Sein Leben in meiner Gewalt The Offence Sean Connery
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Sein Leben in meiner Gewalt

Kritik

Sein Leben in meiner Gewalt The Offence Sean Connery
„Sein Leben in meiner Gewalt“ // Deutschland-Start: 26. Januar 1973 (Kino) // 25. Juni 2020 (Mediabook)

20 Jahre ist Detective Sergeant Johnson (Sean Connery) mittlerweile schon im Dienst, hat es während seiner Arbeit mit unzähligen Verbrechern zu tun gehabt. Doch als er es mit Kenneth Baxter (Ian Bannen) zu tun bekommt, der eine Reihe von jungen Mädchen brutal missbraucht und ermordet haben soll, stößt auch er an seine Grenzen. Nur, wie konnte es so weit kommen? Was genau ist da vorgefallen in dem Verhörzimmer? Während Detective Superintendent Cartwright (Trevor Howard) versucht, die Wahrheit aus ihm herauszubekommen und die Ereignisse zu rekonstruieren, wird auch Johnson selbst von seinen Erfahrungen und Erinnerungen verfolgt …

Sidney Lumet und Sean Connery, das war schon ein sehr gutes Team damals in den 1960ern und 1970ern. Mehrfach haben der US-amerikanische Regisseur und der schottische Schauspieler zusammengearbeitet, etwa im Antikriegsfilm Ein Haufen toller Hunde (1965) oder dem Krimiklassiker Mord im Orient-Express (1974). Doch nicht alle Kooperationen waren von Erfolg gekrönt. So enttäuschte das 1973 erschienene Sein Leben in meiner Gewalt an den Kinokassen, in mehreren größeren Filmmärkten kam der Thriller nicht einmal auf den Markt. Und das obwohl die Geschichte von John Hopkins stammte, der nicht nur das zugrundeliegende Theaterstück This Story of Yours und das Drehbuch geschrieben hatte, sondern auch Thunderball, einem der frühesten James-Bond-Filme – mit eben Connery.

Ein Held als Schurke
Wer angesichts dieser Konstellation jedoch etwas Vergleichbares erwartete wie den Auftritt des umschwärmten Geheimagenten, der rieb sich verwundert die Augen. Zwar sind sowohl Johnson wie auch der Spion im Auftrag Ihrer Majestät grundsätzlich damit beschäftigt, böse Schurken zu schnappen und dem Recht auf die Sprünge zu helfen. Sie scheuen dabei zudem beide nicht davor zurück, im Zweifelsfall schon mal ein wenig Gewalt anzuwenden. Doch dass die zwei Figuren ansonsten sehr unterschiedlich ticken, das macht der Film schon in den ersten Minuten klar. Tatsächlich war Connery auch deshalb an Sein Leben in meiner Gewalt interessiert, weil es ihm erlaubte, sich von seinem Heldenimage zu lösen.

Das gelingt ihm hier auch hervorragend. Noch bevor er die ersten Worte sagt, man nur sieht, wie er aus dem Verhörzimmer stürmt, zuckt man innerlich schon zusammen – obwohl man gar nicht weiß, worum es überhaupt geht. Es wird auch eine ganze Weile dauern, bis wir eine Antwort erhalten. Hopkins erzählt seine Geschichte in nicht-chronologischer Reihenfolge, beginnt prinzipiell mit dem Ende, nur um dann die Vorgeschichte aufzudröseln. Das tut er teilweise in Form von Erinnerungen, teils durch Gespräche – das Theaterstück bestand überwiegend aus Dialogen –, die nach und nach ein Gesamtbild ergeben. Das ist im Grunde wie in einem Krimi. Der Unterschied: Der Täter wird gleich zu Beginn verraten, die Spurensuche betrifft das „warum“, nicht das „wer“.

Die Suche nach dem Motiv
Das wird nicht unbedingt jedem gefallen. Einer der großen Spannungsfaktoren eines Thrillers – was wird geschehen? – fällt hier nahezu völlig weg, indem der Ausgang vorweggenommen wurde. Hinzu kommt, dass der Film seine Theaterwurzeln nie leugnet, die langen Szenen immer in einem einzigen Raum spielen, es zu keiner eigentlichen Handlung kommt. Es ist nicht einmal so, dass die Frage, ob Baxter nun schuldig war oder nicht, eine große Rolle spielen würde. Der Film lässt das ziemlich offen, degradiert das zur Nebensache. Und doch ist Sein Leben in meiner Gewalt alles andere als langweilig. Die Neugierde lässt einen dabei bleiben, man will schließlich wissen, was genau in dem Verhörzimmer geschehen ist, das wir zu Beginn betreten.

Dabei sind praktisch alle Szenen in dem Psychothriller Duellsituationen. Ob Johnson nun mit seinem Vorgesetzten spricht oder seiner von Vivien Merchant gespielten Ehefrau: Worte werden hier zu Waffen, jede Kommunikation wandelt sich unweigerlich in eine Konfrontation. Das funktioniert deshalb auch so gut, weil Connery seine ganze Körperlichkeit einsetzt, um die in seiner Figur brodelnde Wut und Aggressivität zu verdeutlichen. Der Höhepunkt ist aber die finale Auseinandersetzung zwischen Johnson und Baxter, die ebenfalls ein Duell darstellt, verspielt und brutal. Während der eine dies jedoch durch physische Bedrohungen tut, da verlagert der andere den Kampf auf das Psychologische. Ein ungleicher Kampf eben, der einen als Zuschauer versteinert zurücklässt, während sich immer größere Abgründe vor einem auftun.

Credits

OT: „The Offence“
Land: UK
Jahr: 1973
Regie: Sidney Lumet
Drehbuch: John Hopkins
Vorlage: John Hopkins
Musik: Harrison Birtwistle
Kamera: Gerry Fisher
Besetzung: Sean Connery, Ian Bannen, Trevor Howard, Vivien Merchant

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
BAFTA Awards 1974 Bester Nebendarsteller Ian Bannen Nominierung

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In „Sein Leben in meiner Gewalt“ spielt der sonst auf Heldenrollen abonnierte Sean Connery einen brutalen Polizisten, der einen Verdächtigen zu Tode prügelt. Der Psychothriller ist dabei nicht mit dem „wer“ oder „was“ beschäftigt, sondern dem „warum“. Nach und nach setzt sich hier ein Bild des Grauens zusammen, wenn wir durch Dialoge und Flashbacks erfahren, weshalb das Verhör derart eskalierte.
8
von 10