Paradise Next
© Joint Pictures, Shimensoka

Paradise Next

Kritik

Paradise Next
„Paradise Next“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Eigentlich hätte Shima (Etsushi Toyokawa) das Leben der jungen Shin Ru beschützen sollen. Doch als diese gewaltsam zu Tode kommt, steht für den Japaner fest, dass er das Land verlassen muss und taucht erst einmal in Taiwan unter. Aber auch dort findet er keine Ruhe. Erst macht er die Bekanntschaft des vorlauten und aufdringlichen Makino (Satoshi Tsumabuki), der mehr über seine Vergangenheit zu wissen scheint, dann erhält er einen neuen Auftrag. Anstatt diesen auszufüllen, begibt sich der schweigsame Yakuza jedoch mit Makino auf eine Reise durch die taiwanische Provinz, wo sie auf die Kellnerin Xiao En (Nikki Hsieh) treffen …

Ein dunkles Paradies
Eigentlich machte Yoshihiro Hanno Karriere als Musiker und Filmkomponist. Dann und wann folgt der Japaner aber auch seinem inneren Drang und versucht sich als Regisseur. Sein Debüt gab er 2011 mit dem Drama Ugly, das er zusammen mit Kensaku Kakimoto inszenierte. 2016 folgte sein erstes eigenes Werk, das Außenseiterdrama A Woman Wavering in the Rain. Grundsätzlich bleibt er diesem Pfad in seinem dritten Werk treu: Auch in Paradise Next geht es um Leute, die nicht dazugehören, steht ein schweigsamer Protagonist im Mittelpunkt, der wie die anderen Figuren in dem Film eine dunkle Vergangenheit mit sich herumträgt, die nicht wirklich abgearbeitet wurde.

Naheliegend wäre angesichts des psychologischen Ballasts und des beruflichen Umfelds – im gesamten Film gibt es fast nur Gangster, seien sie nun aus Taiwan oder Japan –, dass auch die Bilder eine grau-blau-schwarze Welt voller Schatten zeigt. So wie bei Hannos letztem Film. Stattdessen nutzte er die Gelegenheit, den Dreh mit ein wenig Urlaub und Sightseeing zu verbinden. Ein Großteil von Paradise Next spielt in Taiwan, das hier als eine Aneinanderreihung von Postkartenmotiven inszeniert wird. Der Titel des Dramas, er ist nicht zufällig gewählt, gerade die Aufnahmen der ländlicheren Regionen wären auch in einem Reiseprospekt nicht verkehrt.

Langsam dem Abgrund entgegen
Das führt natürlich zu einem größeren Kontrast: Pittoreske Träumerei und innerliche Abgründe, das passt nicht so recht zusammen, soll es aber auch nicht. Vielmehr geht es in dem Eröffnungsfilm vom Japan-Filmfest Hamburg 2020 darum, was hinter der Fassade lauert. Dafür lässt er sich recht viel Zeit, begnügt sich mit Anspielungen, wird an manchen Stellen ein bisschen kryptisch, um nur ja nicht zu früh die Karten auf den Tisch zu legen. Erst nach und nach wird klar, was die beiden Männer antreibt, was in ihnen vorgeht und von welchen Dämonen sie verfolgt werden, selbst in einem fremden und freundlichen Land wie Taiwan.

So richtig weit in die Tiefe geht Hanno dabei jedoch nicht. Vielmehr vertraut sein Film da schon auf einige bewährte Stereotype, denen er zwar mit der Zeit mehr Geschichte gibt, ohne sie dadurch jedoch nennenswert komplexer zu machen. Für ein derart figurenbezogenes Drama ist das zu wenig, so wie inhaltlich allgemein doch mehr drin gewesen wäre: Paradise Next fällt weder durch seine Charaktere noch die Handlung nennenswert auf, scheint sich irgendwie nicht wirklich dafür zu interessieren. Atmosphärisch ist die Mischung aus Drama, Roadmovie und Krimi jedoch durchaus gut gelöst. Man kann sich schon eine ganze Weile damit beschäftigen, wie das Trio sich unterhält, manchmal auch nichts tut, während sich die drei langsam, langsam näherkommen und der eigenen Wunden bewusst werden.

Credits

OT: „Paradise Next“
Land: Japan, Taiwan
Jahr: 2019
Regie: Yoshihiro Hanno
Drehbuch: Wei-Yen Yu
Musik: Ryuichi Sakamoto
Kamera: Naoya Ikeda
Besetzung: Etsushi Toyokawa, Satoshi Tsumabuki, Nikki Hsieh

Bilder

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In „Paradise Next“ verschlägt es einen japanischen Gangster nach Taiwan, wo er jedoch von seiner Vergangenheit eingeholt wird. Action beinhaltet das kaum, stattdessen geht es hier um Menschen, die Abgründe in sich tragen, denen sie sich nur zögerlich stellen. Inhaltlich hat die Mischung aus Drama, Krimi und Roadmovie nicht so viel zu bieten, gefällt dafür aber durch die Atmosphäre bzw. die wunderbaren Bilder.
6
von 10