Immer wieder diese doofe Schule! Frido (Luis Vorbach) leidet schon unter den hohen Erwartungen und dem Notendruck. Dabei würde er viel lieber einfach mal ein bisschen Zeit für sich haben, Spaß haben, etwas unternehmen. Als er eines Tages per Zufall in einem Spiegelkabinett sein Spiegelbild zum Leben erweckt, scheint sich dafür die Gelegenheit schlechthin zu bieten. Sein Doppelgänger sieht nicht nur komplett aus wie er, sondern ist auch noch viel besser in der Schule. Soll er also doch hingehen! Auch sein bester Freund Emil (Jona Gaensslen) lässt sich auf den Zauber ein und erfreut sich bald an einem optimierten zweiten ich. Der vermeintlich perfekte Plan bekommt bald aber erste Risse. Nicht nur, dass es zunehmend schwieriger wird, die Existenz der doppelten Jungs geheimzuhalten, diese entwickeln bald auch noch ein Eigenleben …
Das böse Ich
Das Motiv des Doppelgängers ist eines, das wir vor allem aus dem Genrekino kennen, aus düsteren Thrillern, verbunden oft mit einem hohen Mystery-Anteil. Die Helden müssen sich dann mit falschen Vorwürfen auseinandersetzen, wenn das andere Ich für Unheil sorgt. Denn wer würde einem schon glauben, dass es da einen zweiten Menschen gibt, der genauso aussieht wie ich, dabei aber leider ganz böse ist? Aber auch schon die pure Existenz eines zweiten Selbst kann grauenerregend sein, wie unter anderem Wir und Cam gezeigt haben. Der Doppelgänger wird dann zum Sinnbild eines geheimen Ichs, von Abgründen, die es in uns gibt, die wir aber nicht wahrhaben wollen.
Unheimlich perfekte Freunde nimmt dieses bewährte Szenario auf, macht daraus aber einen fröhlichen und spaßigen Kinderfilm. Schon der Ort der Selbst-Begegnung ist knallbunt gehalten, erfüllt die notwendigen Klischees, die ein Jahrmarkt zu erfüllen hat. Man gibt sich die Aura des Mysteriösen, ohne dabei bedrohlich zu wirken. Den Horror, den man angesichts des Doppelgängers empfinden könnte, der weicht hier schnell Begeisterung. Klar, ein bisschen erschrocken haben sich die Jungs bei der ersten Konfrontation schon. Aber das legt sich schnell, stattdessen übernimmt eine Mischung aus Pragmatismus und Sehnsucht, der sein zu können, der man gerne wäre. Selbst wenn man es nicht ist.
Die Suche nach dem wahren Selbst
Unheimlich perfekte Freunde ist dann auch in erster Linie ein Film über Selbstoptimierung und Erwartungen, die eine Leistungsgesellschaft an einen stellt. Frido hadert mit den – überspitzt dargestellten – Anforderungen an die Gewinner von morgen, Emil wiederum wäre gern einfach mal cool. Mit beidem dürfte sich das junge Zielpublikum identifizieren können. Denn wer wäre nicht gern besser, schlauer, lässiger? Grundsätzlich böte das Stoff für ein Drama, das sich mit den Nöten heutiger Kinder und Jugendlicher auseinandersetzt. Stattdessen wählte man hier aber einen humorvollen Zugang, packte das Spiel mit den Doppelgängern in den Rahmen einer Komödie, die sich mit viel Lust am Chaos an der absurden Situation abarbeitet.
Natürlich ist das dann alles nicht wirklich neu oder überraschend. Die Witze, die ein solches Szenario mit sich bringt, schreiben sich da praktisch von selbst. Aber es ist doch ganz vergnüglich mitanzusehen, wie die beiden Jungs von ihren zweiten Ichs überrumpelt werden und nun versuchen müssen, wieder die Kontrolle zu erlangen. Außerdem dürfen die jungen Zuschauer und Zuschauerinnen durch die Erfahrungen der zwei lernen, dass es im Leben doch eher auf andere Faktoren ankommt und dass man zu sich selbst stehen sollte. Marcus H. Rosenmüller, sonst eher für heimatverbundene Filme wie Wer früher stirbt ist länger tot und Beste Zeit bekannt, hat hier eine kurzweilige, wenn auch etwas oberflächliche Familienkomödie gedreht, die das Herz am rechten Fleck hat und die mehr Stoff zum Diskutieren bietet, als in dem Segment selbstverständlich ist.
OT: „Unheimlich perfekte Freunde“
Land: Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Marcus H. Rosenmüller
Drehbuch: Simone Höft, Nora Lämmermann
Musik: Meredi, Andrej Melita
Kamera: Stefan Biebl
Besetzung: Luis Vorbach, Jona Gaensslen, Margarita Broich, Marie Leuenberger, Serkan Kaya, Xari Wimbauer
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