Pennsylvania, Ende des 19. Jahrhunderts: Das Leben in dem kleinen, abgeschiedenen Dorf Covington ist friedlich und glücklich, man hilft einander, der Zusammenhalt wird groß geschrieben. Doch diese Idylle hat ihren Preis, ein Verlassen des Dorfes ist streng verboten, niemand darf die umliegenden Wälder betreten. Schließlich treiben sich da draußen mysteriöse Monster herum, die jeden bestrafen, der sich zu weit von der Gemeinschaft entfernt. Als eines der Kinder stirbt, drängt der junge Lucius Hunt (Joaquin Phoenix) darauf, dennoch den Wald zu durchqueren, um andere umliegende Dörfer zu besuchen und dort Medikamente zu besorgen. Für die Ältesten steht das völlig außer Frage, keiner will das Risiko eingehen, die Unaussprechlichen zu verärgern. Als es zu einem Zwischenfall kommt, der auch die blinde Ivy Elizabeth Walker (Bryce Dallas Howard) und den geistig zurückgebliebenen Noah Percy (Adrien Brody) betrifft, müssen aber auch sie ihre Haltung überdenken …
An Kontroversen hat es in der Karriere von M. Night Shyamalan natürlich nie gemangelt. Während sein großer Durchbruch The Sixth Sense noch von allen gefeiert wurde, schieden sich bei den meisten seiner folgenden Werke irgendwo die Geister. Gerade der Twist zum Schluss, der zum Markenzeichen des Regisseurs und Drehbuchautors wurde, gab immer wieder Anlass für hitzige Diskussionen. Selten aber waren die derart ausgeprägt wie bei The Village – Das Dorf. Erfolgreich war der Film an den Kinokassen, Teile davon wurden auch durch die Bank weg gelobt. Doch die obligatorische Wendung zum Schluss, die sorgte bei vielen für Empörung, gar Wut, alternativ auch für herzhaftes Gelächter.
Ein kontroverser Twist
Tatsächlich ist der Twist dieses Mal ausgesprochen zwiespältig. Wenig glücklich ist beispielsweise, dass ein Teil davon so früh verraten wird, dass er im Anschluss der Spannung schadet. Wer bereits das Geheimnis des Waldes kennt, der braucht darin nicht mehr im dem Maße Angst zu haben, die durch die anfängliche Mystery-Stimmung erzeugt wird – die Angst vor dem Unbekannten. Und natürlich ist der Twist völlig an den Haaren herbeigezogen, weshalb es nur zu verständlich ist, wenn das Publikum sich damals veralbert vorkam. Auch wenn kaum jemand im Kinosaal gesessen haben dürfte, der nicht irgendwie davon ausgegangen ist, dass alles ganz anders ist. Eine derartige 180-Grad-Drehung hatte dann wohl doch niemand auf dem Plan.
Das größte Problem ist dabei die Erwartung, die zum einen das Marketing erzeugte, die aber auch der Film selbst erzeugte. Ein neuer Horrorfilm von Shyamalan sollte das sein, so wurde gesagt. Und anfangs entspricht The Village – Das Dorf auch dieser Erwartung. Der Film erfüllt diese Erwartung sogar ausgesprochen gut, wenn der Regisseur genau weiß, wie er was in Szene zu setzen hat, und dabei von einem überaus talentierten Team unterstützt wird. Das ungewöhnliche Sound Design, das es einem eiskalt den Rücken hinunterlaufen lässt, die wunderbaren Bilder von Oscar-Preisträger Roger Deakins (Blade Runner 2049, 1917), dazu das beeindruckende Spiel mit den Farbkontrasten. Wenn dann auch noch die Unaussprechlichen ins Spiel kommen, grotesk und bedrohlich, dann wähnt man sich im siebten Genrehimmel.
Der Schmerz inmitten des Horrors
Dabei geht es in The Village – Das Dorf gar nicht um diese Wesen. Vielmehr rückt Shyamalan die Einwohner und Einwohnerinnen in den Mittelpunkt. Von denen gibt es natürlich jede Menge, weshalb trotz überaus prominenter Besetzung viele zu kurz kommen. Eine Zeit lang rückt das Dreieck um Lucius, Ivy und Noah in den Fokus, auch das Verhältnis zwischen der Jugend und den Erwachsenen kommt mal vor. Sehr viel wichtiger als die Individuen ist aber das Kollektiv und damit einhergehende Fragen etwa zur Verantwortung oder auch der Einhaltung von Regeln. Wie wäge ich Selbstentfaltung und Rücksicht auf andere ab? Und natürlich darf man hier auch darüber nachdenken, ob man sich einer äußeren Gefahr unterordnen sollte, sich dieser überhaupt dauerhaft entziehen kann.
Am stärksten ist The Village – Das Dorf, wenn man sich von vornherein nicht den Genreerwartungen hingibt, sondern den Film eher als ein universelles Drama rund um Verantwortung und Verdrängung, aber auch um Trauer und Trauma ansieht. Die Kombination dieser Themen mit einem Horrorgewand ist ungewöhnlich, vielleicht auch nicht bis ins Detail geglückt. Aber es ist ein interessantes Experiment, welches dem Publikum einen völlig anderen Film aufzwängt, als es sehen wollte – was man entweder als dumm oder mutig ansehen kann. So oder so ist die märchenhaft-melancholische Geschichte um eine abgelegene Gemeinschaft besser als sein Ruf und besser als so manches Werk, welches einem Shyamalan im Anschluss so zugemutet hat.
OT: „The Village“
Land: USA
Jahr: 2004
Regie: M. Night Shyamalan
Drehbuch: M. Night Shyamalan
Musik: James Newton Howard
Kamera: Roger Deakins
Besetzung: Joaquin Phoenix, Adrien Brody, Bryce Dallas Howard, William Hurt, Sigourney Weaver, Brendan Gleeson
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 2005 | Beste Musik | James Newton Howard | Nominierung |
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