Tales from the Loop Amazon Prime Video
© Amazon Studios

Tales from the Loop – Staffel 1

Kritik

Tales from the Loop Amazon Prime Video
„Tales from the Loop – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 3. April 2020 (Amazon Prime Video)

Tales from the Loop ist sicherlich eine der ungewöhnlichsten Serien der letzten Zeit. Und eine Serie, mit der viele nichts werden anfangen können – auch weil sie unglücklich beworben wurde. Vergleiche zu Stranger Things und Black Mirror wurden im Vorfeld gezogen. Wie bei der ersten Serien gibt es hier Jugendliche in einer Kleinstadt, die seltsame Erfahrungen machen. Wie Black Mirror handelt es sich um eine Anthologie-Serie zwischen Mystery und Science-Fiction. Und doch hinken diese Vergleiche, da vieles von dem, was bei den Kollegen ein integraler Teil des Selbstverständnisses ist, hier zu einer Beiläufigkeit wird, zu einer Art Kulisse.

Die Grundlage für die Exklusivproduktion von Amazon bildet ein illustrierter Roman des schwedischen Künstlers Simon Stålenhag, der sich auf futuristische Bilder spezialisiert hat. Solche Elemente gibt es hier dann auch einige. Eine der Figuren hat einen künstlichen Arm, es stehen riesige Roboter herum. Und dann wäre da auch noch das titelgebende Loop, eine Art wissenschaftliches Labor, das Auswirkungen auf das Leben in der Kleinstadt hat. Diese Auswirkungen können durchaus ungewöhnlich sein. In einer Folge tauschen zwei Jungs beispielsweise ihre Körper miteinander, in einer anderen wird die Zeit angehalten. Auch der Sprung in eine Art Paralleluniversum ist möglich.

Mensch statt Maschine
Anstatt sich aber mit diesen Mechanismen auseinanderzusetzen, konzentriert sich Tales from the Loop auf die einzelnen Figuren. Tatsächlich versucht die Serie nicht einmal, die sonderbaren Vorkommnisse wirklich zu erklären. Die Geheimnisse, die in der Serie auftauchen, sind nur selten dazu da, auch gelüftet zu werden. Wer das von einer Geschichte einfordert, der sollte das hier erst gar nicht versuchen. Das von Nathaniel Halpern entworfene Werk schert sich nicht um diese Erwartungen oder auch solche, die das Genre mit sich bringt. So ist die Handlung meistens überschaubar, in der Kleinstadt geschieht nicht sehr viel – und gleichzeitig irgendwie doch.

Die Atmosphäre ist von Anfang nicht nur mysteriös, sondern auch ausgesprochen melancholisch. Tales from the Loop wird bevölkert von Menschen, die alte Wunden mit sich herumtragen oder unerfüllte Sehnsüchte, die einsam sind oder mit Erwartungen zu kämpfen haben, denen sie nicht gerecht werden können. Manche der Folgen regen daher auch zum Nachdenken oder wenigstens träumen an. Was, wenn ich wirklich die Zeit anhalten könnte? Wenn ich meinen Körper und mein Leben hinter mir lassen könnte? Wie würde ich mich verhalten? Die Serie funktioniert trotz dieser Einschübe jedoch besser als Porträt, weniger als universelles Puzzle oder existenzielle Fragestellung.

Das Ziel hinter der Wendung … oder auch nicht
Dabei hat die Serie durchaus einiges zum Leben zu sagen, wenn auch über Umwege. Ungewöhnlich ist, dass die Geschichten von Tales from the Loop alle unabhängig sind und für sich funktionieren, wie in einer „echten“ Anthologie. Gleichzeitig sind sie aber miteinander verbunden, da sie in derselben Stadt spielen und sich die einzelnen Figuren immer wieder über den Weg laufen. Wer in einer Episode zum Beispiel im Hintergrund stand, kann in der nächsten zur Hauptfigur werden. Erklärungsbedürftige Elemente wie der besagte Riesenroboter oder der mechanische Arm werden erst deutlich später aufgegriffen. Auf diese Weise schafft es Halpern, der die Drehbücher geschrieben hat, ein stimmiges Gesamtbild zu erschaffen, gibt im Zusammenspiel den einzelnen Episoden mehr Tiefe.

Die Qualität der Geschichten schwankt dabei schon ein wenig, manche Einfälle sind spannender als andere. An diesen Stellen ist auch das geringe Tempo manchmal störend, wenn die Episoden sich kontinuierlich im Kreis drehen. Dennoch ist Tales from the Loop auf jeden Fall einen Blick wert, umso mehr, da die Serie oft ein audiovisuelles Kunstwerk ist, voller wunderbarer Bilder, und auch das Ensemble Wunder und Schmerz gleichermaßen gut verkörpert. Hier findet alles zusammen, die Zukunft und die Vergangenheit, Wissenschaft und Träume, Gefängnisse und Erlösung, zeigt uns dabei eine Welt, die fremd und vertraut zugleich ist.

Credits

OT: „Tales from the Loop“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Mark Romanek, So Yong Kim, Dearbhla Walsh, Andrew Stanton, Tim Mielants, Charlie McDowell, Ti West, Jodie Foster
Drehbuch: Nathaniel Halpern
Idee: Nathaniel Halpern
Vorlage: Simon Stålenhag
Musik: Philip Glass, Paul Leonard-Morgan
Kamera: Ole Bratt Birkeland, Luc Montpellier, Jeff Cronenweth, Craig Wrobleski
Besetzung: Daniel Zolghadri, Rebecca Hall, Paul Schneider, Duncan Joiner, Ato Essandoh, Nicole Law, Jonathan Pryce, Jane Alexander, Tyler Barnhardt

Bilder

Trailer

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„Tales from the Loop“ ist eine interessante Serie, welche Science-Fiction-Elemente mit Mystery-Atmosphäre und persönlichem Drama kombiniert. Das geringe Tempo und das Desinteresse an konkreten Auflösungen machen die Adaption eines illustrierten Romans nicht für alle zugänglich. Doch wer sich darauf einlassen kann, findet hier eine wunderbar bebilderte, melancholische Welt, die gleichzeitig fremd und doch menschlich ist.
8
von 10