Katze des Rabbiners Let Chat du rabbin

Die Katze des Rabbiners – Sammelband 2

Kritik

Ein bisschen schade ist es ja schon für die Katze des Rabbiners, dass sie nicht mehr sprechen kann. Denn da wäre so viel über das es sich zu diskutieren lohnte, gerade als der alte Malka mit seinem Löwen vorbeikommt. Aber irgendwie wollen ihn die Menschen nicht mehr verstehen, statt seiner tiefsinnigen Gedanken hören die plötzlich wieder nur noch Miau. Einen Lichtblick gibt es jedoch: der komische Russe, den sie eines Tages in einer Kiste finden und für tot halten. Denn der ist nicht nur quicklebendig, sondern kann sich tatsächlich mit der Katze unterhalten. Und das ist nur der Auftakt von einer aufregenden Reise, die alle in die entferntesten Gegenden Afrikas führt …

Mit Die Katze des Rabbiners landete Joann Sfar, der zuvor eher weniger bekannt war, 2001 einen echten Volltreffer, der später auch als Zeichentrickfilm umgesetzt wurde. Das Konzept eines sprechenden Tieres war zwar an und für sich nicht neu. In seinem Comic nutzte der Franzose diesen Umstand aber nicht, um damit Kinder zu unterhalten. Vielmehr erzählt er eine zwar skurrile Geschichte, die auch vom Humor lebte – die Katze brachte ihr streng gläubiges Herrchen regelmäßig zur Verzweiflung –, dabei aber sehr erwachsen die unterschiedlichsten Themen aufgriff. So setzte sich Sfar beispielsweise mit dem Glauben auseinander, schrieb aber auch über Einsamkeit und die Sehnsucht nach Anerkennung.

Geschichten aus der Beobachterposition
Nach den drei ersten Geschichten, welche der deutsche Sammelband enthielt, gibt es in Band zwei nun zwei weitere. Dass die Titelfigur hier wieder ihre Fähigkeit der Kommunikation eingebüßt hat, ist zunächst vielleicht eine kleine Enttäuschung, da auf diese Weise die verbalen Auseinandersetzungen zwangsläufig fehlen. Zum Ersatz baute Sfar zwar diverse Tiere ein, was aber nur bedingt vergleichbar ist. Andererseits muss man es dem Comic-Zeichner auch anrechnen, dass er sich nicht allein auf das Erfolgsrezept verlassen hat, sondern auf andere Weise versuchte, seine Geschichten zu erzählen. Denn das er was zu erzählen hat, das über die Witze rund um die kuriose Situation hinausgeht, das bewies er hier erneut.

Die erste Geschichte ist dabei klarer umfasst: Das irdische Paradies macht den Kater zu einem Beobachter, während im Mittelpunkt Malka und sein Löwe stehen. An der Stelle treffen Humor und Tragik aufeinander, wenn der alte Mann versucht, noch irgendwie seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, dabei von früher träumt, von großen Taten, die er in seine Erzählungen packt, bei denen sich Wahrheit und Wunsch mitunter stark vermischen. Sfar hat hier eine Ode an das Geschichtenerzählen geschrieben, befasst sich gleichzeitig mit dem Altern und dem allmählichen Zerfall. Selbst eine Form von Sterbehilfe beim Versuch, die Würde zu bewahren, findet in den Gedanken Platz.

Ich glaube, also streite ich
Jerusalem in Afrika, die zweite Geschichte, ist etwa doppelt so lang und bietet entsprechend viel Raum für Inhalt. Teilweise erinnert das wieder stärker an die Geschichten des ersten Sammelbandes, wenn mal wieder hitzige Diskussionen um den richtigen Glauben die Figuren entzweit. Nur dass der Kater hier nach wie vor eher beobachtend dabeisteht, vielmehr sind es zahlreiche Menschen, die sich hier in die Haare bekommen – selbst solche, die derselben Religion folgen. Das kann mal wieder sehr komisch sehr, wird später überraschend hart. Allgemein fehlt diesem ursprünglich fünften Band ein wenig der Fokus, auch wenn die Handlung an sich eine recht harmonische Entwicklung mit sich bringt. Ein Grund sind die vielen Charaktere, die Sfar einbaut, und die zwar viel Dynamik mitbringen, jedoch zu Lasten der Tiefsinnigkeit gehen.

Doch auch wenn der erste Sammelband pointierter war, der zweite steht ihm insgesamt qualitativ kaum nach. Bei den Bildern blieb ohnehin alles beim Alten. Sie wechseln zwischen Kinderkrakel und surrealen Zeichnungen umher, mit einer teils eigenwilligen Farbwahl. Das ist nicht schön im klassischen Sinn, aber doch sehr interessant und ausdrucksstark. Wer die ersten Auftritte der Katze mochte, der wird hier weitere spannende bis schräge Geschichten erleben. Fans erwachsener, nachdenklicher und gleichzeitig schrulliger Comics sollten ohnehin Die Katze des Rabbiners ihr eigen nennen.

Credits

OT: „Le Chat du rabbin“
Land: Frankreich
Jahr: 2005/2006
Text: Joann Sfar
Zeichnungen: Joann Sfar

Kaufen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.



(Anzeige)

Der zweite Band von „Die Katze des Rabbiners“ erzählt zwei weitere Geschichten um den vorlauten Kater. Der wird dieses Mal zwar stärker auf die Beobachterposition verlagert, doch auch ohne sein Zutun gibt es hier erneut eine ganz eigene Mischung aus Humor und Tiefsinnigkeit, wenn hier unter anderem über das Alter und den Glauben sinniert wird.
4