Eigentlich dachte Familie Hargreeves, dass nun endlich alles vorbei war. Schließlich hatten sie den Weltuntergang verhindert, das muss ihnen erst einmal jemand nachmachen! Aber dann geht mal wieder etwas schief und sie werde alle zurück in die 1960er versetzt, wo sie sich nun allein durchschlagen müssen. Luther (Tom Hopper) schlägt sich mithilfe illegaler Boxkämpfe durchs Leben. Allison (Emmy Raver-Lampman) ist mit dem Bürgerrechtler Raymond Chestnut (Yusuf Gatewood) verheiratet. Klaus (Robert Sheehan) kommt mit einer selbst gegründeten Sekte ganz gut durch. Diego (David Castañeda) hatte weniger Glück und ist in einer psychiatrischen Anstalt gefangen, wo er sich mit Lila Pitts (Ritu Arya) angefreundet hat. Vanya (Ellen Page) wiederum hat ihr Gedächtnis verloren und arbeitet nun als Kindermädchen. Als Nummer fünf (Aidan Gallagher) im Jahr 1963 auftaucht, heißt es also erst einmal, irgendwie die Geschwister aufzuspüren und wieder zusammenzuführen. Und dabei tut Eile Not, schließlich steht schon der nächste Weltuntergang an …
Nichts geht mehr ohne Superkräfte. Nachdem schon das Kino seit Jahren fest in der Hand diverser Comic-Adaptionen ist, in denen die Figuren die unglaublichsten Fähigkeiten haben, versucht Netflix seit einiger Zeit, irgendwie an diesem Trend teilzuhaben. Die anfänglichen Kooperationen mit Marvel sind Geschichte, dafür wird anderweitig um die Gunst des Publikums gebuhlt. Allein dieses Jahr gab es Titel wie den Unsterblichen-Actionfilm The Old Guard, historische Magie in Cursed – Die Auserwählte, das irgendwie trashige Nonnengekloppe Warrior Nun oder die Teenie-Götterdämmerung von Ragnarök. Für Nachschub ist also gesorgt.
Mehr Kräfte, mehr Persönlichkeit
Während die Quantität erfreulich war, zumindest für das Zielpublikum, ist das mit der Qualität schon schwieriger. Irgendwie sind die meisten Titel dann doch bestenfalls mittelmäßig. Ein Grund mehr sich zu freuen, dass The Umbrella Academy in eine neue Runde geht – und das sogar in einer teilverbesserten Form. Ein Kritikpunkt an der ersten Staffel war gewesen, dass zwar immer wieder von Fähigkeiten die Rede war, diese aber kaum gezeigt wurden. Tatsächlich wusste man bei einigen der Geschwister, die alle mit anderen Kräften ausgestattet zur Welt kamen, gar nicht so genau, was sie eigentlich können. Das ist in Staffel 2 anders. Die fängt gleich mit einem schönen Massenkampf à la Avengers an, auch später wird es immer wieder Gelegenheiten für die Figuren geben zu zeigen, was in ihnen steckt.
Die zweite Verbesserung betrifft die Figuren an sich. War The Umbrella Academy beim ersten Anlauf noch sehr damit beschäftigt, die Themen und das Szenario einzuführen, wird das hier mehr oder weniger vorausgesetzt. Die dadurch freigewordene Zeit nutzen die diversen Autoren und Autorinnen, um mehr in die Charaktere zu investieren und deren Profil zu schärfen. Das funktioniert teilweise durch neu hinzugekommene Figuren, welche das Gefühlsleben durcheinanderbringen. Die Staffel nutzt aber auch das 60er Jahre Setting, um für etwas mehr Tiefe zu sorgen. Ein wichtiger Handlungsstrang betrifft den täglichen Rassismus Schwarzen gegenüber, die damals nicht einmal in Cafés etwas bestellen konnten. Die Selbstsuche von Vanya wiederum beinhaltet auch eine sexuelle, als sie Gefühle für eine Frau entwickelt – was seinerzeit ebenfalls noch verpönt war.
Hatten wir die Geschichte nicht schon mal?
Die Haupthandlung kommt angesichts der diversen Einzelschicksale manchmal ein bisschen kurz. Sie ist jetzt auch nicht so wahnsinnig einfallsreich. Erneut geht es darum, dass irgendwie der Weltuntergang verhindert werden muss, erneut werden die Geschwister von wild gewordenen Killern verfolgt. Das fühlt sich nicht nur wie eine Wiederholung an, sondern auch noch eine weniger interessante Fassung. Gerade die Killer sind trotz der Versuche, ein bisschen skurrile Atmosphäre zu erzeugen, ein bisschen langweilig im Vergleich zu den Vorgängern. Das mag auch daran liegen, dass man bei der Adaption der Comic-Reihe von Gerard Way und Gabriel Bá die ersten beiden Bände zusammenwarf, um daraus die erste Staffel zu machen, man für die zweite Staffel deswegen kaum Material mehr hatte. Schließlich ist Band drei erst im Herbst letzten Jahres veröffentlicht, lange nachdem man mit Staffel zwei bereits begonnen hatte. Schlechtes Timing also-
Umso neugieriger darf man auf eine dritte Staffel sein, die hier zum Schluss angeteasert ist und offensichtlich auf den noch zu veröffentlichenden vierten Band Bezug nimmt. Doch bis es so weit ist, darf man mit dieser Staffel hier schon seinen Spaß haben. Die Kombination aus immer unterhaltsamem Zeitreise-Chaos, Streitigkeiten zwischen Super-Geschwistern und geschickt eingestreuten Mystery-Elementen lassen einen die zehn Folgen in Windeseile zu Ende schauen. Die schöne 60er Jahre Ausstattung und die gewohnt eigensinnigen Figuren – vor allem der überhebliche Nummer fünf und der schillernde Klaus – sorgen für kleine Glanzpunkte innerhalb der Serie.
OT: „The Umbrella Academy“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Sylvain White, Stephen Surjik, Tom Verica, Ellen Kuras, Amanda Marsalis, Jeremy Webb
Drehbuch: Steve Blackman, Mark Goffman, Jesse McKeown, Bronwyn Garrity, Robert Askins, Aeryn Michelle Williams, Nikki Schiefelbein
Idee: Steve Blackman
Vorlage: Gerard Way, Gabriel Bá
Musik: Jeff Russo
Kamera: Neville Kidd, Craig Wrobleski
Besetzung: Ellen Page, Tom Hopper, Robert Sheehan, Emmy Raver-Lampman, David Castañeda, Aidan Gallagher, Colm Feore, Kate Walsh, Ritu Arya, Yusuf Gatewood, Marin Ireland, Stephen Bogaert
https://www.youtube.com/watch?v=p5GMt1pV0Fk
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