Terry Maitland (Jason Bateman) trainierte schon seit vielen Jahren die Kinder beim Baseball, kam mit allen gut klar, war beliebt und freundlich. Umso größer ist der Schock, als er verhaftet wird mit dem Vorwurf, einen kleinen Jungen, entführt, missbraucht und brutal ermordet zu haben. Und doch: Die Beweise, die Detective Ralph Anderson (Ben Mendelsohn) vorliegen, sind hieb und stichfest. Mehrere Zeugen haben ihn gesehen, es gibt Fingerabdrücke und DNA-Spuren, die beweisen, dass er es war. Seltsam ist nur, dass es ebenfalls Beweise für seine Unschuld gibt, etwas Kamera-Aufnahmen, die ihn gleichzeitig an einem völlig anderen Ort zeigen. Als die Privatdetektive Alec Pelley (Jeremy Bobb) und Holly Gibney (Cynthia Erivo) hinzugezogen werden, stellt sich heraus, dass es noch andere seltsame Fälle gab, die nach diesem Muster funktionierten …
Einen Mangel an Adaptionen von Stephen Kings Romanen hat es in den letzten Jahren nun wirklich nicht gegeben. Nachdem der Name des King of Horrors eine ganze Weile mit filmischem Trash gleichgesetzt wurde, woran gewisse sehr freie Umsetzungen und Endlossequels ihre Mitschuld hatten, ist er inzwischen wieder richtig viel wert. Das zeigt sich nicht nur an der Zahl der Produktionen, die auf seinen Büchern basieren, sondern auch an den dafür aufgeführten Budgets und den bekannten Schauspielern und Schauspielerinnen, die darin auftreten. Während die größte Aufmerksamkeit dabei den Filmen gehört, haben sich inzwischen diverse ausgesprochen gute Serien dazugesellt, etwa Mr. Mercedes und Castle Rock.
Der Horror hinter der Fassade
Mit The Outsider liegt nun eine weitere King-Serie vor, Vorlage lieferte dafür sein Roman aus dem Jahr 2018. Die Geschichte ist dabei einerseits sehr typisch für den Schriftsteller, gleichzeitig aber auch nicht. Das grundsätzliche Szenario, dass eine US-amerikanische Kleinstadt von dem Bösen heimgesucht wird, ist natürlich Standard für den Autor. Das bekannteste Beispiel ist Es, in dem es eine Gruppe von Kindern mit einem uralten und monströsen Wesen zu tun bekommen, welches hinter der heilen Fassade grausam mordet. Hier sind es dann zwar ausschließlich Erwachsene, die dem Mysterium auf der Spur sind, dennoch erinnert vieles an den Kassenschlager. Erneut wird von den Abgründen die Rede sein, welche sich mitten unter uns befinden, von vielen unbemerkt – bis es zu spät ist.
Zunächst weckt The Outsider dabei den Eindruck, dass es sich hier um eine gewöhnliche Krimiserie handelt. Das Geheimnis um einen mutmaßlichen Täter, der an zwei Orten zur gleichen Zeit gewesen sein soll, ist eines, dem man in der Form doch immer mal wieder begegnet. Während die meisten darauf jedoch eine rationale, wenn auch nicht unbedingt glaubwürdige Erklärung haben, geht es wie so oft bei King gleich ins Fantastische über, bemüht Mythen und Legenden, um einen Grund für das Unergründliche zu liefern. Die Ermittlung an sich wird deshalb bald zur Nebensache. Obwohl dieses Mal gleich eine ganze Reihe von Männern und Frauen auf Spurensuche gehen, wirkt die Annäherung an die Wahrheit weniger erarbeitet, sondern ebenso plötzlich wie die untersuchten Verbrechen.
Woher kommt das Böse?
Auch das Doppelgänger-Motiv wird nicht so stark untersucht, wie man es sich wünschen könnte. Gerade weil The Outsider von dem versteckten Bösen spricht, wäre eine stärkere Verbindung des Täters zu dem Umfeld naheliegend gewesen. Aber das Böse bleibt fast schon nebensächlich, auch die Begegnung mit diesem ist unspektakulär. Wer sich King wegen viel Horror verspricht, der wird enttäuscht, es wird mehr gesprochen als gehandelt. Jump Scares sind so oder so nicht vorgesehen. Dann und wann wird es schon einmal brisanter, besonders wenn das nächste Opfer auserkoren wurde. Einiges ungezeigt zu lassen und die Fantasie des Publikums zu bemühen, bei der Vorstellung des Grauens, sorgt ebenfalls für kleinere Albträume.
Während die von Autor-Veteran Richard Price (Sea of Love, Kind 44) konzipierte Serie dabei manchmal etwas glatt wirkt, so ist sie doch sehr atmosphärisch. Selbst wenn der Mystery-Aspekt sich irgendwann erledigt hat, so bleibt doch eine Stimmung des Unbehagens sowie der Trauer. Es sind nicht allein die ermordeten Kinder, welche die Menschen bestimmen. Sie alle sind geprägt von Entfremdung, von Traumata, von schmerzlichen Verlusten, die sie wie benebelt durch eine Welt wandern lassen, in der es keinen Weg zurück zur Normalität gibt. Der Titel The Outsider bezieht sich da nicht nur auf das Böse, welches in das Leben der Menschen einbricht. Die Menschen selbst sind zu Fremden geworden, die lediglich im Kampf gegen das Unsichtbare und Unausgesprochene eine Gemeinschaft finden, einen Grund des Seins.
OT: „The Outsider“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Jason Bateman, Andrew Bernstein, Igor Martinović, Karyn Kusama, Daina Reid, J.D. Dillard, Charlotte Brändström
Drehbuch: Richard Price, Jessie Nickson-Lopez, Dennis Lehane
Idee: Richard Price
Vorlage: Stephen King
Musik: Daniel Bensi, Saunder Jurriaans
Kamera: Igor Martinovic, Rasmus Heise, Zak Mulligan, Kevin McKnight
Besetzung: Ben Mendelsohn, Bill Camp, Jeremy Bobb, Julianne Nicholson, Mare Winningham, Paddy Considine, Yul Vazquez, Jason Bateman, Marc Menchaca, Cynthia Erivo
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