The Great
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The Great – Staffel 1

Kritik

The Great
„The Great“ // Deutschland-Start: 18. Juni 2020 (Starzplay) // 10. Dezember 2020 (DVD)

Was hatte sich Catherine (Elle Fanning) nicht schon gefreut: Sie heiratet Peter (Nicholas Hoult), den Kaiser von Russland! Doch ihre großen Träume von Romantik und einem kulturellen Leben zerschlagen sich bald schon, denn ihr neuer Göttergatte hat weder für Romantik noch Kultur etwas übrig. Stattdessen schläft er mit jeder Frau am Hof, die ihm gefällt, geht ständig auf Jagd und liebt es anderen seine Macht zu zeigen. Catherines Rolle wiederum beschränkt sich darauf, ihn anzuhimmeln und einen Erben zu schenken. Einen männlichen versteht sich, denn im Russland des 18. Jahrhunderts haben Frauen nichts zu sagen. Sie dürfen ja nicht mal lesen. Nach einem ersten Schock und diversen Auseinandersetzungen mit den anderen Damen am Hof findet sie aber auch Unterstützung, etwa bei der einstigen Hofdame Marial (Phoebe Fox), dem ebenfalls kulturinteressierten Berater Orlo (Sacha Dhawan) und Leo (Sebastian de Souza), der auf Drängen von Peter ihr Geliebter wird …

Eigentlich ist Tony McNamara nicht gerade erst seit gestern im Geschäft: Der Australier begann schon in den frühen 90ern bei einigen Serien sein Schreibtalent zu demonstrieren. Tatsächlich bekannt wurde er international aber erst mit rund 50 Jahren durch das von ihm mitverfasste Drehbuch von The Favourite – Intrigen und Irrsinn, das unter anderem für einen Oscar und einen Golden Globe nominiert wurde. Die Erwartungen an die anschließende Serie The Great schnellten auf diese Weise in die Höhe, umso mehr, da er sich hier erneut im selben Themenbereich aufhält. War es beim letzten Mal Königin Anne und ihr Hof Anfang des 18. Jahrhunderts, den sein Skript mit viel Lust an Satire und Absurdem demontierte, reiste er dieses Mal an den Hof Russlands nur wenige Jahrzehnte später.

Der freie Weg an die Spitze
Erneut steht hier dann auch eine Monarchin im Mittelpunkt. Anders als die umworbene Engländerin ist Catherine zu Beginn von The Great sehr weit davon entfernt, zu der berühmten Herrscherin aufzusteigen, die über Jahrzehnte maßgeblich die Geschicke ihres Landes leitete. Im Gegensatz zu der letztes Jahr erschienenen Serie Catherine the Great, wo Helen Mirren die besagte Kaiserin verkörperte, ist McNamara weniger daran interessiert, die historische Figur konkreter darzustellen. Das macht er gleich beim Vorspann deutlich, der schelmisch als Fußnote hinzufügt: „an occasionally true story“. Der Serienschöpfer, der zudem die meisten Drehbücher geschrieben hat, nahm sich schon diverse Freiheiten raus, um damit jede Menge Spaß zu haben.

Das gilt gleichermaßen für das herausragende Ensemble, das mit viel Selbstironie an die Arbeit geht. Nicholas Hoult beispielsweise mimt Peter als Mann, der noch das Gemüt eines Kindes hat und derart selbstverliebt durch die Welt schreitet, dass ihm schon das bloße Konzept, man könne ihn nicht mögen, gar nicht in den Sinn kommt. Überhaupt ist The Great vollgestopft mit Figuren, die auf ihre Weise sehr eigen sind. Großartig ist beispielsweise Peters Tante Elizabeth, verkörpert von McNamaras Ehefrau Belinda Bromilow, welche zwischen progressiven Ideen und höfischen Gebrauchen schwankt, dabei immer wieder versucht, ihren Schmetterlingen besondere Tricks beizubringen. Und auch der Gastauftritt von Freddie Fox als schwedischer König, mit dem Peter sich seit Ewigkeiten bekriegt, ist ausgesprochen unterhaltsam. Wenn die meisten Rollen mit Briten besetzt wurden, die nicht einmal so tun, als würden sie der Nationalität ihrer Figuren entsprechen, dann ist das ebenso wie der inflationäre und völlig unpassende Gebrauch englischer Schimpfwörter ausnahmsweise mal kein Makel, sondern Teil des zelebrierten Unsinns.

Zwischen Biss und Tragik
Wobei The Great, das über den Streamingdienst Starzplay in Deutschland ausgestrahlt wird, nicht einfach eine alberne Parodie eines historischen Dramas ist, so komisch die Szenen auch sein mögen. Immer wieder wird die Serie tatsächlich bissig. Sie kann auch sehr tragisch werden: Peter beispielsweise, der zunächst noch wie eine lächerliche Karikatur des verwöhnten, weltfremden Herrschers wirkt, hat auch fürsorgliche Seiten, leidet unter dem enormen Erbe, das ihm aufgehalst wurde, leidet auch unter der Verachtung, welche seine Mutter für ihn übrig hatte. Umgekehrt zeigen die vermeintlichen Heldinnen Catherine und Marial unvorteilhafte Züge, wenn sie ihrerseits beginnen, Leute zu manipulieren und Wege der Macht zu suchen, um eigene Interessen durchzudrücken.

Zwischenzeitlich führen diese ständigen Machtkämpfe und Intrigen zwar dazu, dass die Geschichte nicht so wirklich vorankommt, wenn alle mit sich selbst beschäftigt sind. Trotz der gelegentlichen Hänger steigt die Spannungskurve im Schnitt aber mit der Zeit nach oben. Denn je mehr Catherine in ihre Rolle als Kaiserin hineinwächst, je mehr sie die Macht an sich reißen will, um Russland nach ihren Vorstellungen zu formen, umso mehr verlagert sich der Schwerpunkt auf die geheimen Pläne, welche alle schmieden, seien es Catherine, Peter, das Militär oder die Kirche, die alle ihre eigenen Ideen haben. Das geht zwangsläufig mit wechselnden Allianzen einher, bei denen man sich nie ganz sicher sein kann, wem zu trauen ist. Und auch wenn das Ende vorher schon mehr oder weniger feststeht – so ganz will sich McNamara dann doch nicht von der Historie lösen –, gibt es genügend Gründe, von dem munteren, teils brutalen Treiben gefesselt zu sein.

Credits

OT: „The Great“
Land: Australien, UK
Jahr: 2020
Regie: Matt Shakman, Colin Bucksey, Bert & Bertie, Ben Chessell, Geeta Patel
Drehbuch: Tony McNamara, Tess Morris, James Wood, Gretel Vella
Idee: Tony McNamara
Musik: Nathan Barr
Kamera: John Brawley, Maja Zamojda, Anette Haellmigk
Besetzung: Elle Fanning, Nicholas Hoult, Phoebe Fox, Sacha Dhawan, Charity Wakefield, Gwilym Lee, Adam Godley, Douglas Hodge, Belinda Bromilow, Richard Pyros, Bayo Gbadamosi, Sebastian de Souza

Bilder

Trailer

https://www.youtube.com/watch?v=hJGedvRfHYg

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„The Great“ erzählt die Geschichte der russischen Kaiserin Catherine, die nach ihrer Ankunft am Hof völlig desillusioniert ist und im Anschluss nach einem eigenen Weg sucht, die Macht an sich zu reißen. Das ist oft komisch, weil hier nichts vor Spott sicher ist, vereinzelt tragisch und zum Schluss aufgrund der zahlreichen Intrigen sogar spannend.
8
von 10