Tropfen auf heiße Steine Gouttes d'eau sur pierres brûlantes
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Tropfen auf heiße Steine

Kritik

Tropfen auf heiße Steine Gouttes d'eau sur pierres brûlantes
„Tropfen auf heiße Steine“ // Deutschland-Start: 7. Dezember 2000 (Kino) // 4. August 2016 (DVD)

Wenn Léopold (Bernard Giraudeau) etwas sieht, das ihm gefällt, dann greift er sofort zu ohne zu Zögern. So wie beim jungen Franz (Malik Zidi), den der 50-Jährige eines Tages auf offener Straße anspricht und mit nach Hause nimmt. Der ist eigentlich mit Anna (Ludivine Sagnier) verlobt, lässt sich aber auf die Einladung ein und zieht kurze Zeit später schon bei ihm ein. Dort kommt es immer wieder zu Konflikten, etwa beim Thema Haushalt, doch die beiden führen ihre Beziehung unbeirrt fort, auch weil Franz dem älteren Handlungsreisenden völlig verfallen ist. Bis irgendwann Anna vor der Tür steht und ihren Franz mitnehmen will …

Dass François Ozon bei seinen Filmen gerne mal ältere künstlerische Werke als Vorlage nimmt, ist kein Geheimnis. Sein wohl bekanntestes Werk, das Krimikomödien-Musical 8 Frauen, basierte auf einem Theaterstück, der Erotik-Thriller Der andere Liebhaber auf einem Roman von Joyce Carol Oates, beim Drama Frantz stand der Ernst-Lubitsch-Film Der Mann, den sein Gewissen trieb Pate. Teilweise waren diese Originale bekannt, teilweise weniger. Eines der obskureren Werke ist jenes, das er für Tropfen auf heiße Steine, seinen dritten Spielfilm, aussuchte.

Zusammenspiel von Widersprüchen
Genauer nahm er sich ein Theaterstück vor, das Rainer Werner Fassbinder im Alter von 19 Jahren geschrieben hat, anschließend aber nicht ausgeführt wurde. Die deutschen Wurzeln behält Ozon in seiner Filmversion bei: Die Figuren haben deutsche Namen, die eingespielten Lieder sind ebenfalls auf Deutsch. Dass die Schauspieler und Schauspielerinnen es nicht sind, man nicht einmal annähernd das Gefühl hat, dass sie es sein könnten, ist hier ausnahmsweise mal kein Manko. Vielmehr ist dieser offensichtliche Bruch nur eines von mehreren Beispielen, wie in Tropfen auf heiße Steine die verspielte Grande Nation und das streng Teutonische zusammenkommen, voller Widersprüche bleiben und auf eben diese Weise richtig viel Spaß machen.

Über weite Strecken herrscht auch ein sehr humorvoller Ton. Zwar gibt es nur wenige Beispiele, die als tatsächliche Witze durchgehen würden. Aber Ozon genießt es, Dialoge in absurde Richtungen abschweifen zu lassen, im Verhalten spontane Kehrtwenden einzubauen oder auch mal eine bizarre Tanzeinlage einzubauen, die nicht einmal ansatzweise in die Geschichte integriert wird. In Tropfen auf heiße Steine ist alles erlaubt, gibt es keine Tabus. Das gilt sowohl für den Geschlechtsverkehr, der in den verschiedensten Konstellationen stattfindet. Es gilt auch für die Figuren, die bewusst Grenzen überschreiten oder verschwinden lassen, oft mit persönlichem körperlichen Einsatz.

Ich bin ich … oder?
Das bedeutet jedoch nicht, dass der Inhalt beliebig wäre. Vielmehr erzählt der Film von einer kontinuierlichen Selbstsuche, ebenso von konstanten kleinen Machtkämpfen. Schon die Einleitung, wenn Léopold und Franz sich gegenüber sitzen, ist geprägt von einem mehrfachen hin und her. Der eine versucht den anderen zu verführen, der andere redet von der Wohnung, bis auf einmal die Frage fällt, die schon vorher im Raum stand, keinen Platz fand, bis sie sich einfach aufdrängt: „Hast du schon einmal mit einem Mann geschlafen?“ Aus dem Gespräch heraus ergibt sich das nicht, wohl aber aus der knisternden Atmosphäre, in der alles seinen Zweck hat und doch auch zweideutig verstanden werden kann – wie die vier „Akte“, die Tropfen auf heiße Steine seine Struktur geben.

Das ist alles sehr eigenwillig, wie man es eben von Ozon gewohnt ist. Glücklicherweise hat er ein Ensemble gefunden, das mit ihm diesen Weg gegangen ist: Giraudeau fasziniert als eloquenter Machtmensch, der andere ausnutzt, Zidi als unschuldiger, unschlüssiger Trotzkopf, Sagnier als wandelbare Opportunistin. Und dann wäre da noch Anna Levine, die einen zwar nur vergleichsweise kurzen Auftritt hat, der ist dafür gleichermaßen bizarr wie tragisch. In dem Zusammenspiel ist so viel Bewegung, dass der begrenzte Schauplatz – der komplette Film spielt in der Wohnung von Léopold – kaum auffällt. Denn die ist ebenso unvorhersehbar wie die erotischen Spielchen, kann im einen Moment der aufregende Startpunkt einer Entdeckungsreise sein, im nächsten ein knallbuntes Gefängnis.

Credits

OT: „Gouttes d’eau sur pierres brûlantes“
Land: Frankreich
Jahr: 2000
Regie: François Ozon
Drehbuch: François Ozon
Vorlage: Rainer Werner Fassbinder
Kamera: Jeanne Lapoirie
Besetzung: Bernard Giraudeau, Malik Zidi, Ludivine Sagnier, Anna Levine

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Berlinale 2000 Goldener Bär Nominierung
Teddy Award Sieg
César 2001 Bester Newcomer Malik Zidi Nominierung

Filmfeste

Berlinale 2000

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„Tropfen auf heiße Steine“ handelt von zwei Männern, deren Zufallsbegegnung zu einer Beziehung wird, und zahlreichen Machtspielen innerhalb des Liebesquartetts. Das ist oft komisch, ohne viel Witze zu verwenden, gleichzeitig aber auch tragisch, eine ungewöhnliche Mischung aus Strenge und Zügellosigkeit.
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von 10