Das indische Grabmal 1959
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Das indische Grabmal (1959)

Inhalt / Kritik

Der Tiger von Eschnapur Das indische Grabmal 1959
„Das indische Grabmal“ // Deutschland-Start: 5. März 1959 (Kino) // 2. September 2020 (DVD/Blu-ray)

Auf der Flucht vor den Soldaten Chandras (Walther Reyer) gelingt es der Tempeltänzerin Seetha (Debra Paget) und ihrem Geliebten, dem deutschen Architekten Harald Berger (Paul Hubschmid), in ein kleines Dorf zu fliehen. Jedoch ist die Zuflucht nur temporär, denn der Fürst von Eschnapur hat hohe Strafen für all diejenigen ausgesprochen, welche den beiden Flüchtenden Obdach gewähren. Als es schließlich zu einem Handgemenge zwischen Berger und den Soldaten kommt, stürzt er in eine Schlucht und wird für tot erklärt. Seetha wird zurück nach Eschnapur gebracht, wo sie sich dem Urteil der Götter unterwerfen muss. Doch Chandra hat andere Pläne, denn er will sie, trotz ihres Verrates, heiraten, was ihm abermals den Zorn der Hohepriester wie auch seiner Generäle einbringt. In der Zwischenzeit sind Haralds Schweter Irene (Sabine Bethmann) sowie ihr Ehemann Walter Rhode (Claus Holm), ein Kollege Bergers, in Eschnapur eingetroffen. Rhode wird von Fürsten überrascht mit der Neuigkeit, er solle nur statt der geplanten Krankenhäuser und Schulen ein Grabmal bauen, einen noch nie dagewesenen Prachtbau als Andenken einer verstorbenen Liebe. Schockiert über das Vorhaben, doch unfähig sich gegenüber dem Fürsten zu Wehr zu setzen, gibt Rhode nach und muss wenig später noch mit anhören, dass der Bruder seiner Frau auf einer Tigerjagd ums Leben kam. Irene glaubt jedoch nicht an die Version des Fürsten und forscht nach, was sie zu der im Palast gefangen gehaltenen Seetha führt, die nicht nur mittlerweile die Wahrheit über den Tod Harald erfahren hat, sondern für die Hochzeit vorbereitet wird.

Aus Liebe wird Hass

Dieses vorletzte Projekt des Regisseurs Fritz Lang, basierend auf dem gleichnamigen Roman seiner ehemaligen Lebensgefährtin Thea von Harbou, war eine groß angelegte Produktion, deren Außenszenen in Originalschauplätzen im indischen Bundesstaat Rajasthan gedreht wurden. Der ambitionierte Zweiteiler fand wenig Anklang bei der zeitgenössischen Filmkritik, besonders in Deutschland, die gar behauptete, mit dem „indischen Grabmal“ habe sich Lang sein filmisches Grab geschaufelt. Mögen die Filme einem Vergleich mit Metropolis oder M – Eine Stadt sucht einen Mörder nicht standhalten, so ist die Neuinterpretation Langs durchaus interessant und kann als Auseinandersetzung mit der Ideologie verstanden werden, welche als Fundament für die Vorlage herhielt.

Lang, der eigentlich schon in den späten 1920er Jahren die Romanvorlage verfilmen wollte, übernimmt eine kritische Sicht auf die Handlung und die Figuren. Nach seiner eigenen Aussage wollte er besonders die Sentimentalität der Vorlage sowie der ersten Verfilmung von Joe May ausmerzen, was ihm freilich nicht ganz gelungen ist. Im Zentrum steht nach wie vor die Liebesgeschichte, die immer wieder ins Seichte driftet, was noch zusätzlich durch die blumigen und metaphernreichen Dialoge betont wird.

Interessant wird die Inszenierung, wenn sie sich der Verwandlung des Fürsten in einen Despoten zuwendet sowie dem Intrigenspiel hinter den Kulissen. Angetrieben von der Kränkung seiner Gefühle und dem dadurch entstandenen Hass verwandelt sich der von Walther Reyer gespielte Fürst Chandra zu einem Machtmenschen, der die Tradition der Gastfreundschaft ignoriert und keine Skrupel hat, ein ganzes Dorf von seinen Männern niederbrennen zu lassen. Das Fundament des Grabmals zum Andenken an jene große Liebe ist eben jener Hass, wie er Irene Rhode an einer Stelle sagt. Als Spiegelbild kann abermals jenes echt Fundament seines Palastes wie auch der Stadt dienen, das mittlerweile nicht nur morsch ist, sondern durch den Wassereinbruch von Krokodilen bevölkert wird.

Der Weg ins Dunkel

Mag auch die Romanze wie auch das Abenteuer nach wie vor im Vordergrund stehen, ist Das indische Grabmal doch ein weitaus düsterer Film als sein Vorgänger. Die langen Einstellungen, welche die indische Baukunst zeigen von den Palästen bis hin zu den Tempeln, sind nicht nur Beweis einer, wie Lang selbst zugab, Faszination für die Architektur des Landes, sondern auch Zeugnis eines Machtgebildes, aufgebaut mittels einer Verbindung von Glauben und einer Hierarchie. Dieses Gebilde ist angreifbar und brüchig, eröffnet die Möglichkeit zur Erfüllung eines individuellen Willens zur Macht, wie ihn nicht nur Chandra, sondern auch die führenden Kräfte seines Hofstaats verfolgen. Der Weg ins Dunkel steht damit offen, mit ungewissem Ausgang.

Credits

OT: „Das indische Grabmal“
Land: Deutschland, Italien, Frankreich
Jahr: 1959
Regie: Fritz Lang
Drehbuch: Fritz Lang, Werner Jörg Lüddecke
Vorlage: Thea von Harbou
Musik: Michel Michelet
Kamera: Richard Angst
Besetzung: Debra Paget, Paul Hubschmid, Claus Holm, Sabine Bethmann, Walther Reyer, Luciana Paluzzi, René Deltgen, Jochen Brockmann

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Das indische Grabmal (1959)
fazit
„Das indische Grabmal“ ist auf der einen Seite eine Mischung aus Drama und Abenteuerfilm, doch in gewisser Hinsicht auch eine Auseinandersetzung mit der Ideologie der Vorlage. Fritz Lang inszeniert eine spannende Geschichte vor prächtiger Kulisse, doch gleichzeitig eine Parabel auf die Zersetzung eines Staates durch Machtgier und verletzte Gefühle.
8
von 10