Aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage ist die Lage in der Großstadt City sehr angespannt. Während der unter hohem finanziellen Druck stehende Karfioltrust versucht, in dem wohlhabenden Geschäftsmann und Politiker Dogsborough (Martin Flörchinger) einen Verbündeten zu finden, versucht zugleich der Gangsterboss Arturo Ui (Ekkehard Schall) an Einfluss in der Stadt zu gewinnen, womit er allerdings bislang scheiterte. Schließlich verwickelt der Trust über eine List Dogsborough in seine Pläne, was letztlich dazu führt, dass er wie auch der Trust städtische Gelder veruntreut. Als Ui davon erfährt, sieht er seine Stunde gekommen, bietet abermals seine Hilfe an, unter der Bedingung, Dogsborough solle sich für ihn stark machen und ihm zu mehr Einfluss verhelfen. Nun steht dem Aufstieg des Gangsters nichts mehr im Wege, denn während er sich der Unterstützung des gebrechlichen Dogsborough sicher sein kann, bringt er schon bald den Gemüsehandel unter seine Gewalt. Jeder, der sich gegen ihn richtet, wird von ihm und seinen Gefolgsmännern mundtot gemacht. Doch schon bald ist Ui der Gemüsehandel nicht mehr genug, er will mehr Macht.
Die Mechanismen eines Aufstiegs
Nach dem von den Nationalsozialisten initiierten Reichstagsbrand mussten viele Deutsche aus ihrer Heimat fliehen, besonders solche, welche wie der Dramatiker Bertolt Brecht offen den Kommunismus vertraten. So war Brecht gezwungen, viele seiner heute sehr bekannten Stücke im Asyl und damit für die Schublade zu schreiben, ohne die Sicherheit, diese würden je auf der Bühne aufgeführt werden. Erst in den späten 50er Jahren wurde Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui zum ersten Mal aufgeführt, wobei vor allem Aufführungen wie die des Berliner Ensembles zu den bekanntesten zählen. Anlässlich der letzten Vorstellung zeichnete das Staatsfernsehen der DDR diese auf und man kann sich als heutiger Zuschauer nicht nur vom Ideenreichtum der Inszenierung überzeugen, sondern auch von der Aktualität eines der berühmtesten Dramen Brechts.
In den letzten Zeilen des Stücks heißt es „Der Schoß ist fruchtbar, aus dem das kroch.“ Mit dem für Brecht typischen offenen Ende wird der Zuschauer im Theater oder jetzt eben am Fernseher wieder in die wirkliche Welt entlassen, doch etwas hat sich verändert, zumindest hofft man das. Die sehr offensichtliche Parabel auf den Aufstieg Adolf Hitlers, die zudem Parallelen zu Gangsterfiguren wie einem Al Capone aufweist und wie dieser nach und nach seinen eigenen Machtbereich erweiterte, ist mitnichten eine Art Nacherzählung, sondern eine Anklage an die, welche diesen Aufstieg stillschweigend miterlebt haben. In gewisser Weise sind dies auch die Zuschauer.
Auch wenn die Ideologie hinter dem Stück wie auch der Inszenierung Manfred Wekwerths und Peter Paliztschs sehr deutlich hervortritt, so kommt man nicht umhin, die klare Beobachtung des Stücks zu bewundern und beängstigend zu finden. Dazu sind Figuren wie jene Vertreter der Karfioltrusts zu sehr an jenen Schlag opportunistischer Industrieller und Unternehmer angelehnt, als dass man nicht auch zu der heutigen Zeit eine Parallele sehen könnte. Schade, dass die Fernsehaufzeichnung durch beständige Geschichtstafeln die Parabelhaftigkeit der Inszenierung aufzeigt. Doch das wäre innerhalb des DDR-Apparats sicherlich nicht erwünscht gewesen.
Die Logik des Agitators
Als Arturo Ui brilliert Ekkehard Schall in einer Darstellung, die nicht nur bisweilen in ihrer Körperlichkeit an Charlie Chaplin in Der große Diktator erinnert, sondern die Verwandlung eines unscheinbaren, ängstlichen Mannes zeigt, der durch beständige Arbeit an sich zu einem Menschenfänger wird. Auf der einen Seite Witzfigur, doch andererseits eiskalter Machtmensch, der, einmal an der Macht, bereit ist über Leichen zu gehen, wenn es seiner Sache dient. Eine alleine vom Unterhaltungswert sehr schöne Szene ist das Rhetorik- und Bewegungstraining, welches Ui bei einem Schauspieler nimmt und dabei, zum Zwecke der Übung, eine Rede Ciceros vorliest.
OT: „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“
Land: DDR
Jahr: 1974
Regie: Manfred Wekwerth, Peter Palitzsch
Vorlage: Bertolt Brecht
Musik: Hans-Dieter Hosalla
Kamera: Siegfrid Peters, Wolfgang Genth, Peter Paul Kloß, Aneglika Szostak, Wolfram Beyer
Besetzung: Ekkehard Schall, Dieter Knaup, Peter Kalisch, Achim Petry, Victor Deiß, Martin Flörchinger
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