Eigentlich hatte Domino (Keira Knightley) immer alles, was sie zum Leben braucht, wuchs sie doch in einer äußerst privilegierten Familie auf. Glücklich machte sie das aber nicht, ebenso wenig ihre Versuche, als Model eine eigene Existenz aufzubauen. Erst als sie sich einer Kopfgeldtruppe anschließt und sich Ed Moseby (Mickey Rourke) ihrer annimmt, fühlt sie sich endlich zu Hause. Langweilig wird es ihr dort auf jeden Fall nicht. Nicht allein, dass sie und die anderen in eine riesige Gaunerei hineingezogen werden, auch TV-Produzent Mark Heiss (Christopher Walken), der sie und die Kollegen unbedingt in einer Reality Show haben will, bringt mächtig viel durcheinander …
Das Leben erzählt manchmal die eigenartigsten Geschichten. Doch das bedeutet nicht, dass diese in den richtigen Händen nicht noch eigenartiger werden können. Das beste Beispiel, oder auch das schlimmste Beispiel: Domino – Live Fast, Die Young. Das Grundszenario, dass die Tochter eines bekannten Schauspielers als Kopfgeldjägerin arbeitet, das war nicht von schlechten Eltern. Die ersten beiden Drehbücher, die auf dem Leben der realen Domino Harvey basierten, lehnte Regisseur Tony Scott, der sich die Filmrecht von ihr besorgt hatte, aber ab. Zu konventionell. Also heuerte er Richard Kelly an, der so ziemlich das Gegenteil von konventionell im Sinn hatte. Sofern er überhaupt etwas im Sinn hatte.
Irre Mischung
Das ist nicht die ganz große Überraschung. Der US-Amerikaner war schließlich durch Donnie Darko bekannt geworden, einem kultigen, surrealen Mystery-Thriller. Eine dauerhafte Karriere wurde aus diesem Überraschungshit nicht, schon der folgende Film Southland Tales, eine bizarre Mischung aus Komödie, Science-Fiction und Thriller, war so abgefahren, dass selbst die vielen darin auftretenden Stars nichts mehr ausrichten konnten und das Werk böse floppte. Der Film erschien zwar erst nach Domino – Live Fast, Die Young. Scott hatte das Drehbuch dazu aber bereits gelesen und gab ganz angetan hiervon Kelly den Auftrag, eine eigene Fassung der Kopfgeldjägerin zu entwerfen.
Und eigen ist es definitiv, was er da abgeliefert hat. Ein Teil der Geschichte würde dabei zwar prinzipiell als regulärer Heist Movie durchgehen, wenn die Figuren auf der Jagd nach dem großen Geld sind. Solche Filme sind bekanntlich oft ein wenig überladen, wenn sich die Charaktere die unglaublichsten Pläne einfallen lassen, um an ihr Ziel zu kommen. Domino – Live Fast, Die Young geht aber noch weit über das hinaus, was hier so üblich ist, indem gleich mehrere Parteien an der Geschichte beteiligt sind und Scott auf eine klar erkennbare Chronologie der Ereignisse verzichtet. Dass ein solcher Coup in Rückblicken aufgearbeitet wird, ist dabei nicht mal das Problem. Guy Ritchie machte zudem dieses Jahr mit The Gentlemen vor, dass man dabei auch gern mehrfach auf der Zeitachse hin und her springen kann, um dabei neue Perspektiven zu eröffnen.
Und was genau sollte das jetzt?
Problematisch wird es aber, wenn diese Sprünge zu keinem erkennbaren Ziel führen. Wenn die Szenen für sich genommen schon kaum Sinn ergeben. Es wird dann auch nie ganz klar, was genau Domino – Live Fast, Die Young eigentlich sein sollte. Die Verknüpfungen mit dem Showgeschäft, dem die Titelheldin entkommen ist, nur um dann über Umwege doch noch dort zu landen, die lassen eigentlich eine Satire vermuten. Der Film ist auch nicht frei von Humor, Scott hatte sichtlich Spaß dabei, die Geschichte völlig over the top zu gestalten, immer wieder die Ereignisse überschlagen zu lassen. Das hat aber seinen Preis. Dass er dabei vielleicht ein bisschen weit gegangen ist, das gab er später selbst zu, sein Filme hätte ein bisschen mehr Ruhephasen gebraucht, sagte er im Nachhinein. So könnte man es natürlich auch ausdrücken.
Andererseits macht die Hektik gewissermaßen auch den Reiz aus, lenkt zudem davon ab, wie irre und bescheuert das hier alles ist. Denn über das, was in Domino – Live Fast, Die Young geschieht, soll man nicht nachdenken, kann es nicht wirklich. Der Film ist mit schnellen Schnitten, selbstironischen Einschüben und ein bisschen Meta-Gaga ein Fall für ein Publikum, das sich gerne beim Anschauen überwältigen lässt. Das kann in kleinen Dosen auch Spaß machen, sofern man in der Stimmung hierfür ist. Auf zwei Stunden ausgedehnt ist die Anhäufung aber doch recht anstrengend. Was als cooles Feuerwerk gedacht ist, stellt sich eher als konzeptloser Trip heraus, der zwar keinen Regeln folgt, deswegen aber noch nicht subversiv ist. Da hätte sich Kelly dann doch mehr Gedanken machen müssen, anstatt nur den Zufallsgenerator mit Drogen zu füllen.
OT: „Domino“
Land: UK, Frankreich, USA
Jahr: 2005
Regie: Tony Scott
Drehbuch: Richard Kelly
Musik: Harry Gregson-Williams
Kamera: Dan Mindel
Besetzung: Keira Knightley, Mickey Rourke, Édgar Ramírez, Delroy Lindo, Mena Suvari, Lucy Liu, Christopher Walken
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