Auf einer Landstraße wird die völlig verstörte Angelique (Caitlin Wachs) von zwei Ärzten auf dem Weg zur Arbeit fast überfahren. Da die junge Frau nicht nur mit einem Schock davon gekommen ist, sondern zudem noch schwanger, nehmen die zwei Mediziner sie mit in die Abtreibungsklinik, wo sie arbeiten, um sie genauer zu untersuchen. Jedoch steht schon bald Angeliques Vater Dwayne (Ron Perlman) vor den Toren der Einrichtung, mit der ihn eine lange Geschichte verbindet, an deren Ende er aufgrund eines Gerichtsbeschlusses sich der Klinik nicht mehr nähern darf. Der streng gläubige Christ verurteilt die Praktiken der Klinik und des Leiters Dr. Kiefer (Bill Dow) und verlangt daher, dass man seine Tochter auf der Stelle wieder zu ihm bringe. Während das Klinik- und Wachpersonal mit dem immer wütender werdenden Dwayne versuchen zu verhandeln, spielt sich in den Behandlungsräumen ein ganz anderes Drama ab, denn Angelique besteht auf einer Abtreibung ihres Kindes, welches ihrer Aussage nach übernatürlichen Ursprungs ist. Als Dwayne, des Verhandelns überdrüssig, beschließt zusammen mit seinen Söhnen sich gewaltsam Zutritt zur Klinik zu verschaffen, eskaliert die Situation.
Für das Leben
In der zweiten und bis heute letzten Staffel der von Regisseur Mick Garris produzierten Serie Masters of Horror war auch John Carpenter wieder mit einem Beitrag vertreten. War Cigarette Burns noch ein atmosphärisch-ironischer Kommentar auf das Filmgeschäft, auf Kritiker und Fankultur, geht Pro-Life in eine ganz andere, sehr politische Richtung. Mittels eines auf der Filmografie bereits bekannten narrativen Elements inszeniert Carpenter in dem für ihn typisch bitteren Ton einen Film, der das Thema des Glaubens und seiner tiefgreifende Relevanz in der US-amerikanischen Gesellschaft anhand der immer wieder aufflammenden Diskussion um das Thema Abtreibung behandelt.
Im Kontext des Gesamtwerks Carpenters wird dem Zuschauer die Ausgangssituation in Pro-Life sehr bekannt vorkommen. Die von der Außenwelt abgeschnittene Klinik wird hier vom aufgebrachten Vater und seinen Söhnen belagert, wobei sich die Lage, alleine schon durch das Aufeinandertreffen mit dem Direktor der Klinik, weiter verschärft. Wie schon in seinem frühen Film Assault – Anschlag bei Nacht oder Das Ding aus einer anderen Welt spielt Carpenter mit der Idee der Belagerung von außen sowie dem sich einnistenden Fremdkörper im Innern. Dramaturgisch wirken hier Phänomene wie Paranoia und Vorbehalte in den Szenen mit, aber insbesondere auch jene Positionen bezüglich des eigenen Körpers.
Wenn auch dies auf formaler Ebene auf wesentlich reduzierter Basis stattfindet, entwerfen Carpenter in Kollaboration mit Attila Szalays Kamera und dem von Carpenters Sohn Cody Carpenter komponierten Soundtrack einen filmischen Raum, der mit der Zeit immer bedrohlicher, dunkler und auswegloser erscheint. Zwangsweise prallen hier Denkweise aufeinander, die sich schon nach kurzer Zeit nicht mehr nur in einigen Wortgefechten äußern.
Die Belagerung des Körpers
Wie schon bei Das Ding aus einer anderen Welt wird der Körper von außen her als eine Gefahr oder gar als Plattform für die eigene Überzeugung betrachtet. Perlmans Dwayne sieht sich durch die Berufung auf den Glauben im Besitz des Körpers seiner Tochter sowie des noch ungeborenen Kindes, doch auf der anderen Seite steht ihm mit dem Klinikdirektor ein eben solches Besitzdenken gegenüber, ein Streit der Ideologien, in dem der Mensch gerne vergessen wird und als Beweis für die Überlegenheit der eigenen Position gesehen wird. Mag auch dies nicht auf dem gleichen spannungstechnischen Niveau sein wie bei Das Ding aus einer anderen Welt, so ist es an vielen Stellen dennoch interessant und eröffnet einen Blick auf eine gesellschaftliche Diskussion über das Vorrecht auf den (weiblichen) Körper.
OT: „John Carpenter’s Pro-Life“
Land: USA
Jahr: 2006
Regie: John Carpenter
Drehbuch: Drew McWeeny, Rebecca Swan
Musik: Cody Carpenter
Kamera: Attila Szalay
Darsteller: Caitlin Wachs, Ron Perlman, Emmanuelle Vaugier, Mark Feuerstein, Jeremy Jones, Bill Dow
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