Igor (Oleg Chugunov) ist alles andere als glücklich darüber, wie sein Leben derzeit läuft. Schlimm genug, dass sein Vater (Aleksey Rozin) bereits eine neue Frau (Maryana Spivak) hat und sie alle zusammen wohnen müssen. Aber dann kommt auch noch ein Kindermädchen (Svetlana Ustinova) ins Haus, von dem er sicher ist, dass da irgendwas nicht mit ihr stimmt. Immer wieder macht er eigenartige Beobachtungen, ist irgendwann davon überzeugt, dass sie es auf Igors kleine Schwester abgesehen hat. Glauben will ihm dabei jedoch niemand, weshalb es nun an ihm, Dasha (Glafira Golubeva) und Anton (Artyom Zhigulin) liegt, die Bedrohung noch irgendwie abzuwenden …
Und der nächste Genrebeitrag aus Russland, der seinen Weg zu uns findet. Nachdem zuletzt vor allem die Science-Fiction-Fraktion auf ihre Kosten kamen, mit den durchaus sehenswerten Vertretern Attraction 2: Invasion und Coma, gibt es nun einen Abstecher in die Horrorgefilde. Dort haben hiesige Verleihe in den letzten Jahren schon mehrfach herumgestöbert und dabei Titel wie zuletzt Quiet Comes the Dawn mitgebracht. Die großen Erfolge waren jedoch nicht dabei, trotz vereinzelt netter Einfälle, die Russen tun sich ein wenig schwer damit, einem erfahrenes Publikum das Fürchten zu lehren.
Wenig legendäre Inszenierung einer Legende
Leider endet auch der neueste Versuch Baba Yaga eher ernüchternd. Dabei waren die Voraussetzungen dieses Mal eigentlich recht vielversprechend. Die hexenähnliche Titelfigur dürfte dem einen oder anderen geläufig sein, wurde sie doch schon mehrfach in Filmen verewigt – etwa in Don’t Knock Twice. Die vielen Legenden und Mythen, die sich um die meist alte Frau mit magischen Fähigkeiten ranken, geben auf jeden Fall genügend Stoff für einen ansehnlichen Horrorfilm. Mit denen hat das hier aber nur bedingt etwas zu tun. Vielmehr ist vieles, was hier zusammengetragen wurde, so generisch, dass die Geschichte um ein unheimliches Kindermädchen immer wieder in der Belanglosigkeit verschwindet.
Vor allem die Anläufe von Regisseur Svyatoslav Podgaevskiy, Spannung und Furcht zu erzeugen, enden in den immer gleichen Tricks. Da gehen mal Türen wie von Geisterhand auf, es knarrt irgendwo, obwohl kein Mensch zu sehen ist, dazu gesellen sich Jump Scares, wie man sie in jeder billigen Blumhouse-Produktion findet. Das ist auch deshalb enttäuschend, weil Podgaevskiy durchaus erfahren ist, sowohl in Hinblick auf das Horrorgenre wie auch das Sujet. Nach Werken wie Der Fluch der Hexe – Queen of Spades und The Bride sollte man meinen, dass ihm mehr Mittel zur Verfügung stehen als absoluten Genreanfängern. Er vielleicht auch mal die Ambition entwickelt, mehr zu tun, als nur das Standardprogramm abzuspulen.
Unterhaltung am roten Faden
Wenn überhaupt, dann ist es die Optik, welche dem Film noch ein eigenes Flair verleiht. Zum einen hat Baba Yaga aufgrund der Farbgebung oder auch des Neubausiedlung-Settings wegen, das immer nach Computersimulation aussieht, eine sehr künstliche Note. Das ist normalerweise eigentlich ein dickes Manko, verstärkt hier aber zumindest den Eindruck, nie ganz in der Realität zu sein. Vor allem aber ein paar Einfälle rund um die Hexe selbst können sich sehen lassen. Das kann mal die Gestalt betreffen, dann wieder das Zuhause der schrecklichen Dame oder auch der exzessive Einsatz roter Fäden, der sich bereits auf dem Cover andeutet. Das ergibt zwar oftmals keinen Sinn, sieht aber eigenartig genug aus, um trotzdem hinschauen zu wollen.
Umso bedauerlicher ist, dass der zwar nicht immer gelungenen, aber doch irgendwo interessanten Verpackung kein gleichwertiger inhaltlicher Ansatz vergönnt ist. Die Geschichte um drei Kinder, die es allein mit dem Bösen aufnehmen und dabei Unterstützung durch einen Sonderling finden, der als einziger weiß, was wirklich gespielt wird, die lässt leider das märchenhafte Flair der Vorlage vermissen. Stattdessen gibt es hausgemachtes Drama, das direkt dem Klischeebuch entnommen wurde oder auch mal urplötzlich hereinbricht, ohne dass sich jemand groß drum kümmern würde. Das ist dann zwar auch nicht schlechter als das, was einem aus dem Westen in dem Genre so zugemutet wird. Aber es reicht eben nicht aus, um hierzulande außerhalb einer sehr kleinen Nische wirkliche Resonanz erhoffen zu dürfen.
OT: „Yaga. Koshmar tyomnogo lesa“
Land: Russland
Jahr: 2019
Regie: Svyatoslav Podgaevskiy
Drehbuch: Natalya Dubovaya, Ivan Kapitonov, Svyatoslav Podgaevskiy
Musik: Nick Skachkov
Kamera: Anton Zenkovich
Besetzung: Oleg Chugunov, Glafira Golubeva, Artyom Zhigulin, Svetlana Ustinova, Aleksey Rozin, Maryana Spivak
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