In seinem Edel-Restaurant „Le Hollandais“ gibt sich der beleibte (und nicht beliebte) Gangster Albert (Michael Gambon) als Feinschmecker, in Wahrheit ist er jedoch ein grober, anstandsloser Pöbler ohne Manieren. Bei den abendlichen Verköstigungen seiner Freunde und Bekannten bringt er mit seiner Art nicht nur das Personal, sondern auch seine Ehefrau Georgina (Helen Mirren) an die Grenze des Ertragbaren. Diese sucht deshalb Zuflucht bei Stammgast Michael (Alan Howard) und beginnt mit ihm eine leidenschaftliche Affäre in den verschiedenen Räumlichkeiten des Restaurants. Als Albert den beiden auf die Schliche kommt, nimmt das Unheil seinen Lauf…
Ein Film wie ein Bild
Peter Greenaway ist seit jeher bekannt für seine Werke abseits der Mainstream-Norm. Von der Malerei kommend, stieg er als Editor ins Filmgeschäft ein und inszenierte anschließend Informationsfilme für die britische Regierung. Seine ersten eigenen Kurzfilme wurden immer experimenteller und auch seine bald folgenden Spielfilme Der Kontakt des Zeichners (1982), Ein Z & zwei Nullen (1985) und Der Bauch des Architekten (1986) enthielten bizarre Elemente abseits der üblichen Sehgewohnheiten eines breiten Publikums. Seine Groteske Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber wirkt dagegen fast „normal“, enthält sie doch eine simple Geschichte mit klarem Handlungsbogen, nachvollziehbarer Dramaturgie und verschrobenen, aber greifbaren Figuren. Und trotzdem ist Greenaways Werk alles andere als „normal“, es ist viel mehr auf Zelluloid geb(r)annte Kunst. Dass der Regisseur seine Wurzeln in der Malerei hat, sieht man seinem Film in nahezu jeder Sekunde an, Film-Stills oder Screenshots könnte man ausdrucken, rahmen und sich an die Wand hängen.
Kunst mit vielen Themen
Das liegt zu großen Teilen an der Ausstattung, dem Licht und der Kameraarbeit. Der filmische Raum – der Hinterhof, die Küche, das Restaurant, die Toiletten, etc. – sind ausladend wie opulent gestaltet, haben jeder ihre eigene Farbgebung und werden in (manchmal getricksten) Plansequenzen eindrucksvoll aber entschleunigend statisch abgefahren. Ein konsistenter und logischer Aufbau wird zurückgestellt, so ist weder der Aufbau der Räume wohl architektonisch sinnvoll, noch der Outfitwechsel von Georgina kontinuierlich. Doch Greenaway versteht sich als Künstler, in manchen gestalterischen Mitteln zählt bei ihm „style over substance“ und dann passt sich die Kleidung einer Figur auch schon mal den Farbgebungen der Räume an.
In diesen leugnet der Maler/Regisseur auch nie seine Nähe zum Theater, denn die Handlungsorte, allen voran der Hinterhof und die Küche, sind stets als Bühne ausgestellt. Und auch die von Modeguru Jean Paul Gaultier entworfenen Kostüme haben etwas deutlich Expressiveres als die übliche (Film)Schauspiel-Garderobe. Entsprechend angepasst ist auch das Schauspiel des namenhaften Casts. Dieser sorgt letztendlich auch dafür, dass Greenaways Werk nicht zum „Eye-Candy“ verkommt, denn im Kern ist der Film ein Drama mit zahlreichen universellen Themen. Neben der offensichtlichen Thematisierung von Kunstkonzepten und gesellschaftlichen Beziehungen, zeigt Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber auch politische, religiöse und mythologische Motive/Anspielungen auf. Von welcher Seite der Zuschauer diese meisterhafte Mahlzeit auch sieht – stilistisch oder inhaltlich – unterfordert wird er sicher nicht.
OT: „The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover“
Land: UK, Frankreich, Niderlande
Jahr: 1989
Regie: Peter Greenaway
Drehbuch: Peter Greenaway
Musik: Michael Nyman
Kamera: Sacha Vierny
Besetzung: Richard Bohringer, Michael Gambon, Helen Mirren, Alan Howard, Tim Roth, Ciarán Hinds
https://www.youtube.com/watch?v=WLjL0sUnjwE
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