Das hatte sich Marcos (Quim Gutiérrez) irgendwie ein bisschen anders vorgestellt. Er war bereit, den nächsten großen Schritt zu gehen und sich ewig zu binden. Und was passiert? Mitten während seines Heiratsantrags macht seine Freundin Schluss mit ihm. Als wäre das nicht schon schlimm genug, folgt kurze Zeit darauf die nächste Demütigung, als er seinen Job verliert und wieder bei seinen Eltern einziehen muss – mit Mitte dreißig. Zwar versucht sein Kumpel Diego (Alfonso Bassave) ihm wieder auf die Beine zu helfen, privat wie beruflich. Doch es bleibt eine mühselige Angelegenheit, bis Marcos der unkonventionellen Raquel (Natalia Tena) über den Weg läuft …
Doppelt hält besser. Das ist nicht nur das Motto von Liebeskomödien, die im menschlichen Dasein keinen wirklichen Sinn sehen, wenn es nicht mit dem einen oder der einen geteilt wird. Das Sprichwort trifft aber auch auf Netflix zu, die diese Woche gleich zwei Genrevertreter als sogenanntes Netflix-Original ins Programm aufnehmen: The Wrong Missy und Ich liebe dich, Spinner! In beiden Fällen geht es zudem darum, dass ein männlicher Single, der eher wenig erfolgreich durchs Leben stolpert und nicht unbedingt der große Frauenschwarm ist, auf eine überaus unkonventionelle Dame stößt, dank ihrer Hilfe sein Leben überdenkt, um am Ende mit ihr zusammen zu sein.
Das (fast) übliche Paket
Das war schon beim ersten Film nicht originell, beim zweiten dann erst recht nicht. Zumal Ich liebe dich, Spinner! auch nicht wirklich versucht, irgendwie mit Erwartungen spielen zu wollen. Es passiert, was passiert, weil es immer passiert und offensichtlich passieren muss. Ein Genre-Fatalismus, der wenig Raum für Überraschungen lässt. Und doch würde man der spanischen Komödie nicht gerecht, wenn man sie nur darauf reduzieren würde oder sie komplett mit dem US-Netflix-Kollegen gleichstellt. Im Detail ist das hier dann doch noch mal ein ganzes Stück anders. Und vor allem ein ganzes Stück besser. Wo es bei dem Amis nur derben Humor gibt, dessen Niveau durch den Boden sickert und der die pure Erwähnung für Sex schon für einen Witz hält, da gibt es bei den Spaniern wenigstens die Idee einer Ambition.
Dass das Drehbuchduo Abraham Sastre und Iván Bouso ein bisschen mehr will als die Konkurrenz, das macht sie von Anfang an klar. Marcos ist nämlich weniger mit seiner Herzdame beschäftigt als vielmehr mit dem Publikum, das ihm bei seinem vergeblichen Antrag zusieht. Und auch später wird er immer wieder die Vierte Wand durchbrechen und die Zuschauer und Zuschauerinnen ansprechen, mal um sein Innenleben zu teilen, mal um die aktuelle Situation zu kommentieren. Das erinnert an einen weiteren spanischen Netflix-Film Die Gesetze der Thermodynamik, der ebenfalls mit diversen Meta-Spielereien die Liebesgeschichte aufbrach. Ganz so weit geht Ich liebe dich, Spinner! im Vergleich nicht, hier bleibt es bei sympathischen, wenn auch irgendwie folgenlosen Späßen.
Wann ist ein Mann ein Mann?
Interessanter sind da schon die Gedanken, die sich Ich liebe dich, Spinner! zu Geschlechterbildern macht. Bei seinen Versuchen der Selbstoptimierung – irgendwie muss das Leben ja besser werden – versucht Marcos sich an den verschiedensten Techniken und Einstellungen, darunter auch solchen, die Diego mächtig gegen den Strich gehen, weil er sie als unmännlich empfindet. Hier geht die Suche nach dem eigenen Ich eben auch mit der Frage einher, welche Erwartungen wir zu erfüllen haben. Welche Freiheit wir wirklich haben, wenn alles mit Regeln verbunden ist, die mal explizit sind, mal auch nur stillschweigend vorausgesetzt werden.
Das hätte sicher alles noch konsequenter verfolgen werden können. Der Lachfaktor bei den Witzen hält sich auch eher in Grenzen. Ein bisschen ärgerlich ist sogar, dass Quim Gutiérrez (Mord auf La Gomera) allen Ernstes als wenig ansehnlich verkauft werden soll, was schon die Dreistigkeit von US-Produktionen erreicht: Wir wollen uns für weniger gutaussehende Menschen einsetzen, die sich selbst zu akzeptieren lernen – zeigen wollen wir sie aber nicht. Das ist dann schon etwas schade, Ich liebe dich, Spinner! steht sich nicht nur hier ein wenig selbst im Weg. Dafür ist die spanische Liebeskomödie zumindest streckenweise charmant, was in dem Bereich einiges wert ist. Ein echtes Highlight ist das dann zwar trotz allem nicht, aber doch nett genug, um es sich anschauen zu können.
OT: „Te quiero, imbécil“
Land: Spanien
Jahr: 2019
Regie: Laura Mañá
Drehbuch: Abraham Sastre, Iván Bouso
Musik: Javier Bayon, Luc Suarez
Kamera: Sergi Gallardo
Besetzung: Quim Gutiérrez, Natalia Tena, Alfonso Bassave
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