Emily in Paris Netflix
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Emily in Paris – Staffel 1

Kritik

Emily in Paris Netflix
„Emily in Paris – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 2. Oktober 2020 (Netflix)

Diese Chance lässt sich Emily Cooper (Lily Collins) nicht entgehen: Als der Marketingmanagerin angeboten wird, für den Job von Chicago in eine Agentur in Paris zu wechseln, sieht sie darin die Möglichkeit, endlich einmal voranzukommen. Dabei muss sie aber bald erste Rückschläge erleben: Ihre Fernbeziehung geht kurze Zeit später in die Brüche, ihre neue Chefin Sylvie (Philippine Leroy-Beaulieu) hat nur Verachtung für sie übrig und ihre nicht vorhandenen Französischkenntnisse bringen sie immer wieder in Schwierigkeiten. Doch zu ihrem Glück wohnt unter ihr der überaus charmante und zuvorkommende Gabriel (Lucas Bravo), der ihr beim Einleben hilft – was sie nicht davor bewahrt, immer wieder in peinliche, aber auch aufregende Situationen zu geraten …

In ein fremdes Land zu ziehen, mit einer fremden Kultur, einer fremden Sprache, das ist nie besonders einfach. Das Gefühl, verloren zu sein in einer Welt, in der du niemanden kennst, die nach anderen Regeln zu funktionieren scheint. Allerdings bringt das gleichzeitig sehr viel komisches Potenzial mit sich: Viele erfolgreiche Komödien wie Willkomen bei den Sch’tis oder The Big Sick nutzen dieses Culture-Clash-Element, um das Publikum zu erheitern und die jeweiligen Protagonist*innen eine innere Entwicklung durchmachen zu lassen. Wer es geschafft hat, sich auf eine neue Kultur einzulassen, der ist im Anschluss ein besserer Mensch, so das Credo vieler solcher Geschichten.

Kampf der Kulturen
Bei der Netflix-Serie Emily in Paris ist das ähnlich und doch wieder anders. Ähnlich ist, dass hier zwei Welten aufeinanderprallen, die oft unversöhnlich erscheinen. Das liegt nicht nur an der Sprachbarriere, an welcher die US-Amerikanerin anfangs scheitert. Wenn Crêpe auf Erdnussbutter stößt, Haute Couture auf Selfie-Sticks, dann ist klar, dass das Probleme mit sich bringt. Im Gegensatz zu vielen anderen Culture-Clash-Komödien geht das hier aber mit keiner Entwicklung oder neuen Erkenntnissen einher. Vielmehr ruht sich die Serie auf dem Prinzip aus, dass Emily die Sachen zwar anders angeht, dabei jedoch auch immer Recht behält. Es sind oftmals die Franzosen, versnobt, übergriffig und ohne selbstkritisches Denken ausgestattet, die sich anpassen müssen.

Abwechslungsreich ist das nicht gerade. Es ist sogar sterbenslangweilig, wie sich Emily in Paris immer wieder aus der Verantwortung zieht, Konflikte urplötzlich einführt, um sie auf wundersame Weise wieder auflösen zu können. An manchen Stellen ist es auch ziemlich dreist. Den Sexismus Frauen gegenüber in Frankreich anzuprangern und gleichzeitig den US-amerikanischen Feminismus zu loben, das ist angesichts der derzeitigen Entwicklungen in den USA mindestens gewagt. Wenn an einer Stelle gesagt wird, die Aufnahmen einer neuen Kampagne sollen mit normalen Menschen gemacht werden, nicht mit Models, um so näher am Kunden zu sein, dann ist das angesichts der Besetzung der Serie sogar beleidigend – denn hierfür kam nur in Frage, wer Model-Qualität hat.

Viel Lächeln, wenig dahinter
Das ist dann auch eines der grundliegenden Probleme, die Emily in Paris hat: Die Serie ist durch und durch oberflächlich. An den Figuren wurde fast gar nicht gearbeitet, vor allem Emily selbst ist völlig frei von Persönlichkeit. Es reicht, wenn Lily Collins (Okja) ständig in die Kamera lächelt, so als wäre sie auf einem Laufsteg. Am interessantesten ist da noch Sylvie, die sich als Frau in einer Männerdomäne hochgekämpft hat und deshalb Emily mit Zynismus und Misstrauen begegnet. Aber auch da wird zu wenig draus gemacht. Anstatt irgendwann mal angeschnittene Themen oder Hintergrundgeschichten konsequent voranzutreiben, wird lieber ein weiterer attraktiver Mann in die Deko eingebaut, dem Emily schöne Augen machen darf – manchmal auch mehr. Nun ist Serienschöpfer Darren Star (Beverly Hills, 90210, Sex and the City) noch nie der anspruchsvollste Geschichtenerzähler gewesen. Zumindest ging es in seinen früheren Serien aber um Selbstentdeckung und Selbstentfaltung.

Wer gar nicht den Anspruch hat, sich beim Anschauen der Serie mit Themen auseinanderzusetzen, wem es reicht, ein paar Klischees vorgesetzt zu bekommen, um die Aussicht zu genießen, der bekommt hier jede Menge Gelegenheit dazu. Neben der besagten Attraktivität des Ensembles, die deutlich den US-amerikanischen Einfluss zeigt, ist es auch Paris selbst, das sich von seiner besten Seite zeigt. Kaum eine Stadt versteht es schließlich vergleichbar, malerische Gassen und entzückende Cafés mit mondäner Eleganz zu verbinden. Da auch in die Ausstattung viel investiert wurde, bekommen die Augen mehr als genug zu tun. Wessen Herz für Liebesgeschichten schlägt, bei denen zwei so offensichtlich füreinander bestimmte Menschen erst tausend Umwege nehmen, bevor sie sich in die Arme fallen, der kommt ebenfalls auf seine Kosten. Aber das ist am Ende alles so gekünstelt und banal, dass für echte Gefühle kein Platz ist. Und für Witz oder Esprit ebenso wenig.

Credits

OT: „Emily in Paris“
Land: USA
Jahr: 2020
Regie: Andrew Fleming, Zoe Cassavetes, Peter Lauer
Drehbuch: Darren Star, Kayla Alpert, Ali Waller, Joe Murphy, Matt Whitaker, Emily Goldwyn, Sarah Choi, Grant Sloss, Alison Brown
Idee: Darren Star
Musik: James Newton Howard
Kamera: Steven Fierberg, Alexander Gruszynski
Besetzung: Lily Collins, Philippine Leroy-Beaulieu, Ashley Park, Lucas Bravo, Samuel Arnold, Bruno Gouery, Camille Razat, William Abadie

Bilder

Trailer

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In „Emily in Paris“ verschlägt es eine US-Amerikanerin nach Frankreich, wo sie schnell an ihre Grenzen stößt. Die Serie bezaubert durch schöne Aufnahmen der Stadt der Liebe, auch Ensemble und Ausstattung sind attraktiv. Inhaltlich wird hier aber nichts geboten. Die Konflikte lösen sich in Luft auf, die Figuren gewinnen nie an Kontur, selbst beim Humor bleibt die belanglose Liebeskomödie schwach.
4
von 10