Als Richterin ist Elke Seeberg (Christiane Paul) eigentlich bestens vertraut mit dem Recht. Umso schockierter ist sie, als eines Nachts eine Einsatztruppe vermummter SEK-Einsatzkräfte unter der Leitung von BKA-Ermittler Heinrich Buch (Heino Ferch) ihre Wohnung stürmen, sie fesseln und knebeln und anschließend mitnehmen. Dabei geht es dem BKA gar nicht um Seeberg selbst, sondern um deren Tochter Marie (Linn Reusse). Denn die wird verdächtigt, an einem Bombenanschlag beteiligt gewesen zu sein, der mehrere Menschenleben kostete, und ist seither unauffindbar. Während Buch und der ebenfalls ermittelnde Richard König (Fabian Hinrichs) den Druck erhöhen, hält Seeberg an der Unschuld ihrer Tochter fest und beginnt eigene Ermittlungen …
Eines der meistdiskutierten Themen dieses Jahres war sicherlich, inwieweit der Staat zum Wohle der Allgemeinheit die Rechte des Einzelnen einschränken darf: Ausgangssperren, Maskenpflicht und Versammlungsverbote haben das Verhältnis der Bürger und Bürgerinnen zu der Regierung auf eine harte Probe gestellt, vieles auch in Frage gestellt, was wir über den Umgang zu wissen meinten. Wobei die Diskussion als solche natürlich nicht neu ist, gerade im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Terror wurde das Gleichgewicht aus Sicherheit und Freiheit immer wieder nachhaltig verschoben. Punkte wie eine umfassende Durchleuchtung der Menschen sind dabei nur die Spitze des Eisbergs, auf der ganzen Welt gab es Bewegungen hin zum Überwachungsstaat, während die eigenen Taten zunehmend verschleiert wurden.
Die verschiedenen Seiten des Verbrechens
Bekannt sind dabei in erster Linie die Entgleisungen der USA, die barbarischen Foltermethoden waren seinerzeit in den News, wurden auch in Filmen wie Zero Dark Thirty und The Report behandelt. Doch was passiert dabei bei uns? Gibt es auch in Deutschland Rechtsbrüche mit dem Vorwand, den Staat und die Bevölkerung zu schützen? Wenn es nach Unterm Radar geht, dann lautet die Antwort unmissverständlich ja. Schon der Einstieg, wenn eine Frau – eine Richterin auch noch – gewaltsam zu Boden gezwungen wird, geht durch Mark und Bein. Und das ist nur der Anfang, kaum einer beim BKA zeigt Skrupel, solange am Ende irgendwie die Antworten da sind. Es gibt dann vielleicht ein paar fragende Blicke, gerade auch von Heinrich Buch, der im beliebten Good-Cop-Bad-Cop-Spiel die Rolle des Ersteren übernimmt.
Eine tatsächliche Auseinandersetzung mit dem Thema findet dabei jedoch nicht statt. Wo andere Filme zumindest noch die Frage stellen, wie weit man als Gesellschaft gehen muss und darf, um die Sicherheit zu erhöhen oder auch Verbrechen aufzuklären, da macht es sich der TV-Thriller recht einfach. König wird zwar von Fabian Hinrichs (Irgendwann ist auch mal gut) auf unterhaltsame Weise als Zyniker dargestellt, der sich selbst als Realist verkauft. Unterm Radar zeigt aber lediglich die bereits eskalierte Version ohne die Diskussion, positioniert sich dabei auch sehr eindeutig: So geht das nicht! Hinzu kommt, dass das BKA als tendenziell unfähig dargestellt wird, wenn es seine Aufgaben nicht erfüllen kann. Das macht es umso einfacher, die Grenzüberschreitungen anzuprangern.
Plakative Oberflächenspannung
Das ist eine verpasste Chance, teilweise auch ziemlich ärgerlich, wenn Unterm Radar in schlimmster TV-Manier gern plakativer auftritt. Regisseur Elmar Fischer, der unter anderem diverse Tatort-Folgen inszeniert hat, ist dann doch mehr an klassischem Spannungsfernsehen interessiert, das in anderthalb Stunden alles zu einem sauberen Ende bringt und mit klaren Positionierungen das Publikum nicht zu sehr herausfordert. Selbst bei den Figuren gibt es weitestgehend nur Klischees. Interessant ist lediglich, wie Seeberg selbst, nicht nur ihre Widersacher, Regeln zu brechen beginnt, anfängt zu lügen, um an ihr Ziel zu kommen, die Grenzen damit noch weiter aufgeweicht werden. Doch auch an der Stelle ist relativ schnell Schluss, so als hätten sie hier alle Angst, mal ein bisschen tiefer zu bohren. Von der Figur Maria ganz zu schweigen. Anders als Amerikanisches Idyll, das ein ähnliches Szenario verwendet – eine bislang unauffällige Tochter wurde in einen Terror-Akt involviert und ist nun verschwunden, während die Eltern sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen –, taugt das hier weder als gesellschaftliches noch persönliches Porträt.
Lässt man die nur vorgeschobene Betroffenheit einmal außer Acht und sieht Unterm Radar als reine Unterhaltungsmöglichkeit mit aktuellem Bezug, schlägt sich der Film schon besser. Klar will man wissen, was mit der Tochter passiert ist, ob die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden und wie es allgemein mit den Figuren weitergeht. Aber selbst dann ist nicht wirklich mehr als Mittelmaß drin. Die Ermittlungen sind recht holprig, ab vielen Stellen wird der Thriller unglaubwürdig, sowohl auf den Ablauf wie auch die Figuren bezogen. Er zieht sich zudem ein bisschen billig aus der Affäre. Aufgrund des engagierten Ensembles, darunter Christiane Paul (8 Tage) als mal toughe, mal verzweifelte Protagonistin, kann man sich hiermit zwar die Zeit vertreiben. Mehr ist es aber nicht.
OT: „Unterm Radar“
Land: Deutschland
Jahr: 2015
Regie: Elmar Fischer
Drehbuch: Henriette Buëgger
Musik: Matthias Beine
Kamera: Sten Mende
Besetzung: Christiane Paul, Heino Ferch, Fabian Hinrichs, Inka Friedrich, Carolina Vera
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