Jacobs Ladder 1990
© Koch Films

Jacob’s Ladder – In der Gewalt des Jenseits

Kritik

Jacobs Ladder 1990
„Jacob’s Ladder“ // Deutschland-Start: 18. April 1991 (Kino) // 28. Mai 2020 (Mediabook)

In seinem Leben hat Jacob Singer (Tim Robbins) schon viele Schicksalsschläge erleben müssen. So ist ein Sohn von ihm unter tragischen Umständen ums Leben gekommen, woran letztendlich auch seine erste Ehe zerbrach. Aber auch in seiner zweiten Ehe mit Jezebel (Elizabeth Peña) kriselt es, nicht zuletzt wegen der traumatischen Erfahrungen, die er im Vietnamkrieg gemacht hat und die ihm fortlaufend Albträume bescheren. Von seiner Karriere ist ohnehin nichts geblieben, der ehemalige Professor der Philosophie arbeitet inzwischen als Postbote. Während er noch versucht, sein Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken und einen Alltag aufzubauen, wird er zunehmend von seltsamen Visionen heimgesucht, die in einem Zusammenhang mit seiner Zeit in Vietnam stehen müssen. Doch was hat es mit ihnen auf sich? Und was genau ist damals eigentlich geschehen?

Kann es nach einem Krieg noch einmal normal weitergehen? Wie lassen sich die grausamen Erfahrungen, die man dabei gesammelt hat, verarbeiten und mit einem alltäglichen Leben in Einklang bringen? Das sind zwei der vielen Fragen, die in Jacob’s Ladder – In der Gewalt des Jenseits aufgeworfen werden, mal explizit, mal auch nur angedeutet. Dabei macht bereits der Titel schon deutlich, dass der Film zwar an andere Kriegsdramen erinnert, die von posttraumatischen Störungen erzählen, aber doch darüber hinaus geht. In mehrfacher Hinsicht. Jacob’s Ladder selbst bezieht sich dabei auf eine in der Bibel genannte Leiter, die in einer Traumvision die Erde und den Himmel verbindet. Der deutsche Untertitel wiederum verweist auf die übernatürlichen Horrorelemente des Films.

Das spirituelle Rätsel
Letztere sollen es auch gewesen sein, die Bruce Joel Rubin den Verkauf seines Drehbuch lange Zeit erschwert haben sollten. Eigentlich hatte der Autor schon 1980 mit der Arbeit an der Geschichte begonnen, stieß aber mit seinem Skript hierzu wie auch zu dem ebenfalls mit einer jenseitigen Welt arbeitenden Ghost zunächst auf Ablehnung bei den größeren Studios. Im Fall von Jacob’s Ladder dürfte noch hinzukommen, dass der Film es sehr lange offen lässt, was genau eigentlich gespielt wird. Während sein Liebesdrama, das über den Tod hinausging, zumindest relativ schnell inhaltlich erfasst werden kann, streut Rubin, der nicht zuletzt wegen seines zweijährigen Aufenthalts in einem tibetanischen Kloster großes Interesse an Spiritualität mitbrachte, jede Menge sich widersprechende Hinweise.

Ganz sicher kann man sich dann auch nie sein, was wirklich geschieht, was nur Einbildung ist. Es bleibt sogar offen, welches Genre Jacob’s Ladder da eigentlich verfolgt. Immer wieder trifft Kriegsfilm auf übersinnlichen Horror, der an Tanz der toten Seelen erinnert. Zwischendurch wird es aber auch sehr irdisch, wenn vergleichbar zu herkömmlichen Familiendramen Jacob noch immer mit persönlichen Verlusten und Schicksalsschlägen zu kämpfen hat. Zwischen diesen Eckpfeilern läuft Regisseur Adrian Lyne umher, führt später sogar noch Elemente eines Paranoiathrillers ein, wenn das Leben des Protagonisten in einen größeren Zusammenhang gestellt wird. Oder vielleicht auch nicht?

Ein surreales Labyrinth
Das ist eine der Stärken, die der Film bis heute hat: Man darf sich hier fast die komplette Laufzeit hindurch fragen, worum es eigentlich geht und was hinter den seltsamen Erfahrungen steckt. Immer wieder meint man, endlich die Lösung gefunden zu haben, nur um dann doch wieder eine andere Richtung einzuschlagen. Das bedeutet zwangsläufig aber auch, dass nicht alles hier tatsächlich Sinn ergeben wird. Zwar wartet Jacob’s Ladder natürlich mit einem Ende auf, das eine Antwort gibt, lässt dabei aber gleichzeitig viele andere Aspekte unbeantwortet. Die zahlreichen Anspielungen, sowohl historische, persönliche wie auch religiöse, werden nicht komplett zu Ende ausgeführt. Das wird ein Publikum freuen, das gerne interpretiert, andere dagegen vor den Kopf stoßen.

Die zweite Stärke von Jacob’s Ladder sind die surrealen Horrormomente, die trotz eines überschaubaren kommerziellen Erfolges später seinen Kultstatus ausmachten. Gerade Videospieler halten den Film bis heute in Ehren, hat er doch maßgeblich die Reihe Silent Hill beeinflusst. Wer Letztere zuerst gespielt hat, wird hier dann auch so manches Déjà-Erlebnis haben, wenn sich die normale Welt immer wieder in eine Albtraumversion verwandelt. Wenn der Schmerz des tief traumatisierten Jacob sich auf ungewohnte bis verstörende Weise seinen Weg in die Bilder bahnt. Tatsächlich ist man im Anschluss neugierig, wie die Szenen wohl gewesen sein mussten, die nach Testscreenings herausgeschnitten wurden, weil sie zu verstörend gewesen sein sollen. Aber auch in der abgespeckten Fassung gibt es hier genügend unheimliche Momente, die trotz des Jahrgangs 1990 einen Großteil der heutigen Horrorfilme alt aussehen lassen.

Credits

OT: „Jacob’s Ladder“
Land: USA
Jahr: 1990
Regie: Adrian Lyne
Drehbuch: Bruce Joel Rubin
Musik: Maurice Jarre
Kamera: Jeffrey L. Kimball
Besetzung: Tim Robbins, Elizabeth Peña, Danny Aiello, Patricia Kalember, Macaulay Culkin

Bilder

Trailer

Kaufen/Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

In „Jacob’s Ladder – In der Gewalt des Jenseits“ wird ein durch Schicksalsschläge und Kriegserfahrungen traumatisierter Mann von unheimlichen Visionen heimgesucht. Der Film wandelt auf interessante Weise zwischen den unterschiedlichsten Genres umher, lockt das Publikum fortwährend auf falsche Spuren und verstört mit einigen surrealen Horroreinlagen, die das Werk zu einem einflussreichen Kulttitel werden ließen.
8
von 10