Sloborn
© ZDF/Krzysztof Wiktor/Stefan Erhard

Sløborn – Staffel 1

Staffel 2 »

Inhalt / Kritik

Sloborn Staffel 1
„Sløborn – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 23. Juli 2020 (TV) // 24. Juli 2020 (DVD/Blu-ray)

Sløborn ist eine gemütliche, kleine Insel in der Nordsee. Manche leben dort, man kennt sich. Manchmal kommen auch Fremde hierher, um Urlaub zu machen, auszuspannen oder Leute in der Krise auf den rechten Pfad zu führen. Evelin Kern (Emily Kusche) würde hingegen am liebsten weg, denn momentan ist ihr alles ein bisschen viel. Ihre Eltern (Wotan Wilke Möhring, Annika Kuhl) streiten sich unentwegt, jetzt soll es sogar zu einer Scheidung kommen. Zwar gibt es da noch ihren Vertrauenslehrer Milan (Marc Benjamin), für den sie große Gefühle hat und dem sie auch schon sehr nahe gekommen ist. Aber hat das wirklich eine Zukunft? Ihre Überlegungen, was sie mit ihrem Leben anfangen soll, werden jedoch jäh unterbrochen, als ein kleines Segelboot an Land gespült wird. Denn darin befindet sich ein totes Ehepaar, das einem gefährlichen und höchst ansteckenden Virus erlegen ist …

Die noch immer grassierende Corona-Pandemie hat natürlich auch im Bereich von Film und Fernsehen tiefe Spuren hinterlassen. Das betrifft die vielen Kinos, die geschlossen werden mussten, und die abgedrehten Hollywood-Blockbuster, bei denen niemand weiß, wann und wo man sie überhaupt noch zeigen kann. Es betrifft die Produktion neuer Titel, was unter diesen Umständen ebenfalls schwierig geworden ist. Und es betrifft auch die Stoffe, welche von dem Publikum konsumiert werden. Der Virus-Thriller Contagion war plötzlich so beliebt wie nie, der südkoreanische Film Pandemie kommt sieben (!) Jahre später in unsere Kinos. Und jetzt auch noch das: Sløborn, eine deutsche Serie, in der die Welt von einem tödlichen Virus überrannt wird.

Von der Realität eingeholt

Geplant war die Serie schon länger, gedreht wurde im letzten Jahr. Dass sie nun ausgerechnet im Corona-Jahr ins Fernsehen kommt, ist reiner Zufall. Ob ein glücklicher oder unglücklicher, darüber kann man sich streiten. Natürlich ist Sløborn, das neueste Werk von Regisseur und Autor Christian Alvart (Freies Land, Steig. Nicht. Aus!), deutlich zugespitzter als das, was wir in den letzten Monaten erlebt haben und weiter erleben werden. Wer schon das Tragen von Masken oder den Verzicht auf gesellige Bierrunden als eine unzumutbare Einschränkung der persönlichen Freiheit empfunden hat, der wird hier vermutlich schon weit vor Schluss abschalten, wenn die Situation so richtig eskaliert und Endzeitstimmung verbreitet wird.

Bis dorthin ist es jedoch ein weiter Weg, den Alvart in erster Linie nutzt, um sich mit seinen Figuren die Zeit zu vertreiben. Evelin ist so etwas wie die Hauptfigur, anhand derer das ganze Drama menschlichen Daseins verdeutlicht wird, von Vernachlässigung über unglückliche Liebe bis zu dem Gefühl einer ganz grundsätzlichen Sinnlosigkeit, die einen als Teenager schon mal befallen kann. Aber sie ist nicht die einzige. An der Schule wird gemobbt, ein ehemaliger Straftäter versucht den Neustart, ein alkoholkranker Autor sucht Inspiration. Und dann wären da noch ein Horde straffälliger Jugendlicher, die zu Resozialisierungszwecken nach Sløborn geschafft werden. Dass ein solches Gemisch gelinde gesagt explosiv ist, das dürfte jedem vor dem Fernseher klar sein. Umso mehr, wenn noch kräftig gezündelt wird.

Blick in die moralischen Abgründe

Anders als bei 8 Tage, eine weitere deutsche Serie, die sich um eine drohende Katastrophe dreht, gibt es hier jedoch relativ wenig moralische Auseinandersetzung. Die Frage, was in einer solchen Ausnahmesituation angemessen ist und wie damit umzugehen ist, wenn Menschen dem Tode geweiht sind, die rückt in den Hintergrund. Stattdessen gibt es zunehmende Hysterie, wenn sich die Ereignisse plötzlich überschlagen, aus Desinteresse und Leugnung Panik wird. Verstärkt wird das dadurch, dass Sløborn auf Helden oder zumindest Vorbilder verzichtet. Stattdessen wird die Insel von Menschen bevölkert oder heimgesucht, die irgendwie instinktiv immer alles falsch machen oder Vergnügen dabei empfinden, anderen das Leben schwer zu machen.

Das ist in der geballten Form schon ein bisschen anstrengend, lädt auch nicht unbedingt dazu ein, hier irgendjemandem die Daumen drücken zu wollen. Spannend ist Sløborn aber schon, auch wegen der realistischen Ausgangslage, mit der wir uns mehr identifizieren können, als uns lieb ist. Der Anblick der Masken, das Gebot körperlicher Distanz, die Unwissenheit, wann Krankheitssymptome auf das Virus, mal auf eine gewöhnliche Krankheit zurückzuführen ist – das ist schon alles realistisch und plausibel gezeichnet. Schön ist zudem, dass die Taubengrippe, so lautet die Krankheit in der Serie, schon frühzeitig immer mal wieder eingebaut wird, in Nachrichten thematisiert, wo sie jedoch von allen ignoriert wird – bis es dann zu spät ist.

Credits

OT: „Sløborn“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Christian Alvart, Adolfo Kolmerer
Drehbuch: Christian Alvart, Erol Yesilkaya, Henner Schulte-Holtey, Siegfried Kamml, Arend Remmers
Musik: Max Filges, Christoph Schauer
Kamera: Christian Alvart, Christian Huck
Besetzung: Emily Kusche, Wotan Wilke Möhring, Alexander Scheer, Roland Møller, Laura Tonke, Annika Kuhl, Adrian Grünewald, Urs Rechn, Marc Benjamin, Tim Bülow, Linda Stockfleth, Aaron Hilmer, Lea van Acken, Arnd Klawitter

Bilder

Trailer

Kaufen/Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

„Sløborn“ erzählt anhand von einer kleinen Nordseeinsel, wie ein Virus plötzlich um sich greift und die Welt ins Chaos stürzt. Das ist nicht zuletzt wegen des erschreckend realistischen Kontexts spannend, auch wenn die Serie sich schon sehr in den Problemen der Figuren suhlt und an vielen Stellen dramatische Elemente einbaut, die es so gar nicht unbedingt gebraucht hätte.
6
von 10