Year of the Horse
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Year of the Horse

Kritik

Year of the Horse
„Year of the Horse“ // Deutschland-Start: 26. Juli 2001 (Kino) // 18. September 2009 (DVD)

Unabhängig vom Erfolg, von dem man als Band und als Musiker träumt, ist es ein besonderer Moment, wenn eine Gruppe Musizierender auf einmal tatsächlich eine Gruppe bildet, eine Einheit, also wirklich das Kriterium einer Band erfüllt. Was sich für den Außenstehenden vielleicht nebensächlich anhören mag, ist in Wahrheit ein Prozess des Kennenlernens und jahrelangen Übens, der sich nicht nur im Musizieren, sondern auch in Gesprächen, Komponieren und einfach im gemeinsamen Entspannen nach einem Konzert zeigt. Bands wie die Rolling Stones, die auf eine langjährige Karriere zurücksehen können, sind vor allem als diese Einheit stark und überzeugend, was ihre Konzerte auch heute noch, wo die Mitglieder alle im hohen Alter sind, zu wahren Höhepunkten der Musikkunst macht.

Als Filmemacher diese Essenz einer Band einzufangen ist beinahe unmöglich und viele sind bereits daran gescheitert, haben sich nur mit einem Bruchteil zufriedengegeben. Auch der bekannte Independentregisseur Jim Jarmusch muss sich während der Dreharbeiten zu Year of the Horse über die Band Neil Young & Crazy Horse das ein oder andere Mal anhören, was er sich denn erlauben würde, einen Film über etwas zu drehen, dessen Dimensionen sich ihm ohnehin nicht erschließen werden. Jedoch scheint Jarmusch dieses Gesamtbild auch gar nicht anzustreben, fängt stattdessen das Unvollständige, das Improvisierte ein und die Zufälle, die in ihrer Gesamtheit ein Bild dieser vier Männer zeigt, die seit Jahren Musik machen. So ist Year of the Horse, wie auch die Spielfilme Jarmuschs, eine Momentaufnahme aus dem Leben von Menschen und Orten. In diesem Falle erzählt die Musik, die vielen Live-Aufnahmen, welche der Film zeigt, sowieso eine vollständigere Geschichte.

Mit Herz und Seele
Die Zusammenarbeit zwischen Jarmusch und Young begann bereits mit dem Film Dead Man, für den Young den Soundtrack einspielte. Während Youngs 1996er Tour mit dessen Band Crazy Horse begleitete der Filmemacher die Band, interviewte die einzelnen Mitglieder und griff auf diverse Archivaufnahmen zurück, welche die Entwicklung der Band von ihren ersten Auftritten in den 1960ern zeigt bis hin zu einzelnen wichtigen Momenten in ihrer Geschichte, wie dem Tod ihres langjährigen Produzenten David Briggs. Neben dem Film entstand unter dem Titel Year of the Horse auch ein Livealbum der Band.

Begegnet man einem Film wie Year of the Horse mit der Erwartungshaltung einer linear erzählten und strukturierten Musikerdoku, wird man wohl als Zuschauer bitter enttäuscht werden. Getreu dem eigenwilligen Stil seiner Filme, auf inhaltlicher wie auch formaler Ebene, wirken viele der Aufnahmen wie improvisiert oder zufällig, bisweilen so banal, dass man sich ernsthaft fragt, warum Editor Jay Rabinowitz diese überhaupt mit in den fertigen Film übernahm. Hin und wieder gelingen hier besonders schöne und tiefsinnige Momente, beispielsweise, wenn Jarmusch Youngs Vater im Gespräch hat oder sich die Bandmitglieder über das Thema Drogen unterhalten, welche „Schneise der Zerstörung“ diese innerhalb der gemeinsamen Geschichte bereits hinterließen. Größtenteils ertappt man sich als Zuschauer doch immer wieder bei dem Wunsch, man möge etwas mehr von der dynamischen Live-Performance der Band sehen, die in vielerlei Hinsicht das Kernstück des Films ausmachen.

Konzentriert man sich alleine auf diese Aufnahmen zeigen sich viele Qualitäten des Films, der die Themen, die Dunkelheit, die Romantik und das Zärtliche dieser Songs unterstreicht. Besonders in Zusammenhang mit Aspekten wie der gerade erwähnten Drogenproblematik in der Bandgeschichte ergibt sich eine ungemeine emotionale Tiefe in diesen Auftritten, ein Sog, dem man sich als Zuschauer, wie das Publikum zu der Zeit, nicht entziehen kann. Schade, dass dieses Momente so selten sind in diesem allgemein sehr zähen Film.

Credits

OT: „Year of the Horse“
Land: USA
Jahr: 1997
Regie: Jim Jarmusch
Drehbuch: Jim Jarmusch, L. A. Johnson, Steve Onuska, Arthur Rosako
Musik: Neil Young
Kamera: Steve Onuska, Arthur Rosato

Bilder

Trailer

Filmfeste

Toronto International Film Festival 1997
Rotterdam International Film Festival 1998

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„Year of the Horse“ ist eine beschwerliche Musikerdokumentation, die in den Live-Auftritten Neil Youngs mit seiner Band ihre Höhepunkte findet. Abseits davon ist Jarmuschs Vorliebe für das Improvisierte und Banale bisweilen sehr anstrengend.