferlegt hat, ist nicht ganz klar. So richtig oft genutzt wird die Einschränkung inhaltlich nicht, obwohl es zahlreiche Möglichkeiten gegeben hätte – etwa beim Thema Hilfe holen. Aber die Figuren liegen den beiden ohnehin weniger am Herzen, mit einer Ausnahme: Saïd zeichnet sich noch durch seine Aufopferungsbereitschaft aus sowie seinen Willen, anderen zu helfen. Erde und Blut nimmt sich anfangs auch einiges an Zeit, um den Helden wider Willen und seine Situation vorzustellen, bevor es denn ans Eingemachte geht. Die restlichen Personen haben hingegen nur eine Funktion, selbst wenn die lediglich darin besteht, Kanonenfutter sein zu dürfen. Auch Dialoge sollte man nicht erwarten, hier haben Waffen das Wort.

Lasst Waffen sprechen!
Hat die Geschichte erst einmal Fahrt aufgenommen und haben die Gangster die Bühne betreten – was nach etwa der Hälfte des Films der Fall ist –, dürfen sich Freunde düsterer Stoffe freuen. So richtig viel Spannung tritt bei Erde und Blut zwar nicht auf, da dem Action-Teil größere Priorität eingeräumt wurde als der Belagerung. Es läuft dann doch eher darauf hinaus, wen der knallharte Saïd als nächstes aus dem Weg räumt. Die Szenen sehen dafür gut aus und sind auch überraschend brutal. Hier werden nicht im Schnellverfahren die Gegner einfach umgemäht. Stattdessen werden Schmerzen zelebriert, ohne dabei jedoch zu einem billigen Torture-Porn-Horror werden.

Das würde sich auch mit den eher edlen Aufnahmen der waldigen Einsamkeit beißen. Die Netflix-Produktion ist einer dieser Filme, bei denen jegliches Licht oder auch Farben aus den Bildern entfernt wurden. Selbst wenn die Geschichte fast ausschließlich im Wald spielt, der Farbe Grün begegnen wir nicht, stattdessen liegt über allem ein Grauschleier, der zeitweise ins Schwarze geht. Natürlich sieht das nicht unbedingt aus, hier wie auch bei der Musik war es wichtiger, dem Publikum keine Zweideutigkeiten zu überlassen und stattdessen lieber klar zu sagen: Achtung, wie sind ganz düster! Da die Kameraarbeit ansonsten aber einiges fürs Auge bereithält, der Schauplatz schön weitläufig und unübersichtlich ist und ständig irgendwas beim ungleichen Duell passiert, die Laufzeit zudem angenehm kurz ist, kann man durchaus mal hier in der fernen Natur vorbeischauen.

Credits

OT: „La terre et le sang“
IT: „Earth and Blood“
Land: Frankreich, Belgien
Jahr: 2020
Regie: Julien Leclercq
Drehbuch: Jeremie Guez, Julien Leclercq
Musik: Jean-Jacques Hertz, François Roy
Kamera: Brecht Goyvaerts
Besetzung: Sami Bouajila, Eriq Ebouaney, Samy Seghir, Sofia Lesaffre

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In „Erde und Blut“ wird ein abgelegenes Sägewerk zum Schauplatz eines Duells zwischen brutalen Gangstern und einem einsamen Familienvater. Viel Geschichte hat das nicht, ebenso wenig Figuren. Doch die schicken grauen Aufnahmen und die brutalen Kämpfe lenken vom Inhalt ab.
6
von 10