Der Schock sitzt tief, als die bekannte Konditorin Sarah (Candice Brown) eines Tages unerwartet stirbt. Für die 19-jährige Tochter Clarissa (Shannon Tarbet) steht nun nicht allein die Trauerarbeit an, sondern auch die Frage: Was soll sie mit dem teuren Mietvertrag für einen Laden in Notting Hill anfangen, in dem Sarah eine eigene Bäckerei eröffnen wollte? Am Ende entschließt sie sich, mit ihrer Großmutter Mimi (Celia Imrie) sowie Isabella (Shelley Conn), der besten Freundin ihrer Mutter, den Traum der Verstorbenen doch noch wahr zu machen. Einfach ist das nicht, denn richtig viel Erfahrung haben sie in dem Bereich nicht. Doch dann treffen sie auf den Konditor Matthew (Rupert Penry-Jones), der nicht nur in ihren beruflichen Alltag jede Menge Leben bringt …
Der Londoner Stadtteil Notting Hill dürfte im Filmbereich untrennbar mit der gleichnamigen Liebeskomödie aus dem Jahr 1999 verbunden sein, in der sich Hugh Grant als bescheidener Buchladenbesitzer in eine von Julia Roberts verkörperte Hollywood-Schauspielerin verliebt. Mehr als 20 Jahre später tritt nun die in Deutschland geborene, aber selbst in dem Viertel lebende Regisseurin Eliza Schroeder an, dem Ort noch ein paar weitere Facetten zu entlocken. Dabei dürfen amouröse Gefühle nicht fehlen, schließlich lautet der deutsche Untertitel ihres Spielfilmdebüts Liebe ist die wichtigste Zutat. Auf den Film selbst trifft das aber nur bedingt zu.
Liebe ist Nebensache
Tatsächlich wird der Film zwar damit beworben, dass es sich um eine romantische Tragikomödie handelt. Die sich anbahnende, immer wieder holprige Beziehung zwischen Isabella und Matthew wird aber eher beiläufig abgehandelt. Dann und wann rückt sie zwar in den Mittelpunkt des Geschehens, wird aber nie konsequent genug verfolgt, um wirklich als Aushängeschild dienen zu können – von der stiefmütterlich behandelten Romanze zwischen Mimi und Felix (Bill Paterson) ganz zu schweigen. Sie ist auch zu schematisch, um einen größeren Eindruck zu hinterlassen, wenn brav, zu brav, die in diesem Bereich üblichen Schritte abgearbeitet werden.
Während die Nebensächlichkeit der Romanze nicht wirklich einen Kritikpunkt darstellt – das Thema des Films ist ohnehin eher die Selbstverwirklichung –, irritiert aber, wie oberflächlich die anderen Gefühle angegangen werden. Gerade die Verarbeitung von Sarahs Tod, welche die drei Frauen eigentlich eint, spielt kaum eine Rolle. Ihr Name fällt vereinzelt mal, gerade auch weil die Konditorei nach ihr benannt wurde. Aber es ist schon recht zynisch, wie ein Schicksalsschlag instrumentalisiert wird, um damit ein bisschen Wohlfühlkino zu erzeugen. Denn das ist der eigentliche Sinn und Zweck von Love Sarah: Nach dem Film sollen sich alle besser fühlen, die Ansicht gewonnen haben, dass am Ende alles gut wird und jeder zu sich selbst finden kann.
Ein Fest fürs Auge
Das ist natürlich nett, so wie vieles an Love Sarah nett ist. Es ist nur selten mehr als das. Das größte Plus an dem Film sind klar die vielen Leckereien, welche die drei während ihres kulinarischen Selbstfindungstrips so kreieren werden. Es ist nahezu unmöglich, sich den Film anzuschauen und dabei nicht das spontane Bedürfnis zu entwickeln, der nächstgelegenen Bäckerei einen kurzen Notfall-Besuch abzustatten. Schön ist in der Hinsicht auch, wie die Tragikomödie dabei dem sich veränderten Notting Hill einen Tribut zollt: Die Marketingidee der drei ist es, eben nicht einfach die typischen englischen Backwaren anzubieten, sondern die vielen Einflüsse aufzugreifen, die sie umgeben. Und so finden sich irgendwann französische und japanische Köstlichkeiten im Angebot, den Anfang macht eine Spezialität aus Litauen.
Schöner wäre es dabei nur gewesen, wenn das Bekenntnis zu Multikulti sich auch in der Besetzung widergespiegelt hätte, anstatt dann doch nur zur Vanille-Version zu greifen. Die Lebendigkeit und Vielfalt, die in Notting Hill postuliert und gefeiert wird, sie findet größtenteils abseits der Kamera statt. Letztendlich ist Love Sarah – Liebe ist die wichtigste Zutat aber kein Film, der sich ernsthaft mit Themen auseinandersetzen oder groß inspirieren will. Vielmehr gleicht er dem Croissant, das an einer Stelle voller Stolz angeboten wird: ein süßer kleiner Genuss für zwischendurch, der auch schön anzusehen ist, genau genommen aber keinen Inhalt hat und nur aus Luft besteht.
OT: „Love Sarah“
Land: UK, Deutschland
Jahr: 2020
Regie: Eliza Schroeder
Drehbuch: Jake Brunger
Musik: Enis Rotthoff
Kamera: Aaron Reid
Besetzung: Celia Imrie, Shannon Tarbet, Shelley Conn, Rupert Penry-Jones, Bill Paterson
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