Der brave Soldat Schwejk
© Pidax Film

Der brave Soldat Schwejk

Kritik

Der brave Soldat Schwejk
„Der brave Soldat Schwejk“ // Deutschland-Start: 22. September 1960 (Kino) // 25. September 2020 (DVD/Blu-ray)

Im Jahre 1914, nur wenige Stunden nach dem Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand, wird Josef Schwejk (Heinz Rühmann), ein etwas einfältiger Hundehändler, wegen Majestätsbeleidigung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Jedoch gelingt es Schwejk sowohl die Polizisten als auch später die Ärzte von seiner Schwachsinnigkeit zu überzeugen, denn immerhin sei er „ein behördlich anerkannter Idiot“, wie er ihnen allen versichert. Dennoch glaubt Schwejk an den Kaiser und zögert nicht, sich zum Militärdienst zu melden, trotz seines Rheumas. Jedoch gerät er abermals in Schwierigkeiten, als man ihm wegen seines Hinweises auf sein Gebrechen Simulantentum unterstellt. Durch einen glücklichen Zufall wird Schwejk schließlich nicht an die Front abkommandiert, sondern darf als Bursche dem Oberleutnant Lukasch (Ernst Stankovski) dienen, einem Mann, dem vor allem das Glücksspiel und die Frauen wichtig sind. Allerdings ist seine Zeit beim Oberleutnant nach wie vor geprägt von Missgeschicken und anderen Malheuren, deren Ursprung meistens mit Schwejks Einfalt zu tun haben. Eine dieser Taten bringt nicht nur Schwejk, sondern auch den Oberleutnant in Konflikt mit der Heeresführung, welche die beiden sogleich an die Front nach Budweis strafversetzt. Doch selbst mit der Front in Reichweite hören die Missgeschicke nicht auf und Schwejk stapft von einem Fettnäpfchen ins nächste.

Ein Idiot und Soldat
Der Roman Der brave Soldat Schwejk aus der Feder des tschechischen Schriftstellers Jaroslav Haŝek gehört nicht nur zu einem der berühmtesten Werke der Literatur seines Heimatlandes, sondern zu einer der wohl bissigsten Satiren über Kriegstreiberei und Militarismus. Bereits mehrfach wurde der Stoff verfilmt, sogar von Bertolt Brecht fürs Theater adaptiert und was Grundlage für eine mehrteilige Serie, die sich mit anderen Abenteuern der Hauptfigur des Romans befasst. 1960 schlüpfte der bekannte Schauspieler Heinz Rühmann in die Rolle des Josef Schwejk unter der Regie Axel von Ambessers, mit der er bereits für Projekte wie Der Pauker zusammengearbeitet hatte.

Zu der Person Heinz Rühmann mag man stehen, wie man will, doch als Schauspieler, gerade in komödiantischen Stoffen, glänzte der Darsteller immer und zeigte die Bandbreite seines Könnens. Seine Interpretation des Josef Schwejk bildet keine Ausnahme, demonstriert Rühmann sein Gespür für gutes Timing, Sprachwitz und die richtige Betonung, die seine Figur zwar immer etwas einfältig und naiv wirken lassen, aber nie der Lächerlichkeit preisgeben. Schwejk ist ein Mensch mit Würde, der immer wieder seine an Kalendersprüche erinnernden Weisheiten von sich gibt, aber dennoch gelernt hat, wie man in der Welt überlebt. In gewisser Weise ist Schwejk aus heutiger Sicht eine Art Vorbild für jemanden wie Forrest Gump, mischen sich doch innerhalb der Biografien der beiden Kunstfiguren immer wieder Einfalt, Zufall und unglaubliches Glück, auch wenn die Geschichte als solche wesentlich mehr Biss hat als jede Szene in Robert Zemeckis’ gefühlsduseligem Film.

Einen tiefen Sinn
Eine Phrase, die Schwejk immer wieder zu sich und anderen sagt, ist die Beteuerung, dass alles schon einen „tieferen Sinn“ haben werde. Was leicht als einfältige Ermutigung gesehen werden kann, verweist tatsächlich auf einen tiefen Sinn, allerdings weniger jenen, den wahrscheinlich Schwejk intendiert. Auch wenn Hans Jacobys Drehbuch die Vorlage an vielen Stellen entschärft und generell auf dem Niveau eines Bubenstücks angelegt ist, verbleiben dennoch viele Momente, in denen Schwejks scheinbare Einfalt im Schatten steht von den sich offenbarenden Wahrheiten über sein Gegenüber. Nicht zuletzt dank der Darstellung Rühmanns zeigen sich gerade bei den Angehörigen des Militärs beunruhigende Tendenzen zu übertriebener Prinzipientreue bis hin zu einem Hang zu Misanthropie.

In Anlehnung an die literarische Vorlage unterteilt Axel von Ambesser seinen Film in verschiedene Kapitel, welche den Verlauf des Ersten Weltkriegs mithilfe eines Erzählers sowie von Archivmaterial nachverfolgen, bevor man als Zuschauer wieder zurück zur Geschichte Schwejks gelangt. Der lakonische Ton des Regisseurs, der diese Texte selbst einsprach, betont abermals den Eindruck einer eher komödiantischen Films, mit satirischen Einbrüchen.

Credits

OT: „Der brave Soldat Schwejk“
Land: Deutschland
Jahr: 1960
Regie: Axel von Ambesser
Drehbuch: Hans Jacoby
Vorlage: Jaroslav Haŝek
Musik: Bernhard Eichhorn
Kamera: Richard Angst
Besetzung: Heinz Rühmann, Ernst Stankovski, Franz Muxeneder, Ursula Borsodi, Erika von Thellmann, Senta Berger

Bilder

Kaufen/Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

Axel von Ambessers Verfilmung von „Der brave Soldat Schwejk“ ist ein filmisches Schelmenstück, welches dank seines Hauptdarstellers gut zu unterhalten weiß. Zwar ist der Biss der Vorlage an vielen Stellen verloren gegangen oder wurde abgeschwächt, doch bisweilen entlarvt die Geschichte militärische Tugenden als Fassade für Kontrollwahn und autoritäres Denken.
7
von 10