Als Leo (Mark Wahlberg) auf Bewährung aus dem Gefängnis kommt, steht für ihn fest: Jetzt soll alles anders werden! Doch einfach wird das nicht, er braucht dringend Geld, auch um seine kranke Mutter (Ellen Burstyn) unterstützen zu können. Auf Anraten von seiner Cousine Erica (Charlize Theron) versucht er sein Glück bei ihrem Stiefvater Frank (James Caan), der sich einen Namen in der korrupten, unbarmherzigen Baubranche gemacht hat. Ericas Freund Willie (Joaquin Phoenix), der ebenfalls für Frank arbeitet, führt Leo in die Methoden ein, vor allem die kriminellen. Als er ihn mit zu einem Werk der Konkurrenz fährt, das sabotiert werden soll, kommt es zu einem schwerwiegenden Zwischenfall …
Die Filme von James Gray behandeln oft in der einen oder anderen Form das Thema der Suche. Zuletzt zeigte er in Ad Astra – Zu den Sternen einen Mann, der in den Weiten des Alls seinen verstorben geglaubten Vater suchte, was mit einer Reihe existentieller Fragen einhergeht. Davor schickte er in Die versunkene Stadt Z eine Expeditionsgruppe los, die im unerforschten Dschungel eine sagenumwobene Zivilisation zu finden hoffte. Davor sprach er in The Immigrant von zwei polnischen Schwestern, die im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ein neues Leben erhofften. Erfolgreich sind diese Suchen nur selten, am Ende wartet meist nur das Unglück und Enttäuschung.
Das unvermeidliche Verbrechen
Bei The Yards – Im Hinterhof der Macht, dem zweiten Werk des US-amerikanischen Filmemachers war das ganz ähnlich. Dort war es ein junger Mann aus eher schwierigen Verhältnissen, der für sich selbst, aber auch seine Mutter ein besserer Mensch werden wollte und nach einem Ausweg suchte. Bei der Vorgeschichte hält sich Gray, der zusammen mit Matt Reeves (Cloverfield) das Drehbuch schrieb, eher bedeckt. Warum Leo im Knast saß, wird nicht ganz deutlich. Es wird lediglich angedeutet, dass er für jemand anderen hineingegangen ist, womit schon nach den ersten Minuten deutlich wird: Seine Welt ist die des Verbrechens, selbst wenn er keines begeht.
Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit und des Fatalismus wird auch die Branche von Frank und Willie vermittelt. Während die Filmgeschichte natürlich vollgestopft ist mit korrupten, skrupellosen Unternehmern, vermeidet es The Yards, Frank als einen eindeutigen Schurken zu positionieren. Er ist vielmehr Teil eines Systems, in dem Gesetze nicht nur gebrochen werden, sie müssen sogar gebrochen werden, da selbst die offiziellen Stellen Teil des Geschäfts sind. Hier heißt es also mitprügeln, sonst gehst du unweigerlich unter. Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet der eine Mann, der sich dagegen entscheidet und die Regeln einhalten will, einen hohen Preis dafür zu zahlen hat. Strahlende Helden, die über das Böse triumphieren, die gibt es hier nicht.
Es ist dunkel hier …
Der Inhalt wird von entsprechenden Bildern begleitet, die – wenig subtil – die Dunkelheit der Figuren ausdrücken sollen. Wo andere Krimis in den Verbrechern noch den Glamour entdecken, voller Faszination deren Machenschaften zeigen, da ist The Yards deutlich distanzierter. Selbst die Szenen, in denen es tatsächlich zur Sache geht, aus der impliziten Gefahr eine sehr konkrete wird, gibt es wenig zu sehen, so als wären wir nur zufällig da. Der Film richtet sich daher nicht an Leute, die große Action erwarten und eine hohe Spannungskurve. Die einzige Spannung besteht darin, wer hier alles mit in den Abgrund gerissen wird, ob es vielleicht dem einen oder anderen noch gelingt, der unweigerlichen Katastrophe zu entkommen.
Das ist ausgesprochen hochkarätig besetzt, auch wenn der Film dem Ensemble nur wenig Möglichkeit zum Glänzen gibt. Am meisten sticht noch Joaquin Phoenix hervor, dessen Willie noch am stärksten dem Bild des Antagonisten entspricht. Doch auch diese Figur, erfüllt von Wut und einer Sehnsucht, ist in einer Suche gefangen, die vielleicht ein Ende, aber keine Erlösung verspricht. Und so bleibt sein gewalterfüllter Kampf um eine eigene Position in Erinnerung, während die anderen zusehend in den Schatten verschwinden, weil ihnen Gray nicht mehr Raum zugesteht. Weil sie wie Leo schon so lange in diesem Zwielicht herumirren, dass kaum mehr etwas nach außen dringt, dieser traurig in die Dunkelheit starrt, ohne eine Miene zu verziehen. Viel ist das nicht, vielleicht auch nicht genug, weshalb der Film trotz des berühmten Ensembles nur wenig Bekanntheit genießt. Aber sie ist nicht ohne Momente, diese Mischung aus Melancholie und Gier, aus Leben und Dahinsiechen.
OT: „The Yards“
Land: USA
Jahr: 2000
Regie: James Gray
Drehbuch: James Gray, Matt Reeves
Musik: Howard Shore
Kamera: Harris Savides
Besetzung: Mark Wahlberg, Joaquin Phoenix, Charlize Theron, Faye Dunaway, Ellen Burstyn, James Caan
Cannes 2000
Toronto International Film Festival 2000
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