So richtig toll ging es Claire Spencer (Michelle Pfeiffer) zuletzt ja nicht. Da wäre der Autounfall, der ihr noch immer nachwirkt. Vor allem aber die Trennung von ihrer Tochter, die jetzt aufs College geht, macht ihr zu schaffen. Was soll sie jetzt ganz allein im Haus mit sich anfangen? Als ihre Nachbarin, die vor Kurzem noch so verängstigt war, eines Tages spurlos verschwindet, steht für sie fest, dass deren Mann etwas damit zu tun hat. Mehr noch, Claire macht zunehmend eigenartige Erfahrungen, hört komische Geräusche. Während ihr Mann Norman (Harrison Ford), ein angesehener Wissenschaftler, dies auf ihre angegriffene mentale Verfassung zurückführt, ist sie sich sicher, dass es sich um ihre verstorbene Nachbarin handeln muss, die ihr Nachrichten aus dem Jenseits schickt …
Unter den Blockbuster-Regisseuren hat Robert Zemeckis sicher eine der spannenderen Karrieren hingelegt. Ob nun das launige Zeitreise-Abenteuer Zurück in die Zukunft, die teilanimierte Krimikomödie Falsches Spiel mit Roger Rabbit oder auch das Langzeitporträt Forrest Gump, der Filmemacher wiederholte sich fast nie, schuf viele äußerst ungewöhnliche Werke, die trotz allem die Kassen kräftig klingen ließen. Letzteres trifft auch auf Schatten der Wahrheit zu, der bislang einzige Ausflug ins Horrorgenre, den Zemeckis gewagt hat. Rund 300 Millionen Dollar spielte der Film ein, das dreifache seines Budgets. Und doch, das Ergebnis war schon eine rechte Enttäuschung.
Ein großes Team
Dabei waren die Voraussetzungen eigentlich ziemlich gut. So verließ er sich bei der Musik auf seinen Stammkomponisten Alan Silvestri, mit Kameramann Don Burgess hatte Zemeckis ebenfalls mehrfach gearbeitet. Und dann wäre da ja noch die Besetzung, die so erstklassig ist, wie man sie in dem Genre nur selten sieht. Man kann auch keinem dieser Beteiligten wirklich einen Vorwurf machen. Es gibt da unheimliche Klänge, welche für Stimmung sorgen, dazu ein paar schöne Aufnahmen. Und schauspielerisch ist ohnehin nichts zu meckern, Pfeiffer zeigt nach Batmans Rückkehr das zweite Mal eine psychisch angeknackste Frau, in einer Mischung aus Eigensinnsinn, Hartnäckigkeit und Zerbrechlichkeit.
In der ersten Hälfte des Films funktioniert das dann zusammen auch alles ganz gut. Die Kombination aus Unfalltrauma, Empty-Nest-Syndrom und einem fehlenden sozialen Umfeld ist schlüssig genug, um auch die eigenartigsten Vorkommnisse rational erklären zu können. Schatten der Wahrheit nutzt also das immer wieder in dem Horrorgenre beliebte Mittel der unzuverlässigen Beobachterin, der niemand anderes glauben will. Der man selbst vermutlich nicht glauben würde, wenn es sich nicht um einen Film handelte. Denn da weiß man praktisch immer, dass an den Beobachtungen was dran ist, die Frage nach einer geistigen Umnachtung als alternative Erklärung nur hypothetisch ist.
Blick in die Vergangenheit
So auch hier. Doch das ist eben auch das Problem von Schatten der Wahrheit: Wer andere Genretreter gesehen hat, findet hier relativ wenig, das den Film von der Konkurrenz abheben würde. Ob es die Jump Scares sind, die Veränderungen, die sich im Hintergrund zutragen, Gegenstände, die zu Bruch gegen oder sich selbstständig machen – das ist alles nur der übliche Maßnahmenkatalog, der routiniert abgearbeitet wird. Davon ist nichts verkehrt, aber eben auch nichts wirklich erwähnenswert. Wäre da nicht die prominente Besetzung, der Film wäre nur ein weiterer solider Beitrag, den man sich zur Bekämpfung der Langeweile anschauen kann, zumal das besagte Empty-Nest-Syndrom nicht wirklich genutzt wird.
Tatsächlich ärgerlich wird es jedoch zum Ende hin. Mehr als zwei Stunden dauert Schatten der Wahrheit, was vergleichsweise viel ist, zumindest in der ersten Hälfte stimmt das Tempo jedoch. Doch ausgerechnet dann, wenn endlich der Höhepunkt ansteht, verliert Zemeckis jedes Gespür fürs Tempo, dehnt das Geschehen sehr unglücklich aus, so als habe er irgendwie Angst davor, dass sein Film enden könnte. Gleichzeitig wird der Film an diesen Stellen derart übertrieben, dass er schon unfreiwillig komisch wird – was dann auch wieder mit Wiederholungen einhergeht. In der Summe ist das zwar nicht wirklich schlecht, dafür ist das meiste zu kompetent. Doch gerade bei einem Regisseur, der so viele eigene Filme gedreht hat, hätte man sich bei dieser Geistergeschichte deutlich mehr erwarten dürfen.
OT: „What Lies Beneath“
Land: USA
Jahr: 2000
Regie: Robert Zemeckis
Drehbuch: Clark Gregg
Musik: Alan Silvestri
Kamera: Don Burgess
Besetzung: Harrison Ford, Michelle Pfeiffer, Diana Scarwid, Miranda Otto, James Remar, Joe Morton
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