Als der Maler Vincent van Gogh (Jacques Dutronc) am Bahnhof von Auvers-sur-Oise ankommt, einem Dorf mitten auf dem Land im Norden Frankreichs, erhofft er sich Erholung. Aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit, seiner Depressionen und der starken Migräneattacken hatte man ihm einen Aufenthalt auf dem Land verschrieben, doch die schiere Schönheit der Landschaft lässt den Künstler nicht untätig sein. Sein Arzt, der kunstbegeisterte Gachet (Gérard Séty), sieht zwar mit Wohlgefallen, dass sein neuer Patient weiterhin arbeitet, doch mahnt er Vincent auch zur Ruhe. Auch Vincents Bruder Theo (Bernard Le Coq) schließt sich den Ermahnungen des Mediziners an, hat er doch ein schlechtes Gewissen, das es seinem Bruder so schlecht geht. Neben der schönen Landschaft und deren Bewohner ist es vor allem Gachets Tochter Marguerite (Alexandra London), für die sich Vincent interessiert, zunächst jedoch nur als Modell. Neugierig und fasziniert fragt sie den Maler aus über sein Leben und seine Kunst, bis sich beide schließlich ineinander verlieben. Doch auch diese Beziehung kann Vincent nicht vor seinen Depressionen kurieren, die immer wieder die Oberhand gewinnen.
Die Schwierigkeit, Wasser zu malen
Bereits zu Anfang seiner Karriere in den 1960er Jahren drehte der französische Regisseur Maurice Pialat einen Kurzfilm über das Leben Vincent van Goghs. Insbesondere die letzten Monate im Leben des Malers und die zahlreichen Werke aus dieser Zeit bilden das Fundament der Geschichte, auch auf visueller Ebene. Mit Vincent van Gogh ist dabei nicht nur ein Werk von einnehmender visueller Schönheit entstanden, sondern eines, welches die Rolle des Künstlers in der Welt beleuchtet, jenes Verhältnisses, was nicht immer unproblematisch ist und im Falle van Goghs zu großem Unglück führte.
Viele Szenen in dem dicht erzählten Film Pialats deuten auf eben dieses Verhältnis des Künstlers zur Welt hin. Auf der einen Seite sieht sich jemand wie Vincent van Gogh als Teil dieser Welt, möchte an ihr teilhaben, sieht sich aber durch sein Dasein als Künstler auch immer wieder mit einer Art Distanz, einer Sonderstellung konfrontiert. In den zahlreichen Dialogen mit der von Alexandra London gespielten Marguerite wird dieses Zwiespalt deutlich fragt diese ihn doch indirekt, wie er die Perspektive des Künstlers mit der des Menschen vereinbaren kann. Ihre Verärgerung mit seiner Darstellung ihrer Person auf einem Bild spielt an darauf, wie der Künstler die Welt sieht von der Position des Beobachters und eines Schöpfers dieser neuen Welt, die nur er sieht.
Interessant und clever in die Geschichte integriert sind solche Dialoge, beispielsweise über die Schwierigkeit, Wasser zu malen. Auf die Frage hin, warum er immer nur Personen und Landschaften male und nie den Ozean oder einen See, erwidert Vincent, Wasser wäre ihm nicht eindeutig genug, zu unruhig und zu angespannt. Die sich verändernde Natur des Wassers passt nicht in das ewige Präsens des Porträts, dem Willen eine stetige Gegenwart darzustellen, aber auch in die Einsicht, dass man das Leben als solches nur in Momenten erfassen kann. In diesen Dialogen spiegelt sich das Dilemma des Künstlers wider, das Fundament eines Konflikts, der tief im Wesen des Künstlers an diesem nagt.
Der Künstler und die Welt
Mag man auch die etwas träge Erzählweise des Films bemängeln, so überzeugt in jeder Szene vor allem Jacques Dutronc in der Rolle Vincent van Goghs. Dutronc zeigt die Liebe des Künstlers für seine Kunst und die Welt in ihr, sein Drang zur Perfektion, die immer wieder energischen Handbewegungen über die Leinwand, die Linien bilden und Formen erzeugen. Dann ist da aber auch die dunkel-melancholische Seite, wenn sich dieser Drang zur Perfektion oder das Unglück über die eigene Erfolglosigkeit in der Mimik und den Bewegungen des Malers widerspiegelt.
OT: „Van Gogh“
Land: Frankreich
Jahr: 1991
Regie: Maurice Pialat
Drehbuch: Maurice Pialat
Musik: A. Bernot, J. M. Borget, J. Dutronc, P. Revedy
Kamera: Gilles Henry, Emmanuel Machuel
Besetzung: Jacques Dutronc, Alexandra London, Bernard Le Coq, Gérard Séty, Elsa Zylberstein
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
César | 1992 | Bester Film | Nominierung | |
Beste Regie | Maurice Pialat | Nominierung | ||
Bestes Drehbuch | Maurice Pialat | Nominierung | ||
Bester Hauptdarsteller | Jacques Dutronc | Sieg | ||
Bester Nebendarsteller | Bernard Le Coq | Nominierung | ||
Bester Nebendarsteller | Gérard Séty | Nominierung | ||
Beste Nachwuchsdarstellerin | Alexandra London | Nominierung | ||
Beste Nachwuchsdarstellerin | Elsa Zylberstein | Nominierung | ||
Beste Kamera | Gilles Henry, Emmanuel Machuel | Nominierung | ||
Beste Kostüme | Édith Vespérini | Nominierung | ||
Bestes Szenenbild | Philippe Pallut | Nominierung | ||
Bester Ton | Jean-Pierre Duret, François Groult | Nominierung |
Cannes 1991
International Film Festival Rotterdam 1992
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