Jacob (Asa Butterfield) liebte es immer, zu seinem Großvater Abe (Terence Stamp) zu gehen und seinen spannenden Geschichten rund um Monster und große Abenteuer zu lauschen. Was er damals nicht ahnte: Er würde irgendwann selbst Teil davon werden. Natürlich glaubt ihm niemand, als Jacob seinen sterbenden Großvater findet und ein Monster in der Nähe. Er weiß ja selbst nicht, was er davon halten soll. Und so tritt er mit seinem Vater Frank (Chris O’Dowd) die Reise nach Wales an, um das Waisenhaus zu finden, von dem in den Geschichten von Abe immer die Rede war. Und tatsächlich findet er es und auch deren Leiterin Miss Peregrine (Eva Green), die mit den besonderen Kindern dort wohnt. Aber das ist nicht die einzige Entdeckung, die auf ihn wartet …
Eine Vorliebe für Außenseiter hat Tim Burton bekanntlich immer gehabt. Ob nun Edward mit den Scherenhänden oder Ed Wood, der Regisseur machte sich in der frühen Phase seiner Karriere genau damit einen Namen, den Ausgestoßenen, Freaks und Missverstandenen eine Bühne zu geben. Sie triumphieren zu lassen über eine Welt, in der Normen vergöttert werden und nichts irgendwie anders sein darf. Insofern war er sicherlich naheliegend für Die Insel der besonderen Kinder, die Umsetzung einer Romanreihe von Ransom Riggs. Eine ganze Schule voller Außenseiter, von denen die Welt nicht erfahren darf, und die von einem weiteren Außenseiter gerettet werden müssen – das ist klassisches Burton-Material.
Zwischen originell und altbekannt
Wobei der Film inhaltlich durchaus an andere populäre Werke der letzten beiden Jahrzehnte erinnert. Wenn eine geheime Schule zum Zufluchtsort für Menschen mit Spezialfähigkeiten werden, dann ist das irgendwo zwischen Harry Potter und X-Men angesiedelt, zwei Reihen, die unzählige Filme hervorgebracht haben. Teilweise fällt es Die Insel der besonderen Kinder dann auch schwer, in diesem schwer frequentierten Bereich wirklich auf sich aufmerksam zu machen. Kinder, die Feuer, Luft und Pflanzen beeinflussen können, für solche Einfälle braucht man nicht wirklich viel Fantasie. Glücklicherweise sind da aber noch ein paar andere mit ausgefalleneren Besonderheiten, mal kurios, mal etwas erschreckend.
Die Insel der besonderen Kinder wandert dann auch zwischen diesen beiden Polen umher, ist mal schrulliges Märchen, das sich an ein eher junges Publikum richten könnte – zumal die Selbstfindung eines 16-Jährigen klassisches Coming-of-Age-Material ist. Dann wiederum scheint Burton stärker auf seine Horrorvorlieben zu hören, die sich etwa in Sleepy Hollow zeigten. Dessen unheimliche Atmosphäre rekreiert er hier nicht. Der Film ist nicht einmal sonderlich spannend, da relativ wenig überrascht, man immer das Gefühl hat, in der Geschichte schon zwei Schritte weiter zu sein. Und das obwohl die zeitlich gesehen viele Kreise dreht, der Film einer der wenigen ist, die tatsächlich sowohl Zeitschleifen wie auch Zeitreisen enthalten.
Eine schön verspielte Oberfläche
Dieses Konzept ist auf jeden Fall interessant, auch wenn es nicht so ganz genutzt wird. Auch die Figuren bleiben unter ihren Möglichkeiten. Nutzte Burton seinerzeit Batmans Rückkehr, um das Superhelden-Kino zu demontieren und faszinierende Porträts ebenso tragischer wie grotesker Gestalten anzufertigen, da bleibt er hier nur an der Oberfläche. Eine wirkliche Charaktereigenschaft kann man praktisch niemandem zusprechen, allenfalls dem von Samuel L. Jackson gespielten Widersacher. Und selbst der ist nicht mehr als das Klischee eines skrupellosen Schurken. Auch wenn einem Schicksal von Jacob schon näher geht, man ein bisschen Mitgefühl für ihn entwickelt, er wird als Figur nur von seinem Schicksal definiert, nicht von seinem Charakter.
Immerhin, die Oberfläche ist schön anzusehen. Das Haus selbst ist beispielsweise reizvoll, die Insel bietet ein wunderbar idyllisches Setting, auch die Spezialeffekte können sich sehen lassen. Man merkt Die Insel der besonderen Kinder an, wie viel Spaß es Burton wieder machte, aus dem Vollen zu schöpfen und sich an allem möglichen austoben zu können. Umso bedauerlicher ist, dass er an der Stelle zu sehr die Geschichte und die Figuren aus den Augen verliert. Es fehlt dem Film auch an der Emotionalität, die etwa sein Big Fish ausmachte, eine weitere seiner fantasievollen Außenseiterwerke. Stattdessen gleicht das hier mehr einer Attraktion auf dem Jahrmarkt, die einen beschäftigt, während man mitfährt, die aber ebenso schnell vorbei ist, wie sie gekommen ist.
OT: „Miss Peregrines Home for Peculiar Children“
Land: USA, UK
Jahr: 2016
Regie: Tim Burton
Drehbuch: Jane Goldman
Vorlage: Ransom Riggs
Musik: Mike Higham, Matthew Margeson
Kamera: Bruno Delbonnel
Besetzung: Eva Green, Asa Butterfield, Ella Purnell, Samuel L. Jackson, Chris O’Dowd, Terence Stamp
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