1944 hat sich Frankreich von den deutschen Besatzern befreien können. Während so der Zweite Weltkrieg in die letzte Phase übergeht, haben zeitgleich in Spanien die Menschen unter der Diktatur Francos zu leiden. Eine Gruppe spanischer Guerillas versucht daher, inspiriert von der französischen Resistance, den eigenen Despoten loszuwerden. Doch der Plan geht schief, die geplante Sprengung einer Brücke endet im Desaster. Die meisten Mitglieder der Einheit kommen bei der Aktion ums Leben, Vicente (Hugo Silva) gerät in Gefangenschaft. Anselmo (Asier Etxeandia) gelingt zwar die Flucht, hat allerdings bei dem Vorfall sein Gehör verloren. Und wenn es nach seinen Gegnern geht, wird er bald noch sehr viel mehr verlieren, denn ein gewalttätiger Kapitän und ein Scharfschütze aus Russland sind ihm bereits auf den Fersen …
Ungefähr 40 Jahre herrschte Francisco Franco über Spanien. Selbst als der Rest Europas den Zweiten Weltkrieg längst hinter sich hatte und die Demokratien auf dem Vormarsch waren, hielt im Süden Europas die Diktatur eisern an der Macht fest. Hierzulande setzt man sich kaum mit dieser Epoche auseinander, Filme zu dem Thema schaffen es nur äußerst selten zu uns. Ausnahmen gibt es natürlich. Pans Labyrinth erzählt die Geschichte eines Mädchens, das in eine Wunderwelt eintritt, während zeitgleich ihr Stiefvater, ein franquistischer Hauptmann, gegen Partisanen kämpft. In Der endlose Graben versteckt sich ein Mann vor den Faschisten und lebt jahrelang versteckt hinter einer Mauer seines Hauses.
Karikaturen aus der Comic-Welt
The (Silent) War – Der Gejagte nimmt uns nun ebenfalls zurück in die Zeit, als Franco bereits herrschte, ein paar mutige Männer jedoch ihn stürzen wollen. Die Vorlage hierfür liefert Sordo, ein Comic von David Muñoz und Rayco Pulido. Und zumindest manchmal wirkt die Filmadaption dann auch wie ein solcher. Das betrifft gerade die Widersacher, mit denen es Anselmo zu tun bekommt, die schon ziemlich wie Karikaturen wirken und völlig übertrieben sind. Das ist fast schon komisch, wäre das nicht so brutal. Wer sich von dem Film eine akkurate Aufarbeitung der Geschichte erhofft hat, der wird sich verwundert die Augen reiben.
Dabei bekommen die Augen auch anderweitig mehr als genug zu tun. The (Silent) War – Der Gejagte orientiert sich optisch an den Spaghetti-Western von einst, mehr als an herkömmlichen Kriegsfilmen. Kameramann Adolpho Cañadas vertraut dabei besonders gern gelben Farbtönen, um eine Stimmung wie aus einer anderen Zeit zu erzeugen. Eine etwas unwirkliche Stimmung aus. Der Effekt kann sich aber durchaus sehen lassen, optisch macht der spanische Film schon einiges her. Gerade auch die Landschaften laden dazu ein, ein bisschen länger dranzubleiben und zuzusehen, wie hier ein lädierter Freiheitskämpfer auf der Flucht ist.
Ich kann dich nicht hören!
Am spannendsten ist der Film, wenn er die akustische Einschränkung seines Helden für das Publikum übersetzt. Vor allem eine Situation ist ausgesprochen effektiv, wenn der Ton immer aussetzt, sobald die Perspektive zu ihm wechselt, und er nur hilflos zusehen kann, wie vor seinen Augen das Grauen herrscht. Ein Grauen, das er nicht versteht, nicht verstehen kann. Ohnehin ist das eine recht clevere Methode, um das Nervenkostüm des Publikums zu beanspruchen. Wie schafft man es, vor einem übermächtigen Feind davonzulaufen, wenn man diesen nicht einmal hören kann?
Leider lässt sich Regisseur Alfonso Cortés-Cavanillas bei seinem Spielfilmdebüt ziemlich viel Zeit, bis er diese Einschränkung auch mal gewinnbringend anwendet. Und auch sonst scheint es der Spanier nicht sonderlich eilig zu haben. So etwas kann einem Film ganz gut tun, wenn langsam etwas aufgebaut wird. Hier ist dann aber doch zu viel des Guten: The (Silent) War – Der Gejagte ist ein zeitweise sehr träger Film, der das eigentlich fesselnde Szenario nicht zu nutzen weiß, mitunter sogar etwas langweilt. Man braucht also schon eine größere Portion Geduld, um diesem Krieg etwas abgewinnen zu können. Ist die vorhanden, kann man hier aber durchaus mal reinschauen. Als Geschichtsstunde ist das zwar weniger geeignet, ihre Stärken hat die Comic-Adaption jedoch sicherlich.
OT: „Sordo“
Land: Spanien
Jahr: 2019
Regie: Alfonso Cortés-Cavanillas
Drehbuch: Alfonso Cortés-Cavanillas, Juan Carlos Díaz Martín
Vorlage: David Muñoz, Rayco Pulido
Musik: Carlos M. Jara
Kamera: Adolpho Cañadas
Besetzung: Asier Etxeandia, Marian Álvarez, Hugo Silva
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