Alexander Schubert

Alexander Schubert [Interview]

Nachdem Alexander Schubert schon oft für die verschiedensten Produktionen vor der Kamera stand, wechselt er bei Faking Bullshit (Kinostart: 10. September 2020) erstmals dahinter. In der Krimikomöde erzählt er die Geschichte einer Polizeiwache, die aufgrund eines akuten Mangels an Verbrechen vor dem Aus steht, was die Polizisten dazu veranlasst, einfach selbst welche zu inszenieren, um sich ihre Arbeitsstelle zu sichern. Wir haben uns bei der Weltpremiere mit dem Regisseur und Drehbuchautor getroffen und ihn über sein Debüt, die Grenzen von Komik und die gesellschaftliche Relevanz seines Films unterhalten.

Bislang warst du immer als Schauspieler unterwegs, mit Faking Bullshit – Krimineller als die Polizei erlaubt“ gibst du jetzt dein Debüt als Regisseur und Drehbuchautor. Wie kam es dazu?
Ich war und bin ja nicht der erste Schauspieler mit Regieambitionen, aber in gewisser Weise habe ich wohl kontinuierlich darauf hingearbeitet. Der Wunsch Regie zu führen geisterte schon eine lange Zeit in meinem Kopf herum, und ich bin lange genug im Filmgeschäft, um zu wissen, das zum Regie führen deutlich mehr gehört, als am Set hinter dem Monitor zu sitzen und „Bitte“ und „Aus“ zu rufen. Neben meiner Arbeit als Schauspieler habe ich immer wieder auch als Regieassistent und zunehmend als Autor gearbeitet. Als mich die Produzenten von MAVIE FILMS dann gefragt hat, ob ich für sie eine Adaption der schwedischen Komödie Kopps schreiben wolle, habe ich sofort „ja“ gesagt, und so ist das Drehbuch zu Faking Bullshit entstanden. Während der Arbeit am Buch habe ich aber auch sehr schnell gemerkt, dass es mir äußerst schwerfallen würde, die Inszenierung des Buchs jemand anderen zu überlassen zu müssen. Also habe die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und mich auch gleich als Regisseur angeboten. Ich bin sehr dankbar und glücklich, dass die Mavie-Leute mir das Vertrauen ausgesprochen haben.

Viele Schauspieler, die sich als Regisseur versuchen, spielen dann auch selbst mit. War das jemals ein Thema für dich gewesen?
Wir haben am Anfang kurz darüber nachgedacht, haben uns dann aber sehr schnell dagegen entschieden. Die Arbeit des Regisseurs ist ein absoluter Fulltime Job, und in aller erster Linien wollte ich den natürlich so gut wie möglich machen. Bei allen inhaltlichen und kreativen Entscheidungen während des Drehs geht es eben auch immer und sehr wesentlich um Effektivität. Man muss die komplette Geschichte in einer festgelegten Anzahl von Drehtagen in den Kasten bekommen und Zeit ist immer knapp. Mit mir als Regisseur hinter der Kamera und gleichzeitig als Schauspieler vor der Kamera hätten wir allein schon aus logistischen Gründen viel Zeit verloren… Ehrlicherweise hätte ich außerdem auch nicht gewusst, wann und wie ich noch Zeit zum Text lernen hätte finden können.

Wenn der Stoff ursprünglich gar nicht von dir war, sondern eine Auftragsarbeit, was hat dich an ihm gereizt?
Das schwedische Original aus dem Jahr 2003 liefert eine starke Vorlage mit toller Geschichte, großartiger Grundprämisse und jeder Menge Humorpotenzial. Die Geschichte von Faking Bullshit beginnt zwar da, wo auch das Original startet, allerdings nimmt unsere Story ziemlich schnell einen anderen Verlauf und hat auch ein komplett anderes Ende. In den letzten 20 Jahren hat sich unsere Gesellschaft derart verändert, dass es in meinen Augen zwingend notwendig war, einige Dinge zu ändern. In Kopps gibt der Hauptheld beispielsweise während der Anfangsszene einer Frau eine Ohrfeige, als wäre es das Normalste auf der Welt…

Mich hat es sehr gereizt, diese Geschichte in unsere heutige Zeit zu transportieren und sie mit den Themen anzureichern, die aktuell in unserer Gesellschaft relevant sind. Es geht um Vorurteile, Alltagsdiskriminierung und um die Schwierigkeiten, die wir heute haben, wenn wir versuchen politisch korrekt miteinander umzugehen. Der Umgang mit solchen Themen gibt meinen Figuren eine zusätzliche Ebene und macht Faking Bullshit zu einer Komödie mit mehr Tiefgang als eine klamaukigen Klamotte.

Was war bei dem Projekt die größte Herausforderung für dich?
Die größte Herausforderung ist es wohl, über den gesamten Produktionszeitraum, seine eigene Vision nicht aus den Augen zu verlieren und das Vertrauen in die Charaktere, die Dialoge und den Humor nicht zu verlieren. Als Schauspieler war für mich die Arbeit bisher beendet, wenn meine Szenen abgedreht waren. Doch eine wesentliche Arbeit bei der Entstehung des fertigen Films fängt dann erst an. In der Endfertigung kann man das gedrehte Material noch verbessern. Da lauern aber auch sehr viele Gefahren, die die vorangegangene Arbeit zunichte machen können. Der Schnitt gibt dem Film das endgültige Timing, was insbesondere für eine Komödie enorm wichtig ist. Die Filmmusik unterstützt die Emotionalität, kann aber eine Szene auch komplett zerstören. Hier gilt es die richtigen Entscheidungen zu fällen damit am Ende ein Film herauskommt, bei dem man sich gerne anschaut, bei dem man sich gut unterhalten fühlt und wo man es hinterher nicht bereut, dass man sich eine Kinokarte gekauft hat. Ich glaube, das ist uns ganz gut gelungen.

Hast du dich umgekehrt als Regisseur mit den Schauspielern beraten?
Klar. Du bist als Regisseur natürlich enorm davon abhängig, was die Schauspieler mitbringen, um die Figuren aus dem Buch zu glaubwürdigen Charakteren im Film zu machen. Jeder hat da seine eigene Interpretation. Deshalb ist Planung und Vorbereitung eines Drehs auch so enorm wichtig. Das gilt nicht nur für die Schauspieler, sondern natürlich auch für alle Gewerke. Die Frage ist immer: Wie bekommen wir unter den aktuellen Umständen das bestmögliche Ergebnis?  Das ist natürlich immer auch eine Frage des vorhandenen Produktionsbudgets. Beispielsweise habe ich mit dem Kameramann und Oberbeleuchter im Vorfeld sehr genau geplant, in welche Richtung wir mit der Kamera gucken werden. Das Szenenbild hat dann ausschließlich diese Sichtachsen eingerichtet und ausgestattet. Permanente Kommunikation mit allen Beteiligten ist die Grundlage, damit alle an einem Strang ziehen.

Faking Bullshit
Szenenbild aus „Faking Bullshit“ (© Telepool)

Du hast vorhin gemeint, dass du einen Film machen willst, der gesellschaftlich relevant ist. Die erste Frage ist da natürlich: Kann man in der derzeitigen Lage, in der weltweit gegen Polizeigewalt demonstriert wird, wirklich eine Polizei-Komödie machen?
Klares Ja! Humor ist ein großartiges Werkzeug. Humor baut Ängste ab. Humor macht es möglich, dass wir Dinge plötzlich in einem anderen Licht sehen. Humor gibt uns die Möglichkeit mit den schlimmsten Dingen umzugehen. Natürlich machen wir in Faking Bullshit auch Witze, die politisch nicht korrekt sind. Es kommt aber immer auf den Kontext an. Lachen bringt die Menschen zusammen. Ich finde das unheimlich wichtig in Zeiten, wo wir uns eher voneinander entfernen.

Gab es bei dem Dreh dann auch Diskussionen darüber, wie weit man gehen darf mit dem Humor?
Während des Drehs eigentlich weniger. Ich hatte das Gefühl, dass alle im Team den Humor im Drehbuch mochten, eben weil er die Dinge benennt, ohne zu verletzen. Wir stellen niemanden bloß. Wenn unser deutscher Protagonist mit türkischen Wurzeln am Anfang gefragt wird, wo er herkommt, dann ist die Frage für manche Leute Ausdruck von persönlichem, menschlichem Interesse, für andere ein rassistischer Übergriff. Der Humor liegt im unterschiedlichen Verständnis ein und derselben Situation. 

Habt ihr beim Dreh oder auch schon bei der Stoffentwicklung irgendwie mit der Polizei zusammengearbeitet?
Ja, und das war extrem hilfreich.  Ich habe das Drehbuch in jeder Version von einem Polizisten checken lassen. Hauptsächlich, um zu erfahren, ob sich meine Protagonisten glaubwürdig als Polizisten verhalten, die Gesetzeslage immer korrekt ist, zitierte Paragrafen stimmen, wie die interne Kommunikation funktioniert usw. Das ist natürlich für die Glaubwürdigkeit der Polizisten im Film sehr wichtig, hilft aber auch sehr dabei, die Menschen hinter der Uniform zu zeigen.

In dem Film geht es um Polizisten, die Verbrechen vortäuschen müssen, weil sie sonst arbeitslos werden. Haben wir zu wenige Verbrechen in Deutschland?
Auf keinen Fall. Das ist auch leider in Ahlen nicht so, wo wir den Film gedreht haben.  Aber es wäre schon schön, wenn die Polizei nur noch repräsentative Aufgaben hätte, oder nicht?

Jetzt wo dein Debüt als Regisseur fertig ist, wie geht es weiter? Hast du vor, das weiter zu verfolgen, oder hat es dich abgeschreckt?
Ich werde das auf jeden Fall weiterverfolgen. Es hat mir großen Spaß gemacht und mich auch total befreit. Als Schauspieler bist du immer darauf angewiesen, dass andere dir Arbeit geben. Ob du einen Job bekommst, hängt nicht nur davon ab, ob du qualitativ gute Arbeit ablieferst oder ein netter Mensch bist. Es ist oft viel wichtiger, wie du aussiehst und wie alt du bist. Ich bin zum Beispiel aus dem Alter raus, den jugendlichen Liebhaber zu spielen. Den Part krieg ich nicht mehr. Natürlich werde ich auch weiterhin als Schauspieler arbeiten. Aber als Autor und Regisseur habe ich die Möglichkeit, selbst Arbeit zu generieren. Wenn ich mir das wünschen könnte, würde ich in Zukunft gern mehrgleisig weiterfahren.

Und welche Projekte stehen konkret an?
Ich schreibe derzeit an zwei neuen Projekten. Als Schauspieler habe ich gerade einen kleinen Part im Kinofilm Catwazle mit Otto Waalkes abgedreht, und natürlich bin ich auch weiterhin regelmäßig in der heute-show. Ansonsten steht sehr vieles in den Sternen, weil es von so unzählig vielen Faktoren abhängig ist, ob ein Projekt realisiert wird oder nicht… Und da zähle ich Corona noch gar nicht mit dazu.

Alexander Schubert

Zur Person
Alexander Schubert wurde 1970 in Potsdam geboren. Zunächst ließ er sich im DEFA Studio für Spielfilme zum Filmstuckateur ausbilden und studierte anschließend, von 1992 bis 1996, an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg. Seitdem war er in zahlreichen Film- und Fernsehproduktion vor der Kamera zu sehen, darunter Andreas Dresens Filmbiographie Gundermann (2018), Anika Deckers Liebeskomödie Traumfrauen (2015) und Michael Bully Herbigs Buddy (2013). Große Beliebtheit erlangte er durch seine Auftritte in den vielfach prämierten Comedy-Formaten Sketch History (2015 – 2018) und heute-show (seit 2010). In den letzten Jahren arbeitete Schubert zunehmend auch als Drehbuchautor, unter anderem schrieb er gemeinsam mit Erkan Acar und Regisseur Sebastian Mattukat das Skript zum Action-Abenteuer The Witch and the Ottoman (2020), das demnächst in die Kinos kommen soll. Mit Faking Bullshit legt Alexander Schubert seinen ersten Kinofilm als Regisseur und Drehbuchautor vor.



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