Gerade im Medium Film begleitet jeden Regisseur die Frage nach dem Geschmack des Publikums, welches entscheidet, welche Projekte Erfolg haben und welche nicht. Einerseits ist diese nichts Neues, wird aber zu einem entscheidenden Konzept, wenn man bedenkt, dass vielfach dieser Geschmack gelenkt wird von eben jenem Angebot, was die Kinos so anbieten. Egal ob man sich als Zuschauer eher in den Multiplexen oder in den kleinen Kinos wiederfindet, so haben doch beide Kategorien ihrer Art von Mainstream, der wiederum viel über die Denkprozesse der Kunstschaffenden sowie der Industrie aussagt. Alles, was diesem Mainstream nicht entspricht, ist immer auch ein Experiment, aus künstlerischer wie auch kommerzieller Hinsicht, sodass es schwierig ist, gerade für Neuanfänger, mit eigenen, neuen Ideen in diesem Feld zu punkten.
Deshalb ist es umso schöner, wenn es nach wie vor Kunstschaffende gibt, die sich mit jedem Projekt vorgenommen haben, mit all diesen Konzepten und Konventionen zu brechen und mit dieser Einstellung auch Erfolg haben. Innerhalb des asiatischen Kinos gibt es viele solcher Querköpfe, doch besonders auf internationalem Niveau findet sich kaum jemand, der mit seinen Projekten ähnliche Risiken eingeht wie es der japanische Filmemacher Sion Sono tut. In seinem filmischen Schaffen finden sich wilde Genremischungen wie das Yakuza-Musical Tokyo Tribe, die knallbunte Satire Why Don’t You Play in Hell?sowie sehr persönliche Filme wie The Whispering Star oder Land of Hope.
Während der Produktion von The Whispering Star begleitete Dokumentarfilmer Arata Oshima den Künstler nicht nur bei den Dreharbeiten, sondern auch bei seinen zahlreichen anderen Projekten, beispielsweise mit seiner Performance-Truppe Tokyo Gagaga oder seiner Band, deren Musik man in vielen seiner Filme hören kann. Entstanden ist dabei mit The Sion Sono nichts weniger als ein Porträt eines Künstlers, der jegliche Kategorisierung ablehnt und mit jedem Projekt, unabhängig vom Medium, versucht neue Wege zu gehen.
Paint, express, and live!
So vielfältig, kreativ und unorthodox wie seine eigenen Arbeiten es sind, gibt sich auch der Künstler Sion Sono. Auf der anderen Seite heißt er das Klischee des Künstlers mit seinem leicht affektierten Gehabe und der Extrovertiertheit willkommen, wobei er sich in der nächsten Szene wieder in einem ganz anderen Licht zeigt, nachdenklich und geradezu betroffen wirkt. Wenn er mit Bewohnern der vom Reaktorunfall in Fukushima und dem anschließenden Tsunami betroffenen Gebiete spricht, sich über ihr Leben erkundigt und nach ihrer Familie, fällt die Hülle des Künstlers Sono von ihm ab und er ist ein Mensch, der Anteil nimmt am Schicksal seines Gegenübers. Diesen Aspekt verliert er als Künstler dann nicht mehr aus den Augen, gerade im Hinblick auf besagte Katastrophe, die er in mehreren seiner Filme thematisiert und dabei einen stillen Ton anschlägt, nicht ohne dabei einen kritischen Blick auf seine Heimat zu werfen.
Generell ist Sion Sono, wie er selbst es sagt, eine Kategorie für sich. Wie die weiße Leinwand, die er zu Anfang malträtiert, überrascht er immer, beschmiert und bespuckt sie, vermischt dabei die Farben und erhält etwas Einzigartiges. Das Erschaffen und das Leben sind die Eckpfeiler des Menschen und des Künstlers Sion Sono, der behauptet, ein wirklich schlechtes Werk gebe es ebenso wenig wie ein wirklich gutes. Die schlechten Entscheidungen, wie die Wahl der falschen Farben auf einer Leinwand, lassen sich nicht mehr korrigieren und machen einen Teil des Lebens aus, ob man es nun will oder nicht. Gerade innerhalb der Kunst sind derlei Kriterien oft fremdbestimmt und willkürlich, sodass man als Künstler nicht auf die zählen sollte.
OT: „Jonetsu tairiku Presents Sono Shion to iu ikimono“
Land: Japan
Jahr: 2016
Regie: Arata Oshima
Musik: Tomonobu Kikuchi
Kamera: Hidenori Takahashi
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