Talent hat sie, Ehrgeiz noch dazu: Als Mia (Luna Wedler) ihr Studium an der Uni Freiburg beginnt, hat sie gar nicht vor, nur eine Studentin unter vielen zu sein. Stattdessen sucht sie von Anfang an die Nähe der renommierten Professorin Tanja Lorenz (Jessica Schwarz), eine renommierte, wenn auch umstrittene Koryphäe im Bereich der Genforschung. Tatsächlich erlangt sie durch ihre unkonventionellen Ansätze bald die Aufmerksamkeit der Wissenschaftlerin. Aber auch die ihres Assistenten Jasper (Adrian Julius Tillmann), der gerne mal auf eigene Faust forscht. Für Mia bedeutet das eine ziemliche Zwickmühle. Einerseits entwickelt sie bald echte Gefühle für ihren Kommilitonen. Andererseits sieht sie in ihm die Möglichkeit, ihrem eigentlichen Ziel näher zu kommen, das sie vor allen geheim hält …
Irgendwie macht es einem Netflix echt nicht einfach. Auf der einen Seite ist es absolut begrüßenswert, wie viel der Streamingdienst in deutsche Serien investiert. Vor allem der Genrebereich wird oft abgedeckt, was im hiesigen Fernsehen – von den endlosen Polizeiserien einmal abgesehen – nun wirklich nicht so oft geschieht. Originelle Szenarien haben die meisten Produktionen dann auch. Umso enttäuschender ist oft das Ergebnis. Während die Mystery-Serie Dark und die Drogen-Krimi-Komödie How to Sell Drugs Online (Fast) gelungene Beispiele sind, wie man auch ganz anders Geschichten erzählen kann, kann man den Rest eher ignorieren. Groß angekündigte Serien wie Wir sind die Welle und Dogs of Berlin entpuppten sich als Totgeburten.
Das Thema der Zukunft
Nun startet mit Biohackers der nächste Versuch, auch hierzulande Serien mit internationalem Ruf etablieren zu wollen. Das Thema an sich ist dafür durchaus geeignet: Genmanipulation ist immer mal wieder im Gespräch, um auf diese Weise Krankheiten zu heilen oder zu vermeiden. Gerade der Griff zur Genschere verspricht Revolutionen, sei es bei der Optimierung von Pflanzen oder dem Entfernen defekter Gene im Menschen. Es ist jedoch eine Revolution, die nicht nur Fürsprecher hat. Kritiker befürchten, dass hier auf eine Weise in die Natur eingegriffen wird, die nicht absehbare Folgen mit sich bringen kann. Ganz zu schweigen von der ethischen Komponente, die ein derart elementarer Eingriff quasi automatisch bedeutet.
Angesprochen wird diese Grundsatzfrage durchaus. Wie weit darf ich bei dem Kampf gegen Krankheiten gehen? Welches Risiko gehen wir dabei ein? Dass Biohackers darauf keine wirkliche Antwort liefert, ist legitim. Ebenso dass der wissenschaftliche Aspekt eher vorgeschoben ist. Die Netflix-Serie will in erster Linie unterhalten, die gesellschaftliche Komponente liefert lediglich den Kontext. Die inhaltlichen Probleme liegen vielmehr an einer anderen Stelle. Eines der größten ist, dass hier so gut wie nichts glaubwürdig ist. Ob es die dramatischen Vorgeschichten sind oder Mias Versuche, eine Art Undercover-Agentin zu sein, das ist unglaublich an den Haaren herbeigezogen. Für eine Geschichte, die sich so wissenschaftlich gibt und mit einem entsprechenden Vokabular um sich wirft, ist vieles schlicht nicht durchdacht.
Tolle Schauspielerin, schwaches Konzept
Hinzu kommt, dass man sich offensichtlich nie so ganz klar darüber war, was man mit der Serie eigentlich erreichen will. Immer wieder wird das Geschehen durch humoristische Einlagen unterbrochen, welche vor allem auf das Konto von Mias Mitbewohnern gehen. Das sollte wohl der Auflockerung dienen, ist letztendlich aber meistens sehr anstrengend, weil völlig erzwungen. Es passt auch nicht zu den sehr theatralischen Neigungen, welche Biohackers an anderer Stelle zeigt, wenn es auf einmal ein Teenie-Drama sein will. Besser funktionieren die Szenen, in denen Spannung erzeugt werden soll und man sich ganz auf die Thrillerrichtung konzentriert. Glaubwürdig sind die zwar auch nicht, man hat jedoch kaum Zeit, während dieser darüber nachzudenken.
Das ist auch deshalb ärgerlich, weil zwischendurch durchaus immer wieder gezeigt wird, welches Potenzial das Ganze hatte. Zudem profitiert die Serie natürlich enorm von der extrem talentierten Hauptdarstellerin Luna Wedler, die in so unterschiedlichen Werken wie dem Horrordrama Blue My Mind oder der Teenieromanze Das schönste Mädchen der Welt ihre Vielseitigkeit unter Beweis stellen konnte. Die Schweizerin hält auch hier tapfer die Fäden zusammen, trotzt einem lückenhaften Drehbuch, das beispielsweise den Figuren nur wenig Inhalt zugestand. Aufgrund des hohen Tempos und der kurzen Laufzeit – sechs Folgen à 45 Minuten – kann man sich das hier ganz gut anschauen, zumal auch der obligatorische Cliffhanger einiges verspricht. Eine wirkliche Bereicherung im Sortiment ist Biohackers aber nicht.
OT: „Biohackers“
Land: Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Christian Ditter, Tim Trachte
Drehbuch: Tanja Bubbel, Nikolaus Schulz-Dornburg, Johanna Thalmann
Musik: Fil Eisler
Kamera: Albert Salas
Besetzung: Luna Wedler, Thomas Prenn, Adrian Julius Tillmann, Jessica Schwarz, Jing Xiang, Caro Cult, Sebastian Jakob Doppelbauer
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