Seit dem tragischen Tod ihres Vaters hat sich die junge Reporterin Erika Yoshioka (Shim Eun-kyung) dem Aufdecken der Wahrheit verschrieben, auch wenn ihr dies innerhalb der Redaktion, für die sie arbeitet, schon den ein oder anderen Konflikt einbrachte. Eines Tages erhält sie ein anonymes Fax, in welchem von einem Bauplan für ein Universitätsgebäude die Rede ist, welches der medizinischen Fakultät dienen soll. Erika glaubt, dass sich hinter dem Plan mehr verbirgt und die Regierung etwas vertuschen will, doch der Chefredakteur ihrer Zeitung sieht in dem Fax noch keine Neuigkeit, die man in der Zeitung drucken kann. Während Erika den Hintergründen für den Bau auf die Spur kommen will, hadert derweil Takumi Sugihara (Tori Matsuzaka) mit der Natur seiner Arbeit für das Nachrichten- und Untersuchungsbüro des japanischen Kabinetts. Zu oft wurde er Zeuge und selbst Mittäter bei Hetzkampagnen gegen politische Gegner oder der Manipulation der öffentlichen Meinung, wenn er und andere per Twitter Menschen verunglimpften, beschimpften oder gar Nachrichten in ihrem Sinne veränderten. Als dann auch noch sein ehemaliger Boss Opfer einer solchen Kampagne wird, von der er nichts wusste und man nun versucht, die Spuren zu verwischen, beschließt Takumi, dass er etwas tun muss, auch wenn er sich damit selbst in Gefahr bringt.
Das Herstellen von Konsens
Basierend auf dem Buch des Reporters Isoko Mochizuki erzählt Regisseur Michihito Fujii (7s, Innocent Blood) eine Geschichte über die Presse- und Meinungsfreiheit, speziell wie diese unterwandert wird von staatlichen Institutionen. Gerade mit Blick auf die Enthüllungen bezüglich der NSA durch den Whistleblower Edward Snowden erhält ein Film wie The Journalist, der bei den diesjährigen Japan Academy Awards mit gleich drei Preisen ausgezeichnet wurde, eine sehr aktuelle Brisanz. Der Film, der nun auch auf der Nippon Connection 2020 laufen wird, sieht sich in der Tradition der großen Journalisten- und Paranoia-Dramen der 1970er Jahre wie Die Unbestechlichen oder Zeuge einer Verschwörung und zeigt auf, wie es einflussreichen Institutionen möglich ist, die öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu manipulieren und ganze Existenzen zu ruinieren.
Als Motivation beider Hauptfiguren sieht das Drehbuch, an welchem Fujii mitschrieb, die eigene Familie. Während Erikas Vater selbst Opfer einer solchen „Schmierkampagne“ seitens der Regierung und der Medien wurde, ist es bei Takumi die Geburt seines Kindes, die Aussicht auf die Welt, in der es aufwachsen wird und welche Verantwortung er für diese hat, die ihn antreibt. Anders als die bisweilen etwas abstrakten Figuren aus dem Kino eines Alan J. Pakula ist das Dilemma der Figuren glaubhaft und nachvollziehbar, was zusätzlich noch betont wird durch das ausdrucksstarke Spiel beider Schauspieler. Speziell dies aus Blue Hour bekannte Eun-kyung Shim gibt in The Journalist abermals eine eindrucksvolle Demonstration ihres Talents ab und zeigt eine Person, deren Idee von der Wahrheit sie nicht nur des Öfteren in Konflikt mit anderen bringt, sondern die gerade in der Welt der sozialen Medien bisweilen auch niemanden wirklich interessiert.
Die Politik und die Redaktion
Innerhalb der Geschichte entwerfen Michihito Fujii und sein Kameramann Keisuke Imamura zwei sehr gegensätzliche Welten. Sowohl die Redaktion, in der Erika arbeitet, wie auch die zahlreichen, teils fensterlosen Büros der Regierungsangestellten implizieren einen Ort mit eigener Struktur, der nach eigenen Regeln und Hierarchien funktioniert. Doch während das Licht, die Lautstärke und die allgemeine Hektik auf der einen Seite eine gewisse Form der Transparenz nahelegen, wirkt die Arbeitsstätte Takumi wie ein geschlossener, kalter Raum, was nicht zuletzt durch den gehäuften Einsatz von entsprechenden Kamerafiltern betont wird. Die wiederholte Sicht der Kamera auf den Raum voller Computer gibt einen guten Eindruck von der Art der modernen, internen und geheimen Kriegsführung, bei der weder Freund noch Feind leicht zu erkennen sind und die Einsicht eines Irrtums meist viel zu spät kommt.
OT: „Shinbun Kisha“
Land: Japan
Jahr: 2019
Regie: Michihito Fujii
Drehbuch: Roba Shimori, Akihiko Takaishi, Michihito Fujii
Vorlage: Isoko Mochizuki
Musik: Taro Iwashiro
Kamera: Keisuke Imamura
Besetzung: Eun-kyung Shim , Tori Matsuzaka, Tsubasa Honda, Amane Okayama, Tomohiro Kaku
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Japan Academy Prize | 2020 | Bester Film | Sieg | |
Beste Regie | Michihito Fujii | Nominierung | ||
Bestes Drehbuch | Roba Shimori, Akihiko Takaishi, Michihito Fujii | Nominierung | ||
Bester Hauptdarsteller | Tori Matsuzaka | Sieg | ||
Beste Hauptdarstellerin | Eun-kyung Shim | Sieg | ||
Bester Schnitt | Tatsuma Furukawa | Nominierung |
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