Artemis Fowl
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Kritik

Artemis Fowl
„Artemis Fowl“ // Deutschland-Start: 14. August 2020 (Disney+)

Für Artemis Fowl (Ferdia Shaw) bricht eine Welt zusammen. Erst verschwindet sein ohnehin nur selten anwesender Vater (Colin Farrell). Dann heißt es auf einmal, dieser wäre ein Dieb, der viele wertvolle Relikte gestohlen haben soll. Und dann meldet sich auch noch eine unbekannte Person am Telefon und behauptet, Artemis Fowl Sr. entführt zu haben. Nur wenn der 12-Jährige ein bestimmtes Artefakt übergibt, welches der Vater gestohlen haben soll, würde er ihn lebend wiedersehen. Das wiederum ruft die von Commander Julius Root (Judi Dench) angeführten Elfen auf den Plan, die selbst hinter dem sogenannten Aculos her sind. Und so kreuzen sich bald die Wege von Artemis, der Elfen-Offizierin Holly Short (Lara McDonnell) und des diebischen Riesenzwergs Mulch Diggums (Josh Gad) …

Als Harry Potter 2001 vom Buchbestseller zum filmischen Blockbuster übersiedelte und auf Jahre die Kassen des Studios zum Klingeln brachte, war der Andrang der Konkurrenz groß, irgendwie davon profitieren zu können. Und so wimmelten die Lichtspielhäuser die folgenden Jahre von Filmen, in denen junge Helden und Heldinnen in magische Abenteuer verwickelt wurden. Ob Die Chroniken von Narnia (2005) oder Der Sternwanderer (2007), Der Goldene Kompass (2007) oder Percy Jackson (2010), Hollywood investierte Unsummen in die Adaptionen mal mehr, mal weniger bekannter Fantasy-Romane, in der Hoffnung dabei auf Gold zu stoßen.

Ein Star unter keinem guten Stern
Eigentlich hätte auch Artemis Fowl seinerzeit schon das Licht der Leinwand erblicken sollen, erste Pläne zur Adaption von Eoin Colfers Romanreihe gab es bereits 2001. Doch das Projekt stand unter keinem guten Stern, immer wieder wurde das Vorhaben verschoben, Regie und Ensemble ausgetauscht, irgendwann auch der Produzent entfernt – Harvey Weinstein war bei einem Kinderfilm aus verständlichen Gründen kein gern gesehener Gast mehr. Aber selbst als alle Hindernisse aus dem Weg geräumt wurde, ging es nicht voran. Eigentlich hätte der Film schon vor einem Jahr starten sollen, wurde mehrfach verschoben, nur um dann in Folge der Corona-Pandemie zum hauseigenen Streamingdienst Disney+ hinübergeschoben zu werden. Das klang erst mal nach einem Gewinn für die Abonnenten. Ein hochpreisiges Fantasy-Spektakel mit prominenter Besetzung? Damit lässt sich gut Werbung machen.

Inzwischen haben die sich schon länger geäußerten Befürchtungen, dass die mehrfachen Verschiebungen mit einer minderen Qualität zusammenhängen, bestätigt. Artemis Fowl wurde vorab bereits von vielen als Kassenflop prognostiziert. Es finden sich auch keine guten Gründe, warum man sich den Film im Kino hätte ansehen sollen. Schon für den Heimgebrauch reicht das nicht wirklich aus. Dabei ist die Kombination aus Fantasy- und Science-Fiction-Elementen, wenn Elfen mit hochmodernem Equipment arbeiten, noch irgendwie witzig. Außerdem gibt es inzwischen so selten neue Filme, in denen Elfen, Zwerge und Goblins herumtollen, dass man jedem einzelnen automatisch eine gewisse Aufmerksamkeit entgegenbringt. Dumm ist dann nur, wenn die Figuren so grotesk gestaltet sind wie hier, Judi Dench scheint ihren bizarren Auftritt in Cats noch irgendwie toppen zu wollen.

Die kurze Langeweile
Diese gestalterischen Befremdlichkeiten sind einerseits nicht gerade das, was man als Stärke bezeichnen wollte. Andererseits lenken sie ein bisschen von der Langeweile ab, die sich bei Artemis Fowl einstellt. Obwohl der Film nur etwas länger ist als anderthalb Stunden, fühlt er sich nach sehr viel mehr an. Und das ist auch schon eine Leistung, wenn man den für sich genommen sehr dünnen Inhalt genauer betrachtet. Zwar wuseln ständig Figuren umher, die den unterschiedlichsten Rassen angehören. Die einzelnen Aktionen ergeben nur nicht wirklich Sinn, immer wieder fragt man sich, ob bei dem Zusammenschreiben der Bücher vielleicht ein paar Kontexte zu viel auf der Strecke geblieben sind.

Das ist auch deshalb enttäuschend, weil Regisseur Kenneth Branagh eigentlich ein Experte für filmische Adaptionen sind. Seine Shakespeare-Inszenierungen sind legendär, seine Krimineuauflage Mord im Orient-Express war erstaunlich stimmig. Beide Adjektive würde man hier jedoch kaum verwenden wollen. Der Film ist nichtssagend, irgendwie billig, hektisch und noch dazu völlig frei von Magie. Die Schauspieler und Schauspielerinnen sind dabei zwar sichtlich bemüht, irgendwie durch die Geschichte zu kommen, ohne dabei vollends ihre Würde zu verlieren, die Jüngeren unter ihnen wollen dabei zudem cool wirken. Aber man begegnet diesen als Zuschauer in einer Mischung aus Verblüffung und Mitleid, gemischt mit ein bisschen Ärger, dass man hierfür seine Zeit verschwendet hat.

Credits

OT: „Artemis Fowl“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Kenneth Branagh
Drehbuch: Conor McPherson, Hamish McColl
Vorlage: Eoin Colfer
Musik: Patrick Doyle
Kamera: Haris Zambarloukos
Besetzung: Ferdia Shaw, Lara McDonnell, Josh Gad, Tamara Smart, Nonso Anozie, Colin Farrell, Judi Dench

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Lange in Arbeit stellt sich „Artemis Fowl“ am Ende doch als der befürchtete Flop heraus. Trotz hohen Budgets wirkt das Fantasy-Abenteuer billig, die Geschichte um einen Jungen und das Feenreich ist eine hektische Nichtigkeit, die zu schnell langweilig wird. Immerhin sorgen die kuriosen Designs für ein bisschen Erheiterung.
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