Darauf hätte Elpida (Stela Fyrogeni) nun wirklich verzichten können: die Menopause. Immer wieder hat sie mit Hitzewallungen zu kämpfen und anderen unliebsamen Folgen der hormonellen Veränderungen in ihrem Körper. Doch was ihr eigentlich zu schaffen macht, das ist der Alltag mit ihrem Ehemann Costas (Andreas Vassiliou). Der ist mit den Jahren nicht sanftmütiger geworden, unterdrückt Elpida, wann auch immer es ihm gerade passt. Eine Frau ist schließlich dafür da, um dem Mann zu gehorchen und zu dienen. Als dann auch noch ein junger Kerl auftaucht, um Malerarbeiten am Haus durchzuführen, steht mehr denn je für sie die Frage an, was sie eigentlich mit ihrem Leben noch anfangen soll …
Elpida ist keine Frau der großen Worte. Minuten dauert es, bis sie in Pause mal etwas sagt, wir ein Zeichen entdecken dafür, dass da etwas vor sich geht in der Protagonistin. Zuvor gibt es nur die männliche Sicht, das männliche Wort: Wenn zu Beginn des Films ein Arzt anteilslos die Symptome runterbetet, die eine Menopause so mit sich bringen kann, dann wird bereits vorgegeben, worauf sich das Publikum hier einzustellen hat. Eine Entscheidungsfreiheit der Frau ist nicht vorgesehen, nicht hier, nicht in dieser Gesellschaft, nicht bei diesen Männern, die sogar vorgeben, was mit dem Körper einer Frau geschieht. Frauen, das sind Objekte, selbst dann noch, wenn sie in die Jahre kommen und nicht mehr wirklich funktionieren.
Die Frau, das eingesperrte Tier
Elpida kämpft nicht dagegen an, gegen diese Objektifizierung, die das Leben an der Seite eines Despoten für sie mitbringt. Sie ist es gewohnt, nach den vielen Jahren der Ehe, die ihr nie Glück brachten, Anerkennung – oder wenigstens Zuneigung. Sie ist wie der Papagei, den Costas so sehr liebt und den Elpida in einer Szene aus seinem Käfig befreien will, in einer Mischung aus Verständnis und Rache. Doch der Papagei will nicht, kann nicht. So wie auch Elpida es nicht kann, obwohl sie das Tier geradezu anfleht davonzufliegen, wenn sie es schon nicht kann. Dabei gäbe es durchaus Wege, all das hinter sich zu lassen, Alternativen zu dem traurigen Alltag: Auftritt Eleftheria (Popi Avraam), eine lustige Witwe, die nebenan wohnt und ihr Leben zelebriert. Die immer wieder versucht, die Gefangene zu motivieren.
Der leise Frust und das Unverständnis, das Eleftheria angesichts der beratungsrenitenten Freundin aufzeigt, dürfte vielen im Publikum aus dem Herzen sprechen. Pause zeigt einen Patriarchen aus dem Bilderbuch, widerwärtig und weinerlich, mit dem man freiwillig nicht einmal den Aufzug teilen würde, geschweige denn das Leben. Regisseurin und Drehbuchautorin Tonia Mishiali versucht an der Stelle auch nicht, irgendwo etwas zu beschönigen, ihm anderweitige Vorzüge mitzugeben, welche die tagtägliche Hölle etwas erträglicher machen. Tradition und finanzielle Abhängigkeit, das sind die einzigen, nicht einmal besonders guten, Argumente für den Status Quo.
Zusammen und doch allein
Mishiali sieht diesem unwürdigen Treiben zu, schildert detailliert, meist ohne großes Drama, wie traditionelle Rollenbilder zu absurden Lebenskonstellationen führen: Beide sitzen sie da, schauen auf ihre Fernseher in getrennten Zimmern, er den großen auf seiner gemütlichen Couch, sie auf den kleinen, im weniger gemütlichen Umfeld. Ein Symbol für die Distanz zwischen den beiden und das Machtgefälle. Nur in ihrer Fantasie kann sie dies ändern, Gleichheit herstellen, fängt an sich zu wehren, sich zu rächen, sich einen Teil des Lebens zu nehmen, der ihr zustehen sollte. Mal sind diese Fantasien eindeutig als solche zu erkennen, mal ist man sich nicht ganz sicher: Pause ist ein Film über eine Übergangsphase, der selbst auch Grenzen verschwimmen lässt, sich manchmal einem Psychothriller annähert.
Da liegen Genugtuung und Verzweiflung eng beieinander, ebenso Spannung und Eintönigkeit: Pause ist kein Film für ein Publikum, das viel Handlung braucht. Die Fantasien werden im Laufe der rund anderthalb Stunden zwar stärker, ansonsten gibt es jedoch kaum Entwicklung. Es passiert auch nicht allzu viel. Immer wieder gibt es Anlass zur Hoffnung, wofür symbolisch auch der Name der Protagonistin steht, blinkt die Chance in der Trübnis auf. Doch das Drama erzählt vom Warten und dem Sehnen, weniger dem tatsächlichen Tun. Das klingt nicht nach viel und geht einem doch nahe, auch wegen der sehr guten Leistungen des Ensembles, welche die Details einer freudlosen Ehe so sehr herausarbeitet, dass einem im Gegensatz zu Elpida ganz kalt wird.
OT: „Pafsi“
Land: Zypern, Griechenland
Jahr: 2018
Regie: Tonia Mishiali
Drehbuch: Tonia Mishiali
Musik: Julian Scherle
Kamera: Yorgos Rahmatoulin
Besetzung: Stela Fyrogeni, Andreas Vassiliou, Popi Avraam
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