Im Volksmund definieren sich Bibliotheken als Räume öffentlichen Lebens und der Bildung. Diese Beschreibung, wie wir sie beispielsweise durch Institutionen wie der Schule erfahren, erschöpft sich darin, dass wir sie als eine Art Bücher- oder Medienlager betrachten, einen notwendigen Ort der Recherche und bisweilen gar als eine Institution, die im Rahmen der Digitalisierung zunehmend redundant zu werden droht. Gerade in Zeiten, in denen über die Schließung von Bibliotheken nachgedacht wird oder diese zu einer Tatsache wird, erschließt sich uns deren Bedeutung nicht nur im Sinne der eingangs genannten Definition, sondern auch welche Bedeutung die Bibliothek im Kontext unseres Lebens hat, welche Begegnungen sie ermöglicht und inwiefern sie nicht gar ein Raum der Demokratie ist.
Dieses Konzept der Bibliothek dient dem 2017 entstandenen Dokumentarfilm des US-Regisseurs Frederick Wiseman als Ausgangspunkt. Innerhalb der über drei Stunden Laufzeit befasst sich der Film mit der New York Public Library sowie ihrer 92 Zweigstellen, die sich über die gesamte Stadt und ihre Bezirke verteilen. Im Rahmen eines Interviews zur Biennale 2017 erklärt Wiseman, dass sich ihm und seinem Team die Bibliothek von heute als „Ideal der Inklusion, Demokratie und Meinungsfreiheit“ präsentierte, welcher eine facettenreiche Bandbreite an Programmen von Möglichkeiten abdeckt, die ihm vor dem Projekt nicht bewusst war. So wechselt die Kamera zwischen Lesungen mit Autoren zu Schulprogrammen für Schüler und zu Programmen zur Vorstellung von Berufsbildern. Auch einige Vorstandssitzungen oder Auszüge aus diesen finden ihren Eingang in die Dokumentation.
Bibliothek heute
Zunächst einmal sollte man als Zuschauer sich keinesfalls vom Titel des Films oder der Inhaltsbeschreibung täuschen lassen. Mit Ex Libris – Die Public Library von New York legt Wiseman keinesfalls einen Image- oder Werbefilm für die New York Library vor, auch wenn sich der Eindruck bisweilen ergibt. Ähnlich seinen Filmen über andere Institutionen des öffentlichen Lebens geht es Wiseman um deren Struktur, deren Funktionsweise, deren Abläufe und ihre Bedeutung innerhalb eines sozialen Kontexts. Schlussendlich sind die Bilder Chinatowns oder der Bronx nicht bloß Lokalkolorit, sondern eine Verbindung zu der Struktur der Bibliothek oder deren Zweigstelle, die sich ihrer Umgebung angepasst hat und ihre Aufgabe im Dienst der Öffentlichkeit zu stehen sehr ernst nimmt. Die Bilder von Förderprogrammen für Schüler, Betreuungsangeboten oder der Einblicke in verschiedene Berufsbilder ergeben ein Gesamtbild eben jenes Teils von New York City, in dem sich Wisemans Film befindet, einen Einblick in die Menschen, deren Bedürfnisse und Hoffnungen.
Darüber hinaus ergibt sich das Bild der Bibliothek als Ort des Dialogs und der Demokratie. Immer wieder fängt John Daveys Kamera das Publikum einer Lesung oder eines Hörsaals ein, zeigt, welche Menschen an den PC-Arbeitsplätzen sitzen und was sie machen. Ausgehend von der Idee des Films betont Wiseman, auf welch unterschiedliche Art und Weise Vielfalt, Gleichheit und der demokratische Dialog innerhalb der Bibliothek eine Rolle spielen.
OT: „Ex Libris – The New York Public Library“
Land: USA
Jahr: 2017
Regie: Frederick Wiseman
Drehbuch: Frederick Wiseman
Kamera: John Davey
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Gotham Awards | 2017 | Bester Dokumentarfilm | Nominierung |
Venedig 2017
Toronto International Film Festival 2017
Zurich Film Festival 2017
Filmfest Hamburg 2017
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