Mit Menschen hat George Almore (Theo James) nur gelegentlich etwas zu tun. Er braucht sie auch nicht, ist er doch mehr als genug mit seinen Robotern beschäftigt. Schon seit einer ganzen Weile sitzt er an ihnen, hat sie verfeinert, perfektioniert. Seine dritte Version (Stacy Martin) soll nun sein Meisterwerk werden und über eine menschenähnliche Intelligenz und eigene Erinnerungen verfügen. Doch der Weg dorthin ist hart, immer wieder kommt es zu Rückschlägen. Nicht allein, dass ihm die Firma auf die Finger schaut, weil er sich anderweitig beschäftigt als gedacht, und er unangekündigten Besuch erhält. Auch innerhalb der Roboterfamilie nehmen die Spannungen zu …
Zwischen Mensch und Maschine
Dass unsere Zukunft noch stärker von Technologie und Maschinen bestimmt sein wird, als heute der Fall ist, davon gehen eigentlich alles aus. Wenn überhaupt ist nur die Frage, wann sich Mensch und Maschine annähern werden. Wann gibt es künstliche Intelligenzen, die der unseren ebenbürtig ist? Und welche ethischen Auswirkungen wird das haben, wenn wir Wesen erschaffen haben, die unabhängig von uns existieren? Neu sind die Fragen nicht, von 2001: Odyssee im Weltraum über Ghost in the Shell bis zu Ex Machina ist die Filmgeschichte vollgestopft mit Beispielen, in denen die Grenzen zwischen unserer Spezies und technologischen Daseinsformen gedehnt und ausgetestet werden.
Es fällt daher zunächst etwas schwer, für Archive wirkliche Begeisterung aufzubringen. Zwar gibt Regisseur und Drehbuchautor Gavin Rothery seinem Spielfilmdebüt immer etwas Mysteriöses mit, lässt anklingen, dass hinter der Geschichte mehr steckt, als man denkt. So ganz geht dieser Plan aber nicht auf. Eigentlich merkt man relativ schnell, worum es in der Geschichte geht, woran auch die diversen Ablenkungsmanöver durch die fremden Herren und eine mürrische Chefin nichts ändern. Der Science-Fiction-Film befasst sich mit dem immer wieder belebten Thema, dass Menschen, meist Männer, das Wunder der Technik nutzen, um zwischenmenschliche Leerstellen zu füllen. Wer mit Menschen nicht kann oder nicht genug darin findet, der nimmt dann eben einen Roboter oder etwas anderes in die Richtung.
Gefangen im Jetzt
Interessanter ist schon das im Titel angesprochene Archiv, welches es den Menschen erlaubt, Teile des Bewusstseins aufzubewahren, auch nach dem Tod, ein bisschen wie in Upload. Mit dem Unterschied, dass Rothery eine sehr dramatische Geschichte erzählen wollte. Immer wieder greift er dafür auf Flashbacks zurück, welche dem Protagonisten ein bisschen mehr Kontur verleihen sollen und aufzeigen, wie es überhaupt zu der aktuellen Situation kam. Tatsächlich sind das aber die am wenigsten interessanten Szenen: Sie wiederholen sich zu oft, erreichen nie die emotionale Kraft, welche eigentlich angestrebt war. Wobei der Film allgemein so seine Probleme hat, irgendwie voranzukommen.
Schöner sind da schon die Momente, die George allein mit seinen Robotern zeigen. Manchmal ist das skurril, teilweise tatsächlich bewegend, wenn die unförmigen Gestalten versuchen, den Sinn ihrer Existenz zu finden. Ein weiterer Pluspunkt des Films sind die Bilder. Die abgeschiedene Gegend, die irgendwo in einem bewaldeten Japan sein soll, liefert einen reizvollen Kontrast zur unterkühlten, minimalistischen Anlage des Ingenieurs. Kameramann Laurie Rose (Free Fire, Operation: Overlord) hat wunderbare Aufnahmen mit nach Hause gebracht, welche die Sehnsucht des Protagonisten noch einmal unterstreichen. Insgesamt fehlt Rotherys Werk ein bisschen das Besondere, um sich tatsächlich von den vielen thematisch ähnlichen Konkurrenten abheben zu können. Aber es reicht für einen soliden Einstand, der zwar nicht die Spannung mitbringt, die sich so manche vielleicht erhoffen werden, jedoch seine Momente hat, die einem nahe gehen.
OT: „Archive“
Land: UK, Ungarn, USA
Jahr: 2020
Regie: Gavin Rothery
Drehbuch: Gavin Rothery
Musik: Steven Price
Kamera: Laurie Rose
Besetzung: Theo James, Stacy Martin
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