Erzählt wird die Geschichte einer chinesischen Großfamilie über einen Zeitraum von sieben Tagen im Jahre 1992. Mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester lebt die zwölfjährige Xiaoxian (Ge Wendan) auf einer kleinen Farm, während ihre Großeltern, bei denen sie auch oft übernachtet, in der Stadt wohnen. Besonders wenn sie und ihre Schwester in die Schule müssen, leben sie bei ihren Großeltern, da der Weg zu ihren Eltern zurück lang und beschwerlich ist. Über die Jahre ist es zu einer Routine geworden, doch Xiaoxian spürt irgendwie, dass sich etwas verändert, denn nicht nur ist ihre Mutter (Cheng Shuqiong) zum vierten Mal schwanger, in ihrer Gemeinde ändert sich auch vieles. Während die Familie ihrer täglichen Routine nachgeht, verschlechtert sich der Gesundheitszustand von Xiaoxians Mutter zusehends und es kommt zu einer Tragödie für die Familie.
Eine Wiederbegegnung mit dem Ich von damals
Eigentlich hatte die chinesische Regisseurin Li Dongmei vorgehabt, eine Dokumentation zu drehen, in der sie nicht nur den frühen Tod ihrer Mutter verarbeiten wollte, sondern sich zudem mit ihrer Kindheit und Herkunft befassen wollte. Da jedoch schon viele der Nachbarn und Bekannten aus der Gegend, in der sie aufwuchs, gestorben waren, beschloss sie letztlich doch einen Spielfilm zu drehen, der aber ästhetisch sich dem Dokumentarfilm annähert. Mama, der im Programm der diesjährigen Filmfestspiele in Venedig vertreten war, ist daher nichts weniger als eine Mischung aus Zeitreise und Meditation, eine Wiederbegegnung mit einem früheren Ich, voller Schönheit und Bitterkeit.
In langen Einstellungen, die teilweise wie Fotografien anmuten, nähert sich Li Dongmei dieser vergangenen Welt und ihren Bewohnern. Mit einer gewissen Akribie verfolgt die Kamera den Alltag der Familie, von der harten Feldarbeit unter der Sonne bis hin zu den Familienessen, einem Ritual, welches die Figuren zusammenführt und innerhalb der Struktur der Geschichte ein wichtiges Element darstellt. Auseinandersetzungen oder Probleme verblassen für einen Moment, für ein paar Momente der Stille, in denen der Blick der Kamera liebevoll-melancholisch etwas einfängt, was vergangen scheint, aber doch so nah ist. Li Dongmei versucht ihren Erinnerungen Gestalt zu verleihen, sie zum Leben zu erwecken mit einer Geduld, Präzision und einer Liebe für diese Welt, doch auch in dem Wissen, dass es diese schon bald nicht mehr geben wird.
Die Dunkelheit ist in Ordnung
Bei diesen Bildern, denen der Familie und der üppigen, wunderschönen Natur vergisst man die Konflikte und Veränderungen, die sich hier schon von der ersten Minute anbahnen. Als die Schulkinder, unter ihnen Xiaoxian beobachten, wie ein Bewohner des Dorfes auf einer Bahre aus seinem Haus getragen wird, ist dies nur die erste Begegnung mit dem Tod, von denen noch einige folgen werden in diesen sieben Tagen. Dem gegenüber steht die Idee des Lebens, dem Verständnis des Lebens als Kreislauf, was durch die allgegenwärtige Natur sowie die Schwangerschaft Xiaoxians Mutter andeutet.
Im Verlauf dieser sieben Tage sind die Geräusche der Natur, vor allem das Zirpen der Zikaden, so etwas wie das Metronom des Lebens. Die Dunkelheit, wie es an einer Stelle heißt, ist ein Teil dieses Kreislaufs, den man akzeptieren muss, auch wenn dies schmerzt. Und am Ende bleiben nur die Erinnerung, die Bilder und die Geräusche dieser Zeit.
OT: „Ma ma he qui Tian de shi Jian“
Land: China
Jahr: 2020
Regie: Dongmei Li
Drehbuch: Dongmei Li
Kamera: Xiaomin Shen, Yalong Zhang
Musik: Zijan Hu, Yiyun Zhang
Besetzung: Shuqiong Cheng, Xiaoping Wang, Wendan Ge, Guoli Xiao, Yuxiang Tan
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